Fahrerflucht, Unfallflucht – Richtiges Verhalten und mögliche Strafbarkeit - Hinweise vom Anwalt

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Es ist schnell passiert, Sie waren für einen kurzen Moment unaufmerksam und haben beim Ein- oder Ausparken ein anderes Fahrzeug beschädigt. Auch wenn es sich nur um einen kleinen Lackschaden handelt, ist es wichtig, dass Sie sich richtig verhalten. Ansonsten kann Ihnen eine Strafanzeige drohen!

Wie verhalte ich mich richtig nach einem Verkehrsunfall? 

Die gemeingebräuchliche Bezeichnung der Fahrer- oder Unfallflucht meint eigentlich den Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 StGB

Dieser ist erfüllt, wenn Sie nach einem Unfall gegenüber anderen Unfallbeteiligten oder Geschädigten keine oder unzureichende Angaben machen, nicht angemessen lang am Unfallort warten, oder trotz angemessener Wartedauer die notwendigen Angaben nicht unverzüglich nachholen.

Wir geben Ihnen einen kurzen Überblick über die wichtigsten Fragen.

Welche Angaben müssen nach einem Unfall gegenüber Wem gemacht werden? 

Sie müssen gegenüber jedem anderen Unfallbeteiligten oder Geschädigten Angaben machen. Unter die Pflichtangabe fällt lediglich, dass Sie Ihre Unfallbeteiligung angeben und eine Feststellung Ihrer Person ermöglichen, z.B. durch die Nennung Ihres Kennzeichens oder Ihrer Adresse.

Keinesfalls kann von Ihnen jedoch erwartet werden, dass Sie beispielsweise die Schuld an dem Unfall eingestehen!

Wann haben Sie sich vom Unfallort entfernt?

Hierbei kommt es auf die Unfallörtlichkeit an. Entscheidend ist, ob man Sie dem Unfall noch zuordnen kann. Bei einem Unfall auf einer Autobahn ist dies womöglich noch nach einigen hundert Metern möglich, bei einem Unfallereignis im dichten Stadtverkehr ist dies unter Umständen schon nach nur wenigen Metern unmöglich.

Bleiben Sie daher in unmittelbarer Nähe zu Ihrem Fahrzeug und am Unfallort, ohne dass Sie sich einer Gefahr durch den Straßenverkehr aussetzen.

Zettel nach Unfall am Fahrzeug hinterlassen ausreichend?

Leider glauben noch immer viele Verkehrsteilnehmer, dass es nach einem Unfall ausreicht, einen Zettel am Pkw zu hinterlassen. Hier ist jedoch größte Vorsicht geboten! Ein Zettel entledigt Sie nicht von Ihrer Wartepflicht. Außerdem geht ein Zettel an der Windschutzscheibe schnell verloren, insbesondere bei Wind und Regen.

Wir raten Ihnen daher ausdrücklich, hinterlassen Sie nicht bloß einen Zettel am beschädigten Fahrzeug!

Wie lange beträgt die Wartezeit um Unfallflucht zu vermeiden?

Da die Wartepflichten je nach Einzelfall sehr unterschiedlich ausfallen kann, gibt es keine Regelwartezeit oder Mindestzeit im Gesetz. Die Wartezeit muss erst verstreichen, ehe man den Unfallort verlassen darf, um den Verkehrsunfall und vor allem die eigen Unfallbeteiligung bei der Polizei zu melden. 

Doch wie lange muss im Einzelfall gewartet werden? Dies kommt auf die konkreten Umstände des Verkehrsunfalls an, u.a Art und Umfang des Schadens, Uhrzeit sowie auch von den Witterungsbedingungen sowie dem jeweiligen Wochentag oder auch der Örtlichkeit (z.B. kaputter Außenspiegel um 4 Uhr am Sonntagmorgen bei Minusgraden in einem Wohngebiet). In Situationen, bei denen auch nach einer längeren Wartezeit keine feststellungsbereite Personen kurzfristig eintreffen werden, könnte es ausreichend sein, 15-20 Minuten zu warten. Ein Unfallbeteiligter braucht grundsätzlich nur so lange zu warten, wie mit dem alsbaldigen Eintreffen feststellungsbereiter Personen an der Unfallstelle zu rechnen ist. Häufig wird als Wartezeit eine Zeit von mindestens 30 Minuten empfohlen. Dies wurde bereits von verschiedenen Gerichten bei kleineren Sachschäden in den späten Abendstunden bzw. in der Nacht entschieden.

