Filesharing-Abmahnung: BGH-Urteil zur Haftung - Eltern haften nicht immer für Ihre Kinder

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Nunmehr hat der BGH mit Urteilen vom 11. Juni 2015 die bisherige Rechtsprechung zur Problematik fortgesetzt, ob Eltern auch als Anschlussinhaber für durch ihre Kinder begangenes illegales Filesharing haften.

Der Sachverhalt: In denen dem BGH zur Entscheidung vorliegenden Fällen hatten die Kinder der jeweiligen Anschlussinhaber illegales Filesharing begangen. Das war insofern unstreitig, denn es war ausgeschlossen, dass die Rechtsverletzungen durch den jeweiligen Anschlussinhaber begangen wurden. Die Beklagten, die Anschlussinhaber, die in der Folge auf Schadensersatz verklagt wurden, ließen sich dahingehend ein, dass jeweils die in ihrem Haushalt lebenden Kinder die Rechtsverletzungen begangen hätten. Nicht näher dargelegt wurde allerdings, ob die Kinder in der Vergangenheit vor Nutzung des Mediums ordnungsgemäß belehrt wurden, keine Daten herunterzuladen.

Die Entscheidung: Die Beklagten sind zwar allesamt zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden. Dies aber nur deshalb, da die Beklagten nicht dargelegt und bewiesen haben, dass sie ihre Kinder ordnungsgemäß belehrten. Insbesondere konnte nicht nachgewiesen werden, dass illegales Filesharing zu unterlassen sei. Gleichermaßen stellte der BGH aber klar, dass eine ständige Überwachung und Kontrolle durch den Anschlussinhaber nicht notwendig sei.

Bewertung: Wir begrüßen die Entscheidungen des BGH. Diese führen zu mehr Rechtssicherheit und Transparenz in diesem Bereich. Auch die beratende Praxis kann darauf regieren. Der BGH hat nämlich dargelegt, unter welchen Kriterien ein Anspruch gegen den Anschlussinhaber besteht. Dabei ist allerdings eine ständige Überwachung und Kontrolle des Nutzers durch den Anschlussinhaber nicht notwendig. Kinder allerdings, die den Anschluss nutzen, habe der Anschlussinhaber regelmäßig ordnungsgemäß zu belehren, dass illegales Filesharing verboten sei. Die Belehrung sei zudem nur dann ordnungsgemäß und letztlich wirksam, wenn dem Kind verständlich ist, dass es andernfalls etwas Verbotenes begehe. Letztlich ist insofern auch auf das Unrechtbewusstsein sowie die Einsichtsfähigkeit des Kindes abzustellen.

Nach dieser Entscheidung können wir Ihnen nur empfehlen, sich professionell beraten zu lassen, um nicht selbst Opfer einer Abmahnung als Anschlussinhaber zu werden. Profitieren Sie nunmehr von den gefestigten Voraussetzungen, die durch die juristische Beratung zu höherer Rechtssicherheit für Sie führen.

Aber auch nach erfolgter Abmahnung zeigen diese Entscheidungen Wege auf, sich durch professionelle anwaltliche Vertretung erfolgreich gegen diese zu verteidigen. Antworten Sie nicht vorschnell, sondern lassen Sie sich kompetent beraten.

(OLG München, Urteil v. 14.01.2016 – 29 U 2593 / 15)

Das OLG München konkretisiert mit seiner vorgenannten Entscheidung in Fortführung der durch den BGH aufgestellten Kriterien, wann Eltern als Anschlussinhaber für durch ihre Kinder begangenes Filesharing haften, die Frage der Beweislast.

Wir hatten bereits über die Entscheidung des BGH und die Frage, wann Anschlussinhaber für durch Familienmitglieder begangenes Filesharing haften, ausführlich berichtet. Die Rechtsprechung des BGH gab dazu Anlass, vorbeugend durch geeignete Vorkehrungen zu beraten und dadurch das Risiko einer Inanspruchnahme wegen begangenem Filesharing deutlich zu reduzieren. Aber auch nach Erhalt einer Abmahnung eröffnete die Entscheidung des BGH Wege einer erfolgreichen Verteidigung.

