Freier Mitarbeiter oder abhängig Beschäftigter? Das Risiko steigt

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Die Frage, ob ein Beschäftigter als Angestellter oder freien Mitarbeiter zu sehen ist, landet immer wieder vor den unterschiedlichen Gerichten. Denn die Problematik birgt nicht nur sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen, sondern auch arbeitsrechtlichen Sprengstoff.

Der Fall

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer jüngeren Entscheidung nun die Risiken für vermeintliche Freien Mitarbeiter nach der Durchführung eines sogenannten Statusfeststellungsverfahrens bei der Deutschen Rentenversicherung erhöht (BAG Urteil vom 26.6.2019, 5 AZR 178/18). Ausgehend von einem sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellungsverfahren hatte das BAG über arbeitsrechtliche Lohnrückzahlung zu befinden. Der vermeintliche Freie Mitarbeiter wurde auf Rückzahlungen von über €106.000 in Anspruch genommen.

Das Statusfeststellungsverfahren

Durch ein solches Statusfeststellungsverfahrens nach § 7 a SGBIV wird geprüft, ob ein Auftragnehmer abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist. Als Kriterien für abhängige Beschäftigung sprechen unter anderem eine Weisungsgebundenheit des Beschäftigten, fehlendes unternehmerisches Risiko, wirtschaftliche Abhängigkeit und die Gewährung von typischen Arbeitnehmerleistungen (Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall u. a.).

Die Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses hat insbesondere für den Arbeitgeber erhebliche Folgen, insbesondere die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, Zinsen und gegebenenfalls sogar strafrechtliche Konsequenzen. Dahingegen haftet der vermeintliche abhängig Beschäftigte nur begrenzt für die Nachzahlung von Sozialabgaben.

Die arbeitsrechtliche Lohnrückzahlung

In dem BAG vorliegenden Fall hatte ein als angeblich als freier Mitarbeiter Beschäftigter bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt, feststellen zu lassen, dass er eigentlich ein abhängig beschäftigter Angestellter sei (Sozialversicherungsrecht), nachdem sein freier Mitarbeitervertrag gekündigt wurde (Arbeitsrecht). Nachdem diese Frage vor dem Sozialgericht landete, entschied das Landessozialgericht, dass im vorliegenden Fall nach den Maßstäben des Sozialversicherungsrechts wirklich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorlag.

Der Arbeitgeber, der nun zur Nachzahlung von sozialversicherungsrechtlich Sozialabgaben verpflichtet war, kam nun aber auf die Idee, den vermeintlichen Freien Mitarbeiter arbeitsrechtlich wegen Lohnrückzahlungen in Anspruch zu nehmen und zog – nachdem er vor dem Sozialgericht verloren hatte – vor das Arbeitsgericht. 

Der Rechtsgedanke

Wenn Sie abhängig Beschäftigter waren, dann haben Sie auch nur das übliche Gehalt eines Beschäftigten verdient. Ich habe aber viel höhere Zahlungen an dich als vermeintlichen freien Mitarbeiter geleistet. Die Differenz hätte ich gerne zurück! 

Das BAG meint hierzu

„Legen die Parteien ihrer Vergütungsvereinbarung eine unrichtige rechtliche Beurteilung darüber zugrunde, ob die Dienste abhängig oder selbstständig erbracht werden, bedarf es der Auslegung, ob die Vergütung unabhängig von der rechtlichen Einordnung des bestehenden Vertrags geschuldet oder gerade an diese geknüpft ist (...) (vgl. BAG a.a.O.) Laut BAG kann dann auch unter Umständen zum Nachteil des Beschäftigten eine für freie Mitarbeiter ausdrücklich getroffene Vergütungsvereinbarung nicht ohne Weiteres auch im Arbeitsverhältnis als maßgeblich angesehen werden. Vor diesem Hintergrund muss dem Mitarbeiter regelmäßig klar sein, dass er die für ein freies Dienstverhältnis vereinbarte Vergütung nicht als Bruttoarbeitsentgelt beanspruchen kann, falls sich das Rechtsverhältnis in Wahrheit als Arbeitsverhältnis darstellt. (vgl. Urteil BAG vom 26.6.2019, 5 AZR 178/18). Nur im Ausnahmefall – den der Beschäftigte aber darzulegen und zu beweisen hat – kann davon ausgegangen werden, dass das Honorar für den freien Mitarbeiter auch gleich dem Gehalt des Angestellten gleich steht. Ansonsten können sich erhebliche Differenzen ergeben, die zurück gefordert werden können.

Achtung

Die Abgrenzung von abhängig Beschäftigtem (Arbeitnehmer) und Selbstständigem (Freier Mitarbeiter) ist an vielen Punkten jeweils im Einzelfall festzumachen. Dabei kann es je nachdem, ob man vor dem Arbeitsgericht, dem Sozialgericht oder dem Finanzgericht steht zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Tipp

Bevor Sie ein Statusfeststellungsverfahren einleiten, sollten Sie überlegen, was Sie erreichen wollen und was für Sie auf dem Spiel steht. Geht es um die Kündigung des freien Mitarbeitervertrages, wollen Sie in den Genuss von sozialversicherungsrechtlichen Leistungen kommen, oder geht es um steuerrechtliche Abwicklung Ihres Auftragsverhältnisses?

What to do

Um sich von Anfang an in eine gute Position zu bringen, sollte man schon bei der Gestaltung des Freien-Mitarbeiter Vertrages versuchen, die Weichen richtigzustellen. Vertragsgestaltung und Formulierung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG kann später böse Überraschungen vermeiden. Bei der Vertragsgestaltung sollte man mögliche arbeitsrechtliche Auswirkungen, die vielleicht erst später eintreten, bereits im Blick haben. Gerade der freie Mitarbeiter sollte seinen Verhandlungsspielraum bei Vertragsschluss nutzen und Verträge aushandeln, prüfen und überarbeiten lassen.

Randnotiz

Das BAG hat in seinem Urteil durch die Blume angemerkt, dass der „Arbeitnehmer“ sich zu schnell auf den Vortrag der Gegenseite eingelassen hat. Mit einem differenzierteren Vortrag hätte er es dem „Arbeitgeber“ im arbeitsgerichtlichen Verfahren schwerer machen können, seine Rückforderung geltend zu machen. Es gilt immer im Kopf zu behalten, dass das Arbeitsrecht nicht unbedingt dem Sozialversicherungsrecht gleicht. Insbesondere für Journalisten und für Beschäftigte im Rundfunk könnte dies von Bedeutung sein.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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