Fristlose Kündigung wegen krankem Kind bei der Arbeit?

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Wer ein krankes Kind zu Hause hat, das betreut werden muss, steckt oft in einem Interessenkonflikt: zu Hause bleiben oder zur Arbeit gehen und das kranke Kind mitnehmen? Ein krankes Kind mit zur Arbeit zu nehmen ist allerdings nur dann eine „gute Idee“, wenn der Arbeitgeber damit einverstanden ist. Denn ein krankes Kind mit zur Arbeit zu nehmen ist in allen anderen Fällen eine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis.

Aber rechtfertigt eine solche Pflichtverletzung eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber? Darüber urteilte 2019 das Arbeitsgericht Siegburg (ArbG Siegburg, Urteil v. 4.9.2019, Az.: 3 Ca 642/19).

Pflichtverletzung im Arbeitsvertrag kann zu (fristloser) Kündigung führen

Ein Arbeitgeber kann einen Arbeitnehmer bzw. dessen Arbeitsvertrag kündigen. Je nach Situation ist eine ordentliche Kündigung möglich, die mit einer Kündigungsfrist ausgesprochen wird und für die ggf. ein Kündigungsgrund vorliegen muss.

Aber auch eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist ist als „fristlose Kündigung“ möglich. In diesem Fall muss ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegen (§ 626 Abs. 1 BGB), der es für den Arbeitgeber unzumutbar macht, den Arbeitnehmer während einer Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

Gab es eine Pflichtverletzung durch einen Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis und hat der Arbeitgeber daraufhin fristlos gekündigt gibt es oft Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: War die Pflichtverletzung so gravierend, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist?  

Krankes Kind mit zur Arbeit nehmen = Pflichtverletzung 

Dass man ein krankes Kind nicht einfach mit zur Arbeit nehmen kann, wenn der Arbeitgeber nicht ausdrücklich einverstanden ist, ist den meisten Arbeitnehmern wohl klar. Tut man das dennoch, ist das Mitbringen des Kindes eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten – das steht fest.

Fragt sich, ob das Mitbringen des kranken Kindes an den Arbeitsplatz eine so schwerwiegende Pflichtverletzung ist, dass der Arbeitgeber deswegen fristlos kündigen kann. Oder reicht in dieser Situation nicht eine Abmahnung aus?

Fall vor dem Arbeitsgericht Siegburg

Einen solchen Fall entscheid das Arbeitsgericht Siegburg: Eine Altenpflegerin hatte in der Probezeit ihre kranken Kinder ohne Einverständnis des Arbeitgebers mit zur Arbeit gebracht. Einige Tage später wurde sie selbst krank und blieb zu Hause. Der Arbeitgeber reagierte darauf mit einer fristlosen Kündigung. Sie habe unerlaubt ihre kranken Kinder mit in die Arbeit gebracht.

Diese fristlose Kündigung wollte die Frau nicht auf sich sitzen lassen und erhob Kündigungsschutzklage. Sie wollte festgestellt wissen, dass die fristlose Kündigung nicht rechtmäßig war, sondern dass der Arbeitgeber eine Kündigungsfrist hätte einhalten müssen.

Die Arbeitnehmerin bekam Recht. Die kranken Kinder mit in die Arbeit zu bringen, ist eine Pflichtverletzung, so die Richter. Aber einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung konnte das Gericht darin nicht erkennen. Das Verhalten sei zwar im konkreten Fall wegen der Ansteckungsgefahr für Kollegen und ältere Patienten problematisch. In einem solchen Fall würde aber dennoch eine Abmahnung ausreichend sein, wenn so etwas das erste Mal im Arbeitsverhältnis vorkommt.

Der Sieg vor Gericht brachte der Arbeitnehmerin allerdings nicht viel. Da sie sich in der Probezeit dieses Fehlverhalten geleistet hatte, konnte ihr der Arbeitgeber ohne Kündigungsgrund mit einer Frist von zwei Wochen ordentlich kündigen.  

Welche Auswirkungen hat das Urteil? 

Die Richter gaben klar zu erkennen, dass das Mitbringen von kranken Kindern eine Pflichtverletzung im Arbeitsvertrag ist, wenn der Arbeitgeber nicht damit einverstanden ist. Kommt es allerdings erstmalig zu einer solchen Pflichtverletzung, ist nach Auffassung der Richter eine Abmahnung ausreichend - eine (fristlose) Kündigung schießt hingegen rechtlich über das Ziel hinaus und ist deshalb unwirksam.

Letztlich muss ein Arbeitnehmer sich auch nicht in diese Zwickmühle begeben. Denn sind Kinder betreuungsbedürftig krank, darf man als Arbeitnehmer zu Hause bleiben, um die Kinder zu pflegen. Als Arbeitnehmer kann man sich gem. § 616 BGB auf „vorübergehenden Verhinderung“ berufen.  

Fristlose Kündigung? Ich unterstütze Sie gerne! 

Ihnen wurde fristlos gekündigt? Sie glauben, ein wichtiger Grund dafür lag nicht vor? Ich kläre das gerne für Sie und erhebe ggfs. Kündigungsschutzklage. Kontaktieren Sie mich gerne unter 0821 508 526 60 oder über das anwalt.de-Kontaktformular.


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