Das OLG München hat nunmehr in seiner Entscheidung begründet, wer welche Tatsachen darlegen und beweisen muss. Danach gilt folgendes:

Die Entscheidung: Grundsätzlich muss der Anspruchssteller, hier regelmäßig der Inhaber des Werkes an dem die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen wurde, Umstände darlegen und beweisen. Wenn allerdings der Anspruchssteller darlegt und beweist, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Öffentlichkeit durch eine IP-Adresse zugänglich gemacht wird, die zu diesem Zeitpunkt einer bestimmbaren Person zugehörig ist, spricht letztlich eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber auch der Täter ist. Diese tatsächliche Vermutung für die Täterschaft stellt einen Anscheinsbeweis dar.

Dies ist grundsätzlich nichts Besonderes – das Rechtssystem arbeitet immer wieder mit gesetzlichen Vermutungen, die allerdings in der Folge mit Ausnahmen durch substantiierten Vortrag widerlegt werden können. So auch in dem Bereich der Filesharing-Abmahnung.

Zur Erschütterung dieser Vermutung reicht aber nicht der Vortrag, so das OLG München, dass lediglich auch andere Personen als Täter in Betracht kommen. Vielmehr müssen besondere Umstände in nachzuweisender Art hinzukommen, aus denen sich ein anderer Geschehensablauf nicht nur hypothetisch, sondern wahrscheinlich ergeben soll.

Den Anschlussinhaber trifft nunmehr im Rahmen der Verteidigung die sekundäre Beweislast. Zur Erschütterung eben dieser gesetzlichen Vermutung muss der Anschlussinhaber vortragen, ob und welche andere Person selbstständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatte und als Täter in Betracht kommt. Das OLG München verpflichtet den Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zur Nachforschung und Mithilfe. Nicht ausreichend ist dabei die bloße Behauptung, dass theoretisch auch andere Mitbewohner als Täter in Betracht kommen.

Entspricht aber der Anschlussinhaber seiner ihn treffenden sekundären Beweislast, ist es wiederum Aufgabe des Anspruchsstellers Umstände darzulegen und zu beweisen, dass der Anschlussinhaber doch der Täter der begangenen Urheberrechtsverletzung ist. Andernfalls ist das Vorbringen des Anspruchsstellers zugrunde zu legen – pauschales Bestreiten reicht eben nicht aus.

Die sekundäre Beweislast des Anschlussinhabers betrifft daher die der Feststellung der Täterschaft vorgreifende Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, dass der Anschlussinhaber der Täter sei. Mit anderen Worten: Genügt der Anschlussinhaber der sekundären Beweislast, kommt es auf die tatsächliche Vermutung zu Gunsten des Anspruchsstellers nicht mehr an.

Bewertung: Wir begrüßen auch diese Entscheidung des OLG München im Sinne der Anschlussinhaber. Weitere Rechtssicherheit besteht in der beratenden Praxis. Das OLG München arbeitet explizit heraus, welche Umstände welche Partei vortragen muss, um in den Genuss der prozessualen Beweiserleichterung zu kommen. Grundsätzlich gilt: Wer einen Anspruch behauptet, muss ihn beweisen. Davon wird dann eine Ausnahme gemacht, wenn eine tatsächliche Vermutung – wie vorliegend – für den Anspruchssteller besteht. Nun aber hat der Anschlussinhaber die Möglichkeit durch substantiierten Vortrag im Rahmen der sekundären Beweislast, diese Vermutung zu widerlegen, mit der Folge, dass der Anspruchssteller sodann voll beweisbelastet ist.

Dies aber bietet die Möglichkeit durch professionelle Beratung durch grundsätzlich zu Gunsten des Anspruchsstellers bestehende Vermutung zu erschüttern. Das OLG München zeigt auf, welche Umstände dafür gegeben sein müssen. Danach gilt umso mehr: Antworten Sie nicht vorschnell auf eine erhaltene Abmahnung – lassen Sie sich professionell vertreten und profitieren Sie von der umfassenden Erfahrung eines spezialisierten Anwaltes.

Ihr Rechtsanwalt Philipp Muffert


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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