Familienzusammenführung ohne Deutschkenntnisse (Teil 2)

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Bereits vor einigen Monaten habe ich das neue Urteil des EuGH, Entscheidung vom 09.07.2015 in Sachen C-153/14 in einem Rechtstipp besprochen. Festzustellen ist, dass sich in der Praxis der Botschaften wenig getan hat. Insbesondere werden die dort aufgestellten Grundsätze mehr oder weniger ignoriert. Grund genug, im Rahmen eines neuen Beitrags Tipps zu geben, wie man diesen sehr häufigen Problemfall bestmöglich begleitet.

Einzelfallprüfung und Härtefall

Der Grundsatz, dass beim Ehegattennachzug einfache Deutschkenntnisse auf A1 vorliegen müssen, wurde vom EuGH als EU-rechtskonform anerkannt und führt zu massiven Problemen in vielen Ländern. Oft leben die Menschen fernab der Großstadt, in der Sprachkurse angeboten werden. Meist sind diese kaum bezahlbar. In vielen Fällen sind die Personen schwach gebildet und müssen teils noch Alphabetisierungskurse vorab machen. All dies sind Realitäten, die sowohl nach Vorgabe des AufenthG als auch der Rechtsprechung des EuGH berücksichtigt werden müssen.

Unnötig zu sagen, dass die Praxis der Botschaften immer noch anders aussieht und sich in aller Regel weder mit ungewöhnlichen Umständen des Einzelfalls noch mit Härtefallargumenten auseinandergesetzt wird.

Empfehlungen zur Herangehensweise

Wichtig bleibt daher weiterhin, umfangreiche Dokumentationen zu den Bemühungen, Deutsch zu lernen, vorzulegen. Wird bei Visumantragstellung das A1-Zertifikat nicht vorgelegt, muss die Botschaft umfangreich dargelegt bekommen, ab wann man mit Deutschlernen begonnen hat, was man unternommen hat (Sprachkurse, Fähigkeitsnachweise von Privatlehrern, Literatur, Umfang der Bemühungen, Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen zum Lernen, etc.) und aus welchen besonderen Gründen man trotz dieser Mühen ein A1-Zertifikat nicht vorlegen kann.

Im Idealfall sollte man sich bereits mehrere Monate vor geplanter Antragstellung anwaltlich beraten lassen. Alternativmöglichkeiten wie bspw. einen Vorab-Besuch mit 3-Monatsvisum (um hier einen Sprachkurs zu machen) sind ab dem Zeitpunkt der Antragstellung zur Familienzusammenführung bzw. in aller Regel sogar nach Eheschließung praktisch unmöglich. Wertvolle Zeit kann in anderen Fällen gespart werden, wenn der Visumsantrag frühzeitig eingereicht wird. All dies und weitere Möglichkeiten sollten lange vorher geprüft werden.

Wer vorausschauend plant, wird daher weniger Probleme im späteren Verfahren haben.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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