  • Schaden ca. 400 DM an parkenden Wagen nachts um 4.30 Uhr  = 10 Minuten ausreichend
  • geringfügiger Sachschaden und bei besondere Umständen genügt ausnahmsweise eine Wartezeit von 10-15 Minuten, z.B. nach vergeblichem Läuten an der Haustür; OLG Schleswig DAR 1969, 49: Beschädigung an einem Holzzaun und an der Gartenbepflanzung nachts gegen 1.30 Uhr; OLG Stuttgart VRS 45, 276: Beschädigung eines Gartenpfeilers, Kosten von 50-60 DM, gegen 21.00 Uhr in einer kleinen Ortschaft; vgl. a. OLG Düsseldorf VM 1968, 76


Dagegen wird bei größeren Sachschäden oder gar schwer verletzten Personen eine Wartezeit auch von mehr als 1,5-2 Stunden noch zu kurz  oder könnte gerade so angemessen sein. In einer solchen Situation wird man jedoch in der Regel die Polizei oder gar einen Krankenwagen rufen und bis zu deren Eintreffen warten.

Welche Strafe droht bei Unerlaubten Entfernen vom Unfallort? 

§ 142 StGB sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor.

Bei leichten Unfällen und/oder  wenn Sie nicht bereits häufiger strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, ist regelmäßig eine Geldstrafe zu erwarten. Die Höhe der Geldstrafe ist abhängig von Ihrem monatlichen Einkommen. Falls das Einkommen der Strafverfolgungsbehörde nicht bekannt ist, kann die Staatsanwaltschaft oder das Gericht Ihr Einkommen auch schätzen. Dies könnte durchaus zu Ihrem Vorteil sein, wenn Sie über ein höheres Einkommen als die Schätzung verfügen.

Viel härter trifft jedoch viele Verkehrsteilnehmer und Betroffene der Entzug der Fahrerlaubnis! Diese kann Ihnen gem. § 69 StGB entzogen werden, da Sie eine Straftat im Straßenverkehr begangen haben.

Wann verjährt Unfallflucht / Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort?

Die Verjährungsfrist beträgt 5 Jahre, gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, da die Höchststrafe des Unerlaubten Entfernens vom Unfallort 3 Jahre Freiheitsstrafe beträgt. Eine erste Vernehmung oder auch ein Strafbefehl unterbricht zum Beispiel  die Verjährung und die Frist beginnt ab diesem Zeitpunkt von neuem, gemäß § 78 c StGB. Es genügt dabei bereits die Anordnung der Vorladung.

Fazit und Hinweis beim Vorwurf der Unfallflucht:

Der Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 StGB ist komplex und bietet viele Schwierigkeiten. Sie sollten bei einem solchen Vorwurf zunächst von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und die Angelegenheit anwaltlich überprüfen lassen. Im Übrigen haben auch Ehegatten, Verlobte, Lebenspartner und Angehörige (Familienangehörige in grader Linie) eines Beschuldigten ein sog. Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 StPO) und müssen keine Angaben zu etwaigen Fahrern oder Benutzern des betreffenden Fahrzeugs machen. Dies ist insbesondere bei Zustellung eines Anhörungsbogens nach einem Unfall wichtig.

Ein Rechtsanwalt kann Einblick in die Ermittlungsakte beantragen und den darin zugrundeliegenden Sachverhalt und das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen.

  • Schweigen Sie zum Tatvorwurf
  • anwaltlichen Rat einholen
  • Akteneinsicht beantragen

Sollten Sie eine Strafanzeige bzw. eine Vorladung erhalten haben, empfehlen wir Ihnen, sich anwaltlichen Rat zu suchen! 

Wir beraten Sie gerne.

Daniel Baumgärtner

Rechtsanwalt für Strafrecht  

Telefon 0341-225 22 780


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