Fototapeten & Urheberrecht – Was Kreative und Unternehmen beim Posten von Innenräumen beachten sollten

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Stellen Sie sich vor: Sie haben ein Hotel, eine Ferienwohnung oder einfach ein besonders schön eingerichtetes Zuhause. An der Rückwand prangt eine großformatige Fototapete – ein atemberaubendes Landschaftsbild, ein Kunstwerk, ein grafisches Highlight. Sie machen ein paar Fotos und posten sie online – auf Airbnb, Ihrer Website, Facebook oder Instagram. Klingt harmlos, oder?

Doch genau hier beginnt ein juristischer Streit, der mittlerweile sogar den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt hat. Die Frage: Darf man Fototapeten, die urheberrechtlich geschützte Motive zeigen, einfach so im Internet zeigen – wenn sie auf einem Foto des Zimmers sichtbar sind?

Warum Fototapeten urheberrechtlich brisant sind

Fototapeten sind nicht nur wieder im Trend – sie sind rechtlich gesehen auch heikel. Denn viele der Motive darauf sind urheberrechtlich geschützt, insbesondere wenn es sich um Fotografien handelt. Wer so eine Tapete kauft, erwirbt zunächst nur das Eigentum an der Tapete selbst. Doch was ist mit dem Recht, sie in einem Foto zu zeigen – etwa bei der Vermarktung eines Hotelzimmers oder einer Wohnung?

Die Praxis sieht oft so aus: Man gestaltet einen Raum, macht Fotos davon – und stellt sie online. Ob Airbnb, Buchungsplattformen, Webseiten oder Social Media – Bilder gehören zur Präsentation einfach dazu. Dass man damit aber unter Umständen eine Urheberrechtsverletzung begeht, ist vielen nicht bewusst.

Drei Gerichte, drei Perspektiven – der BGH schafft Klarheit

Mehrere Gerichte haben sich in den letzten Jahren mit genau dieser Frage beschäftigt – mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen:

Landgericht Köln: Urheberfreundlich

Das LG Köln stellte sich klar auf die Seite der Urheber. Die Käuferin einer Fototapete hatte ein Zimmer mit dieser Tapete fotografiert und online gestellt. Die Richter sahen darin eine Urheberrechtsverletzung – denn ein Recht zur Veröffentlichung sei beim Kauf nicht mit übertragen worden.

Selbst eine stillschweigende Lizenz – also die Annahme, dass der Käufer das Foto schon verwenden dürfe – verneinte das Gericht. Der Zweck des Kaufs sei die Nutzung der Tapete an der Wand, nicht die öffentliche Darstellung des Motivs.

Auch die sogenannte „Schranke für unwesentliches Beiwerk“ (§ 57 UrhG) half der Beklagten nicht. Die Fototapete sei kein nebensächliches Dekoelement, sondern präge die Raumwirkung maßgeblich – und sei daher urheberrechtlich relevant.

Landgericht Stuttgart: Treu und Glauben als Rettung

Das LG Stuttgart entschied in einem ähnlich gelagerten Fall anders: Zwar bejahte es grundsätzlich die Urheberrechtsverletzung – sah aber in der Weigerung des Rechteinhabers, eine Nutzung zuzulassen, einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Wer Fototapeten gezielt über einen Onlineshop verkauft, müsse damit rechnen, dass Kunden sie auch fotografieren und veröffentlichen.

Die Richter hielten das Verhalten des Klägers für widersprüchlich – er verkaufe Tapeten zur Raumgestaltung, wolle aber die übliche Nutzung (etwa in Fotos für Vermietungsanzeigen) unterbinden.

OLG Düsseldorf: Nutzungsrecht im Kauf enthalten

Das Oberlandesgericht Düsseldorf ging noch weiter: Es sah in der Übergabe der Tapete auch eine konkludente (also stillschweigende) Nutzungsrechtseinräumung – zumindest für Fotos des tapezierten Raums. Wer eine Fototapete legal erwerbe und bestimmungsgemäß nutze, müsse auch Bilder davon im Netz zeigen dürfen.

Bundesgerichtshof: Keine Urheberrechtsverletzung durch Raumfotos mit Fototapeten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Juni 2024 entschieden, dass die Veröffentlichung von Fotos und Videos von Innenräumen, in denen Fototapeten sichtbar sind, keine Verletzung von Urheberrechten darstellt – weder bei privater noch gewerblicher Nutzung.

Im Fokus standen drei Fälle, bei denen Fototapeten mit urheberrechtlich geschützten Fotografien in Online-Beiträgen oder Webseiten abgebildet wurden. In allen Fällen forderte der Rechteinhaber Schadensersatz, Abmahnkosten und weitere Ansprüche – erfolglos.

Die zentrale Begründung des BGH: Die Nutzung lag im Rahmen einer üblichen, zu erwartenden Verwendung, mit der der Rechteinhaber hätte rechnen müssen. Wer Fototapeten ohne erkennbare Einschränkungen über das Internet vertreibt, willigt konkludent in solche Nutzungshandlungen ein – also auch darin, dass die dekorierten Räume fotografiert oder gefilmt und die Aufnahmen online gezeigt werden. Das gilt auch für Dritte, etwa Webagenturen oder Vermieter, sofern die Verwendung im üblichen Kontext erfolgt.

Damit betont der BGH ein praxisnahes Verständnis des Urheberrechts: Der Schutz bleibt bestehen – aber nicht um den Preis unrealistischer Nutzungseinschränkungen im Alltag. Wer als Rechteinhaber bestimmte Nutzungen ausschließen möchte, muss dies klar und für Dritte erkennbar kennzeichnen.

Das Urteil sorgt für dringend benötigte Rechtssicherheit im Umgang mit urheberrechtlich geschützten Raumgestaltungen – und bestätigt die Linie der Vorinstanzen, die bereits auf eine konkludente Einwilligung und vorhersehbare Nutzung abgestellt hatten.

🎙 Weiterführende Einblicke im Podcast „Kaffeerecht“

Die Folge des Podcasts Kaffeerecht der Kanzlei TWW.LAW widmet sich genau dieser Thematik – mit vielen weiteren Details zur aktuellen Rechtslage, zu verschiedenen Gerichtsentscheidungen

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Fazit: Wer Räume zeigt, zeigt auch Rechte

Was banal klingt – ein Raumfoto mit Tapete – kann schnell zur urheberrechtlichen Stolperfalle werden. Daher gilt: besser zweimal hinschauen – und im Zweifel rechtzeitig beraten lassen.

Wenn Sie rechtliche Fragen rund um Urheberrecht, Bildnutzung oder Marken haben – sei es als kreativer Freelancer oder Unternehmen – kann die frühzeitige Klärung oft viel Ärger ersparen.

Bei Interesse an individuellen Lösungen steht Ihnen die Kanzlei TWW.LAW mit fundierter Expertise zur Seite.

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Foto(s): Image by martaposemuckel from Pixabay

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