Evergreen: Nutzungsausfall ja - aber wie lange?

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Nach einem Verkehrsunfall gilt es eine Menge Schadenspositionen zu bedenken. Denn Sie bekommen immer nur das von der gegnerischen Haftpflichtversicherung ersetzt, was Sie auch verlangt haben. Zündstoff für Diskussionen mit der Haftpflichtversicherung bietet regelmäßig die Dauer des Nutzungsausfalls. Dazu gibt es jetzt eine weitere Gerichtsentscheidung, die in vielen Fällen von Interesse sein dürfte (AG Hamburg-Harburg, Urteil v. 30.04.2014 – 648 C 422/13).

Vorab: Was ist eigentlich der Nutzungsausfallschaden? Muss Ihr Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall repariert werden, steht es in der Werkstatt und kann von Ihnen nicht genutzt werden, obwohl Sie dies eigentlich könnten und wollen. Wenn Sie sich gegen einen Mietwagen für die Dauer des Werkstattaufenthaltes entscheiden – den der gegnerische Haftpflichtversicherer auch bezahlen müsste – können Sie eine Nutzungsausfallentschädigung verlangen – einen Geldbetrag pro Tag, an dem Sie Ihr Auto unfallbedingt nicht nutzen können.

Prinzipiell ist der Nutzungsausfallschaden nur für den Zeitraum zu ersetzen, der für die Reparatur des Fahrzeugs benötigt wird. Was aber, wenn der gegnerische Haftpflichtversicherer sich mit seiner Entscheidung, ob er den Schaden regulieren oder aber die Regulierung ablehnen wird, viel Zeit lässt?

Ein Beispiel: Unfalltag ist der 1.9. Am 15.10. erteilt der Versicherer Regulierungszusage, vom 16.-20.10. wird das Fahrzeug dann repariert. Der Haftpflichtversicherer will Nutzungsausfall nur den Zeitraum 16.-20.10. leisten, denn das sei doch exakt der Zeitraum, der für die Reparatur benötigt wurde. Was aber ist mit dem Zeitraum 1.9.-15.10., in dem das Fahrzeug ebenfalls nicht nutzbar war?

Hier greift die zitierte Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-Harburg: Dort war es so, dass der Geschädigte dem Versicherer frühzeitig bekanntgegeben hatte, dass ihm eine Vorfinanzierung der Reparatur finanziell nicht möglich sei und angeregt wurde, angesichts der ungeklärten Haftungsfrage vorab in Form eines Darlehens oder unter Rückforderungsvorbehalt zu regulieren. Darauf reagierte der Versicherer nicht. Das Amtsgericht Hamburg-Harburg hat angesichts dieser Umstände entschieden, dass der Geschädigte die Regulierungsentscheidung zu Recht abgewartet habe, da nicht ersichtlich sei, dass er seine Mittellosigkeit bloß vorgeschoben habe. Konsequenz ist, dass der Nutzungsausfall für den gesamten Zeitraum zwischen Unfalltag und Fahrzeugherausgabe nach Reparatur zu ersetzen war. Der Differenzbetrag machte rund 2.500 Euro aus.

Fazit: Das Urteil zeigt, dass dem Geschädigten – auch unter dem Gesichtspunkt seiner Schadensminderungspflicht – nicht zugemutet werden darf, sich dem finanziellen Risiko einer Fahrzeugreparatur ohne Regulierungszusage des Versicherers auszusetzen. Zudem zeigt sich, dass nur derjenige, der weiß, was ihm unter welchen Voraussetzungen zusteht, ein optimales Ergebnis bei der Schadensregulierung erzielen kann.

 


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