Fragen und Antworten zum Strafbefehl

  • 5 Minuten Lesezeit

Der folgende Beitrag soll die in der Praxis häufigsten Fragen zum Strafbefehl beantworten und so dem Rechtsratsuchenden eine erste Hilfestellung nach Erhalt eines Strafbefehls geben.

Was kann ich gegen einen Strafbefehl unternehmen? Gibt es ein Rechtsmittel?

Ja. Gegen einen Strafbefehl kann Einspruch eingelegt werden.

Erfordert der Einspruch eine bestimmte Form?

Ja. Der Einspruch muss schriftlich oder "zu Protokoll der Geschäftsstelle" des Gerichts, das den Strafbefehl erlassen hat, eingelegt werden.

Ist der Einspruch an eine Frist gebunden?

Ja. Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung eingelegt werden. Ist der Strafbefehl beispielsweise am Mittwoch, 1. März zugestellt worden, endet die Einspruchsfrist mit Ablauf des Mittwoch, 15. März.

Das Fristende fällt auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag. Was nun?

In diesem Fall endet die Frist zur Einspruchseinlegung erst am Ende des nächsten Werktags. Ist das (rechnerische) Fristende etwa Samstag, 15. Juli, so ist das tatsächliche Fristende erst am Montag, 17. Juli, dem nächsten Werktag.

Was passiert, wenn kein Einspruch eingelegt wird oder der Einspruch nicht form- oder fristgerecht eingelegt wird?

Der Strafbefehl wird dann rechtskräftig und steht einem rechtskräftigen Strafurteil gleich. Die Strafe wird wirksam und kann vollstreckt werden.

Bin ich vorbestraft, wenn der Strafbefehl rechtskräftig wird?

Ja. 

Ich habe die Einspruchsfrist versäumt. Kann ich noch etwas tun?

Wurde die Frist zur Einspruchseinlegung ohne Verschulden versäumt, kann "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" beantragt werden. Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer Woche nach Wegfall des Umstands, der den Betroffenen an der Fristeinlegung hinderte, erfolgen. Innerhalb dieser Frist muss auch der Einspruch gegen den Strafbefehl nachträglich eingelegt werden.

Wer kann den Einspruch einlegen?

Der Beschuldigte, dessen Verteidiger und gegebenenfalls der gesetzliche Vertreter (v.a. Betreuer) des Beschuldigten.

Kann der Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt werden?

Der Einspruch kann in der Regel auf "bestimmte Beschwerdepunkte" beschränkt werden, also auch auf die Rechtsfolgen. Erachten Sie die ausgeworfene Strafe als zu hoch, etwa die Anzahl der Tagessätze oder Höhe des einzelnen Tagessatzes, kann der Einspruch insoweit beschränkt werden. Ebenso wenn Sie etwa nur gegen ein im Strafbefehl verhängtes Fahrverbot vorgehen möchten, nicht hingegen beispielsweise gegen die gleichfalls verhängte Geldstrafe.

Ich halte die Höhe des einzelnen Tagessatzes für zu hoch. Wie berechnet das Gericht die Tagessatzhöhe?

Wenn Sie im Ermittlungsverfahren, etwa gegenüber der Polizei im Rahmen einer Vernehmung, Angaben zu Ihren Einkünften gemacht haben, werden diese Angaben zugrunde gelegt. Haben Sie (und auch andere Personen) insoweit keine Angaben und liegen auch sonst keine Beweismittel vor, wird ihr Einkommen geschätzt. Ein Tagessatz entspricht gewöhnlich rund 1/30 des monatlichen Nettoeinkommens. Verdienen Sie beispielsweise monatlich ca. 1.800,- € netto, sollte der einzelne Tagessatz bei rund 60,- € liegen. Im Einzelfall können sich aber erhebliche Abweichungen ergeben, insbesondere können u.U. auch zusätzliche Umstände zu Ihren Gunsten berücksichtigt werden, z.B. bestehende Verbindlichkeiten, besonders hohe Mietkosten oder Unterhaltsverpflichtungen, so dass sich im Ergebnis ein "bereinigtes" niedrigeres anzusetzendes Einkommen ergibt.

Ich habe einen auf die Höhe des Tagessatzes beschränkten Einspruch eingelegt. Findet in jedem Fall eine mündliche Verhandlung statt?

Nach einem Einspruch gegen einen Strafbefehl findet gewöhnlich eine Hauptverhandlung vor dem Gericht statt, das den Strafbefehl erlassen hat. Wird der Einspruch auf die Tagessatzhöhe beschränkt, besteht die Möglichkeit, dass das Gericht ohne mündliche Hauptverhandlung durch Beschluss entscheidet, wenn der Angeklagte, der Verteidiger und die Staatsanwaltschaft zustimmen.

