Gefährderansprache oder Gefährderanschreiben erhalten – was nun? [Update 18.3.24]

  • 3 Minuten Lesezeit

Aktuell stehen ein Schulleiter aus Mecklenburg-Vorpommern und die Polizei des Bundeslandes im Fokus, weil sie ein junges Mädchen (s.u.) nicht nur angeschwärzt, sondern, soweit ersichtlich, rechtswidrig einer Gefährderansprache unterzogen haben. Das muß geahndet werden. Das ist zum Glück aber nicht der Alltag. Übergriffige Gefährderansprachen dagegen schon.

Situation: 

Sie haben durch die Polizei mündlich oder schriftlich eine Gefährderansprache erhalten, in denen Ihnen nahegelegt wurde ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen oder an einer bestimmten Veranstaltung nicht teilzunehmen. Man habe Sie im Blick. Häufig kommt es zu einer Gefährderansprache, wenn sie durch den Besitz von Kinderpornographie auffällig geworden sind, Rahmen von Sexualstraftaten oder strafbarem Stalking (Nachstellung, § 238 StGB). Das wird subjektiv als sehr unangenehm und übergriffig empfunden – zu Recht! Doch was bedeutet diese Gefährderansprache nun für Sie?

Was ist eine Gefährderansprache?

Die Gefährderansprache, oder auch das Gefährderanschreiben (wenn es schriftlich ergeht), ist eine Maßnahme zur Verhütung oder vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten. Ein potenzieller Gefahrenverursacher wird ermahnt, Störungen der öffentlichen Sicherheit zu unterlassen. Ziel ist es eine bestimmte Person dazu zu veranlassen, sich von einer bestimmten Aktion fernzuhalten; insbesondere sich nicht an Straftaten zu beteiligen. Die Polizei signalisiert dem Adressaten damit, dass sie eine konkrete Gefährdungslage erkannt haben will. In manchen Polizeigesetzen ist die Gefährderansprache ausdrücklich geregelt. Es können sogar Dritte angesprochen werden, sog. Gefährdetenansprache, die bei Sexualdelikten in Betracht kommt, § 29 PolizeiG BW. Das kann Partnerschaften zerstören, so dass Betroffene im Vorwege anwaltichen Rat einholen sollten.

  • Sogar Minderjährige sind Ziel von Gefährderansprachen. In diesen Fällen müssen die Erziehungsberechtigten anwesend sein! Spektakuläres polizeiliches und schulisches Fehlverhalten ist derzeit in Mecklenburg-Vorpommern  zu beobachten. Dort war ein erst 16jähriges Mädchen ohne jeden Grund einer solchen Maßnahme unterworfen worden. Das Verhalten war - soweit hier ersichtlich - grob unverhältnismäßig, willkürlich und damit deutlich rechtswidrig. Zum Glück hat die Presse umfänglich über diese Machenschaften berichtet. Tatsächlich gibt es keine entsprechende Regelung im Polizeigesetz des Bundeslandes - ausgerechnet diese Gesetz wurde schon vom Bundesverfassungsgericht als teilweise verfassungswidrig angesehen. Das Polizeigesetz z.B. von Niedersachen regelt ausdrücklich die Anwesenheitsnotwendigkeit der Eltern.

Muss ich mich daran halten? 

Eine Gefährderansprache entfaltet keine Bindungswirkung. Jedoch wird Ihnen durch eine solche Ansprache klargemacht, dass Sie unter besonderer Beobachtung stehen. Daher ist Vorsicht geboten.

Was tun? 

Mangels Regelungscharakter handelt es sich bei einer Gefährderansprache nicht um einen Verwaltungsakt, so dass nur eine sog. negative Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO in Betracht kommt. Aber: Man kann anwaltlich aktenkundig machen, dass man mit dieser Form der Kontaktaufnahme nicht einverstanden ist und sich alle Rechte vorbehält. Das können wir übernehmen.

Zum Rechtsweg: Nicht jedes polizeiliche Handeln stellt einen Eingriff in die Grundrechte des Einzelnen dar. Daher ist im Rahmen der Begründetheitsprüfung festzustellen, ob im konkreten Einzelfall überhaupt ein Grundrecht betroffen ist und eine Klage Aussicht auf Erfolg hat.

Eine Klage gegen eine Gefährderansprache kann Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie in der Öffentlichkeit ausgesprochen wurde, wo unbeteiligte Dritter auch Kenntnis davon erlangen oder wenn die Gefährderansprache geeignet ist, Sie von einem bestimmten, an sich erlaubten Verhalten abzuhalten. Sie ist auch möglich, wenn Ihnen angedroht wird, Dritte (z.B. den neuen Partner) anzusprechen, sog. Gefährdetenansprache.

Die Tatsache, dass sie in der Vergangenheit irgendwann mal auffällig geworden sind, berechtigt nicht allein zu einer Gefährderansprache! Wichtig sind die konkreten Umstände des Einzelfalles, anhand derer die Polizei eine potentielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit erkannt haben will.

Wir übernehmen gerne eine Prüfung Ihres Falles sowohl bei Gefährderansprache als auch bei angekündigter Gefährdetenansprache und erläuern Ihnen, was der Grund für Ihre Ansprache gewesen sein kann. Keine falsche Scham! Wir beraten bundesweit - auch per Telefon, Mail und WhatsApp.

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Dr. Daniel Kötz ist Fachanwalt und kennt sich daher mit dem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht sehr gut aus.

Foto(s): Frank Beer

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