Falsche Anlageberatung – Anleger muss verspätete Prospektübergabe beweisen

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Der Emissionsprospekt dient u. a. dazu, den Anleger über die bestehenden Risiken seiner Kapitalanlage aufzuklären. „Bei Schadensersatzklagen wegen vermeintlich fehlerhafter Anlageberatung spielt daher die rechtzeitige Prospektübergabe oft eine wichtige Rolle“, sagt Rechtsanwalt Markus Jansen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei AJT in Neuss.

Anlageberater sind grundsätzlich zu einer anleger- und anlagegerechten Beratung verpflichtet. Im Rahmen der Beratung gilt es u. a. die Anlageziele und Risikobereitschaft des Anlegers festzustellen und auch über die bestehenden Risiken aufzuklären. Ebenso muss der Emissionsprospekt rechtzeitig übergeben werden, damit sich der Anleger über die Geldanlage umfassend informieren kann.

Schlägt die Kapitalanlage schließlich fehl, wird gerne dem Anlageberater der schwarze Peter zugeschoben, weil er nicht hinreichend über die Risiken informiert habe. Der Schadensersatzanspruch wird oft mit dem Hinweis untermauert, dass der Emissionsprospekt nicht rechtzeitig übergeben worden sei. So einfach könne es sich der Anleger aber nicht machen, entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15. August 2019 (Az.: III ZR 205/17).

Der Sachverhalt

Wenn der Anleger behauptet, er habe den Emissionsprospekt zu spät erhalten, so müsse er auch schlüssig darlegen können, wann die Prospektübergabe erfolgt ist. In dem konkreten Fall hatte die klagende Anlegerin angegeben, dass die Prospekte ihrer Fondsbeteiligungen erst am Beratungstag nach der Unterzeichnung übergeben worden seien. Das Kreditinstitut behauptete, dass die Prospekte rechtzeitig übergeben wurden. Das Problem: Die Anlageberaterin, die die Geldanlagen vermittelt hatte, ist inzwischen nicht mehr für die Bank tätig.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH stellte klar, dass die Klägerin zunächst die Beweislast für den behaupteten Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler habe. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten würden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Falschberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss. Dabei darf sie sich nicht mit einem schlichten Bestreiten begnügen. Die Grenzen des Möglichen und Zumutbaren dürften bei dieser Substantiierungslast aber auch nicht überschritten werden, stellte der BGH klar. Scheide, so wie in dem konkreten Fall, der Anlageberater z. B. aus der Bank aus und reagiere auch nicht auf schriftliche Anfragen der Bank, so sei diese nicht verpflichtet, noch weitere Nachforschungen anzustellen, um Auskünfte von dem Berater zu erhalten, erklärte der BGH. Es bestünden keine nachwirkenden Auskunftspflichten.

Die Bank hatte in dem Verfahren auf Schulungen der Beraterin sowie Bestätigungen der Klägerin über den Erhalt der Prospekte verwiesen und ihre Darlegungslast nach Ansicht der BGH damit erfüllt.

Der BGH wies den Fall an das Berufungsgericht zurück. Die Klägerin wird dann beweisen müssen, dass ihr die Prospekte zu einem Zeitpunkt übergeben wurden, der nicht mehr als rechtzeitig anzusehen ist. Welche Frist für die Prospektübergabe rechtzeitig ist, hänge dabei vom Einzelfall ab.

Einschätzung und Empfehlung

„Wurde der Emissionsprospekt nicht oder zu spät übergeben, kann das Schadensersatzansprüche begründen. Allerdings hat der BGH die Anforderungen an die Darlegungslast des Anlegers verschärft. Bei Schadensersatzklagen wegen Falschberatung kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an“, so Rechtsanwalt Jansen.

Mehr Informationen: https://www.ajt-partner.de/schwerpunkte/bank-kapitalmarktrecht/ 


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