Kann - wenn nach beschränktem Einspruch gegen die Tagessatzhöhe - das Gericht durch Beschluss entscheidet, das Gericht einen höheren Tagessatz als im Strafbefehl festsetzen?

Zwar kann sich die im Strafbefehl vorgesehene Rechtsfolge nach Einspruch zum Nachteil des Beschuldigten ändern, da das Gericht in der Hauptverhandlung nicht an den Rechtsfolgenausspruch im Strafbefehl gebunden ist, jedoch gilt eine wichtige Ausnahme, wenn per Beschluss über die Tagessatzhöhe entschieden wird: Hier kann nicht zum Nachteil des Einspruchsführers entschieden werden.

Ich halte die Anzahl der Tagessätze für überhöht. Wie wird die anzusetzende Anzahl festgelegt?

Grundlage jeder Strafe ist die "Schuld". Maßgebliche Gesichtspunkte für die Höhe der Strafe sind insoweit vor allem: Beweggründe und Ziele des Beschuldigten (Motiv), die Gesinnung sowie der aufgewendete Wille ("kriminelle Energie"), das Maß der Pflichtwidrigkeit (relevant besonders bei Fahrlässigkeitsdelikten), Art der Ausführung der Tat (professionell? dilettantisch?), Vorleben des Beschuldigten (Vorstrafen), persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse (Familie, soziales Umfeld, Ausbildung, Beruf), Nachtatverhalten (Schadensausgleich, Täter-Opfer-Ausgleich, Geständnis, Aufklärungshilfe). Auch die Folgen, die die Strafe für den Beschuldigten hat, sind zu berücksichtigen. Natürlich kann es hier zu überhöhten Strafen kommen und häufig ist dies auch der Fall, da Umstände, die für den Betroffenen sprechen, nicht oder nicht ausreichend vom Gericht berücksichtigt werden.

In einem Strafbefehl werden mit mehrere Taten zur Last gelegt. Kann ich den Einspruch auf einzelne Taten beschränken?

Der Einspruch kann auch hier beschränkt werden. Voraussetzung ist, dass sich die Taten klar voneinander abgrenzen lassen. Man spricht insoweit von einer "Tat im prozessualen Sinne".

Mir wurde ein Strafbefehl zugestellt. Es muss sich aber zwingend um eine Personenverwechslung handeln. Muss ich trotzdem Einspruch einlegen?

Unbedingt. Selbst wenn es sich um eine offensichtliche Verwechslung im Strafbefehl handelt, muss Einspruch eingelegt werden. Sie werden dann, wenn sich die Verwechslung beweisen lässt, freigesprochen. Andernfalls wird der Strafbefehl - auch wenn es sich um eine noch so offensichtliche Verwechslung handelt - rechtskräftig.

Was passiert nach einem ordnungsgemäß eingelegten Einspruch?

Es wird Termin zur "normalen" mündlichen Hauptverhandlung vor dem Gericht anberaumt, das den Strafbefehl erlassen hat. Das Strafverfahren nimmt seinen normalen Gang.

Ist das Gericht in einer Hauptverhandlung im Falle einer Verurteilung an den Rechtsfolgenausspruch des Strafbefehls gebunden oder kann es "schlimmer werden"?

Das Gericht ist hier nicht an die im Strafbefehl ausgeworfene Strafe gebunden. Es kann, sollte es zu einer Verurteilung kommen, auch zur Verhängung einer höheren Strafe kommen. Das Verbot der "reformatio in peius" gilt - anders als wenn der Angeklagte etwa Berufung einlegt - nicht.

Kann der Einspruch wieder zurück genommen werden?

Der Einspruch kann bis zur Verkündung des Urteils I. Instanz zurückgenommen werden.

Gibt es Besonderheiten, wenn der Einspruch gegen den Strafbefehl erst in der Hauptverhandlung wieder zurück genommen wird?

Zwar kann der Einspruch grundsätzlich bis zur Urteilsverkündung zurückgenommen werden. Nach Beginn der Hauptverhandlung muss die Staatsanwaltschaft aber der Rücknahme zustimmen.

Was geschieht, wenn ich zur anberaumten Hauptverhandlung nicht erscheine?

Sind weder Sie noch Ihr Verteidiger zur Hauptverhandlung nach Einspruch erschienen, wird der Einspruch ohne Verhandlung zur Sache verworfen.

Wird der Strafbefehl zurück genommen, wenn sich in der Hauptverhandlung meine Unschuld herausstellt?

Nein. Der Strafbefehl ist mit dem eingelegten Einspruch ohnehin hinfällig. Stellt sich im Rahmen der Hauptverhandlung heraus, dass Sie unschuldig sind, also die Ihnen zur Last gelegte Tat nicht begangen haben, oder dass Sie aus sonstigen Gründen nicht verurteilt werden können, z.B. wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung oder Verjährung der Tat, werden Sie freigesprochen.

Rechtsanwalt Mathias Klose

Regensburg


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