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FAQ - D&O-Versicherung

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Aufgrund aktueller Vorkommnisse bei dem deutschen Automobilhersteller VW stellt sich für viele Menschen in verantwortungsvollen und gehobenen Positionen, gerade für Manager, sowie für die juristische Person selbst, wieder einmal die beliebte Haftungsfrage. Eine Pflichtverletzung kann schnell einen Vermögensschaden in Millionenhöhe verursachen. Oft ist in den Medien in diesem Zusammenhang von der sogenannten D&O-Versicherung (Directors- and Officers-Versicherung) die Rede.

1. Worum handelt es sich bei der D&O-Versicherung?

Zunächst ist das Ziel der D&O-Versicherung, die Abdeckung von Haftungsrisiken der Organe einer Gesellschaft zu erreichen. Der möglicherweise vorhandenen Zurückhaltung bei bestimmten unternehmerischen Entscheidungen durch die Organe soll so entgegengetreten werden, damit wichtige und notwendige Entscheidungen ohne größeres Zögern getroffen werden können. Nutznießer sind dabei sowohl das versicherte Organ als auch die Gesellschaft selbst, da im Falle der Haftung der Organs ein zusätzlicher Schuldner zur Verfügung steht und das Ausfallrisiko minimiert wird. Aufgrund dieser Vorzüge wird die D&O-Versicherung mittlerweile nicht nur für die Organe einer Gesellschaft abgeschlossen, sondern etwa auch für Prokuristen und leitende Angestellte. Die D&O-Versicherungen werden regelmäßig von den Gesellschaften zu Gunsten der Organe oder der anderen versicherten Personen abgeschlossen und stellen folglich einen Vertrag zu Gunsten Dritter und damit eine Versicherung für fremde Rechnung gem. § 43 VVG dar. Kurzum: Versicherungsnehmer ist die Gesellschaft, versicherte Person ist beispielsweise der Vorstand.

2. Welche Schäden decken die D&O-Versicherungen ab?

Bei der D&O-Versicherung handelt es sich um eine Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung. Sie hat regelmäßig eine Rechtsschutz- und eine Haftpflichtfunktion. Der Versicherungsschutz umfasst daher in der Regel die außergerichtliche und gerichtliche Abwehr von Schadensersatzansprüchen einerseits und die Freistellung von begründeten Schadensersatzverpflichtungen des Organs anderseits. Für die D&O-Versicherungen existieren sehr unterschiedliche Bedingungen, die Musterbedingungen, die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft herausgegeben wurden, sind bisher nicht zum Standard geworden. Ein Vergleich zwischen den Anbietern ist erforderlich und lohnend. Daher beziehen sich die Ausführungen auf typische Klauseln, die häufiger Verwendung finden. Dabei gewährt der Versicherer Deckungsschutz für den Fall, dass ein Organmitglied, etwa der Vorstandsvorsitzende, des Versicherungsnehmers wegen einer Pflichtverletzung aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen (teilw. nur privatrechtlichen Inhalts) für einen Vermögensschaden auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

Insbesondere sind also auch Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten erfasst. Die den Schadensersatzanspruch auslösende Pflichtverletzung muss die versicherte Person bei Ausübung einer Tätigkeit in der ihr zugewiesenen Eigenschaft im Unternehmen begangen haben. Dabei werden in der Regel sowohl Ansprüche Dritter gegen das Organ (Außenhaftung) als auch solche der Gesellschaft selbst gegen das Organ (Innenhaftung) erfasst. Versichert sind allerdings nur reine Vermögensschäden; Personen-, Sach- und andere Schäden, die aus Personen- oder Sachschäden resultieren, sind hingegen nicht mitversichert, sodass die meisten Ansprüche aus Produkt- oder Umwelthaftung aus dem Versicherungsschutz herausfallen.

Personen- und Sachschäden und deren Vermögensfolgeschäden sind allerdings durch eine Betriebshaftpflichtversicherung, eine Produkthaftpflichtversicherung oder eine Umwelthaftpflichtversicherung abdeckbar. Des Weiteren übernimmt die D&O Versicherung keine Risikohaftung für unternehmerische Entscheidungen. Voraussetzung ist immer eine tatsächliche Pflichtverletzung des Organs. Bei Entscheidungen, die beispielsweise im Rahmen der ordnungsgemäßen Sorgfalt nach § 93 Abs. S. 2 AktG getroffen werden, also eben keine Pflichtverletzung zugrunde liegt, die aber einen finanziellen Verlust aufgrund einer Fehlentscheidung nach sich ziehen, greift die Versicherung nicht.

