Nutzungsausfall: 3.300,00 €

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Es gibt eine sehr aktuelle Entscheidung des Landgerichtes Hamburg, Urteil vom 10. Februar 2020, die Entscheidung macht mehr als deutlich: Manchmal ist das Motiv eines Versicherers nicht rational. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, man muss beobachten, ob und wie die Versicherer nun einlenken.

Im vorliegenden Fall hatte der Geschädigte zwar kein geringes Einkommen, dieses lag bei 2.000,00 €, er leistete sich aber im Verhältnis zu seinem Einkommen einen sehr teuren Pkw, nämlich einen Audi A8. Diesen hatte er finanziert. Die Nutzungsausfallentschädigung betrug 175,00 € pro Tag. Die Reparaturkosten waren mit etwas mehr als 9.000,00 € prognostiziert.

Der Geschädigte hatte der Versicherung mehrfach mitgeteilt, dass er diesen Reparaturbetrag nicht bezahlen kann, bei seinen Einkommensverhältnissen und der Finanzierung des Audi A8.

Bis dann die Zahlungszusage kam und die Reparatur erfolgte, vergingen etwa 11 Wochen, so summierte sich der Betrag für den Nutzungsausfall auf 13.800,00 €.

Im Prozess erkannte das Gericht das Verzögerungsmotiv des Versicherers. Das Gericht beschrieb die Verzögerungssituation so:

Die Beklagte zu 2) hat, obwohl die Haftung dem Grunde nach unstreitig war und geblieben ist und Streit letztendlich nur über die Höhe der Sachverständigenkosten und des merkantilen Minderwertes bestand und besteht, nicht reguliert.

Auch im Prozess wurde nicht erkennbar, warum der Versicherer nicht schneller reagierte. Allerdings hat er laut Urteil unstreitig geäußert:

Man könne über alles reden, wenn der Geschädigte das Mandatsverhältnis mit dem für die Unfallregulierung eingeschalteten Anwaltes beende...

Diese sachfremde Überlegung könne eine verzögerte Regulierung nicht rechtfertigen, so das Landgericht.

Hier kristallisiert sich also heraus, dass die Versicherer versuchen wollen, den Geschädigten davon abzuhalten, einen Anwalt mit der Schadensregulierung zu beauftragen. Es ist nämlich so, dass wir den Geschädigten, sofern er den Unfall nicht verursacht hat, die Regulierung durch den Anwalt kostenlos ist. Die Versicherung muss die Anwaltsgebühren als Schadensfolge mit übernehmen. Mit dem Geschädigten selber können die Versicherer aber Schadensersatz sparen, da der Geschädigte nicht genau weiß, ob und welche Kürzungen durch die Versicherer gerechtfertigt sind.

Hier schrieb in einem der Prozessschriftsätze der Versicherer, der Geschädigte wolle sein Auto wohl „als Sparschwein" benutzen, und deshalb habe er es erkennbar nicht eilig gehabt mit der Reparatur. Das Landgericht konterte:

Die Beklagte hätte den Anfall von Nutzungsausfallentschädigung dadurch verhindern können, dass sie schlicht und einfach ihrer Zahlungspflicht jedenfalls in dem von ihr selbst anerkannten Maß gegebenenfalls unter Vorbehalt nachgekommen wäre.

Auch wenn es im konkreten Fall nicht erkennbar war, fällt eines immer wieder auf: Passen die Kategorie des verunfallten Fahrzeugs und die finanziellen Verhältnisse des Geschädigten nicht zusammen, sortieren Versicherer den Fall schnell in die Schublade „Betrugsverdacht" ein. Sie reagieren mit einem Abwehrreflex und beurteilen den Fall nicht mehr mit Augenmaß: Im vorliegenden Fall wollte der Geschädigte nämlich nicht fiktiv, sondern konkret abrechnen. Er hat den Pkw ja letztendlich auch reparieren lassen. Und dass alleine schon spricht gegen einen Betrugsverdacht.

Das Urteil ist aber sehr lesenswert und auch hilfreich in der Praxis, weil der Versicherer hier das „volle Programm" der Einwendungen gebracht hat, mit denen er den Nutzungsausfall abwenden wollte.

Deshalb bietet das Urteil auch auf das volle Programm eine Antwort:

  1. Fahrzeug der Geschädigten,
  2. die Strecke mit einer Fahrgemeinschaft zurückzulegen?
  3. die Pflicht zur Notreparatur,
  4. Die Pflicht zur Kreditaufnahme,
  5. die Pflicht zur Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung,
  6. der Geschädigte hätte nur eine Abtretung vereinbaren müssen.

Dieses letzte Argument des Versicherers gehört nicht zu den Standard-Einwendungen. Man kann aber vermuten, dass die Versicherer dies zukünftig dazu werden lassen.

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Fachanwältin für Verkehrsrecht 

           Sabine Hermann 

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