Freie Anwaltswahl bei allen Rechtsschutzversicherungen: Abhängigkeit der Anwaltswahl wird untersagt!

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Das OLG Bamberg verdeutlichte mit Urteil vom 20.06.2012 den Stellenwert des Rechts auf eine freie Anwaltswahl und untersagt somit ein Schadenfreiheitssystem einer Rechtsschutzversicherung, nach welchem die Versicherten bevorzugt werden, die einen von der Versicherung empfohlenen Anwalt mandatieren.

Das OLG bezieht hier deutlich Position zugunsten der Versicherungsnehmer (VN) und hebt das umstrittene Urteil des LG Bamberg auf. In vorliegendem Fall klagte die Rechtsanwaltskammer München gegen einen Rechtsschutzversicherer, welcher eine höhere Selbstbeteiligung bei späteren Schadensfällen von seinem VN verlangt, wenn dieser nicht eine von dem Versicherer (VR) empfohlene Kanzlei beauftragt. Umgekehrt wird der VN, welcher sich an eine empfohlene Kanzlei wendet, bevorzugt, indem der Versicherungsverlauf als schadenfrei gilt und damit eine Herabstufung der Selbstbeteiligung erfolgt. Aufgrund diesen Modells kann die Selbstbeteiligung entsprechend der Anwaltswahl zwischen 0 und 300 € liegen.

Ein solches System wird durch das OLG als unzulässig angesehen, da hierdurch dem VN das verbriefte Recht auf eine freie Anwaltswahl entzogen bzw. diese stark beeinflusst wird. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine unverbindliche Empfehlung, vielmehr wird der sparsame VN dazu geleitet, sich auf die Anwaltskanzleien des VR zu beschränken, um Sanktionen zu vermeiden und Vorteile, namentlich eine geringere Selbstbeteiligung, zu erlangen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die freie Anwaltswahl dennoch vollumfänglich bestünde, da die Empfehlungen unverbindlich seien und nur an Belohnungen geknüpft sind - ein tatsächlicher VN ist sparsam und möchte schon gar nicht in der Selbstbeteiligung hochgestuft werden. Finanzielle Anreize verleiten und beeinflussen die persönliche Entscheidung des VN. Der VR unterstützt sein Modell jedoch damit, dass seine Anwaltsempfehlungen auf besondere Fachanwaltskenntnisse und Fortbildungen der genannten Kanzleien beruhen und sieht sich folglich mit diesem Modell nur im Interesse des VN handelnd. Eine Verzerrung des Wettbewerbs unter Anwälten sei durch das Modell zudem nicht zu befürchten.

Das OLG stellt hingegen fest, dass jedwede vertragliche Regelung, durch die der Versicherte in der Auswahl der Person seines Anwalts beschränkt werde, nichtig ist. Diese Unwirksamkeit solcher AGB einer Versicherung basiert auf dem Verstoß gegen Treu und Glauben und dem Abweichen von wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen. Die freie Anwaltswahl kann nicht beschränkt werden und ist insbesondere nicht gegen Gewährung eines Vorteils abkaufbar.

Vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 20.06.2012

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana & Partner in Berlin, Kurfürstendamm 173-174, 10 707 Berlin, Tel: 030/886 81 505.


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