3. Gibt es Ausschlüsse und Begrenzungen der Deckung in der D&O-Versicherung?

Kein Versicherungsschutz besteht in der Regel zunächst, wenn der Schaden vorsätzlich verursacht wurde sowie bei allen wissentlichen Pflichtverletzungen durch die versicherten Personen, wenn also positive Kenntnis von der Pflicht sowie positive Kenntnis des Abweichens von dieser Pflicht vorliegt. Daneben gibt es mehrere weitere Ausschlussgründe wie z.B. anderweitigen unzureichenden Versicherungsschutz oder bezüglich ausländischen Rechts, die zwischen den Versicherungen stark variieren. Auch bei einem Verstoß gegen die Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag kann eine Einstandspflicht entfallen.

Der Versicherungsschutz wird zudem zunächst natürlich insbesondere durch die Versicherungssumme begrenzt. Welche Versicherungssumme für das jeweilige Unternehmen sinnvoll ist, divergiert stark und wird hauptsächlich von den Faktoren der Bilanzsumme und des Umsatzes abhängen. Kraft gesetzlicher Anordnung gibt es zudem im Bereich der Aktiengesellschaft einen Selbstbehalt des Vorstandsmitglieds in Höhe von mindestens 10% des jeweiligen Einzelschadens, jährlich jedoch nicht mehr als das 1,5-fache der Jahresfestvergütung.

4. Auch wenn der Manager nichts wusste?

Aufgrund der Regelung in § 93 Abs. 2 S. 2 AktG besteht eine Beweislastumkehr zum Nachteil des Vorstandsmitgliedes. Sein pflichtwidriges Verhalten wird danach vermutet. Im Streitfall obliegt es damit dem Vorstandsmitglied zu beweisen, dass es die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt hat, wobei die Gesellschaft nach den allgemeinen Beweislastregeln nach wie vor zu beweisen hat, dass ein ursächlicher Schaden in bestimmter Höhe durch ein Handeln oder Unterlassen des Vorstandsmitgliedes entstanden ist. Über die Regelung des § 116 S. 1 AktG gilt entsprechendes für die Aufsichtsratsmitglieder und in analoger Anwendung ebenso für die Geschäftsführerhaftung nach § 43 GmbHG. Zudem ist es Sache des Vorstandes nach § 91 Abs. 2 AktG geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, um den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, worunter nach Auffassung des Gesetzgebers auch Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften fallen sollen.

5. Was muss der Betroffene selbst zahlen, wenn die Versicherung einspringt?

Zunächst trägt das Vorstandsmitglied der AG, wie oben dargestellt, seinen Selbstbehalt. Allerdings besteht für Vorstandsmitglieder die Möglichkeit, eine Selbstbehalts-Versicherung abzuschließen, die wiederum das Risiko abdeckt, den Selbstbehalt bei Inanspruchnahme der D&O-Versicherung erbringen zu müssen. Diese Versicherung ist allerdings heftig umstritten, läuft sie doch dem gesetzgeberischen Ziel des obligatorischen Selbstbehaltes, nämlich die Pflichtverletzung für die jeweils versicherte Person spürbar zu machen und verhaltenssteuernd auf sie einzuwirken, zuwider. Notwendig soll jedenfalls sein, dass der Versicherte die Kosten hierfür aus eigenen Mitteln finanziert. Zudem kann es bei nicht ausreichender Deckungssumme zur Inanspruchnahme des Vorstandsmitglieds kommen.

6. Claims-made-Prinzip?

Häufig wird bei dem Thema D&O-Versicherung über das sogenannte Claims-made-Prinzip gesprochen. Dabei handelt es sich schlicht um eine dem deutschen Recht eigentlich unbekannte Definition des Versicherungsfalles. Normalerweise bildet die Pflichtverletzung im deutschen Recht den Versicherungsfall. Nach dem Claims-made-Prinzip ist der Versicherungsfall der Haftpflichtversicherung erst die erstmalige schriftliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches.

Häufig wird in den Versicherungsbedingungen eine Kombination aus Ansprucherhebungs- und Verstoßprinzip gewählt, sodass sowohl die Pflichtverletzung als auch die erstmalige Geltendmachung im Versicherungszeitraum liegen müssen. Wichtig ist also, dass eine Versicherung auch noch zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadensersatzanspruches besteht. Um allerdings die Konsequenzen abzumildern, wenn entweder Pflichtverletzung oder Geltendmachung nicht im Versicherungszeitraum liegen, enthalten viele D&O-Versicherungen Bestimmungen über eine Rückwärtsversicherung, eine Nachhaftung oder einer Möglichkeit zur Umstandsmeldung.

Der Bereich der D&O-Versicherung ist also äußerst kompliziert und macht dabei sowohl beim Abschluss als auch bei Eintritt des Versicherungsfalles eine kompetente anwaltliche Beratung sinnvoll. Aufgrund des breiten unterschiedlichen Spektrums empfehlen wir die anwaltliche Beratung durch Fachanwälte für Versicherungsrecht. Gerne beraten unsere Fachanwälte für Versicherungsrecht Sie im Bereich der D&O-Versicherung.


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