Gefährlichkeitsfeststellung: Gilt ein Hund bereits nach erstmaligem Beißvorfall als gefährlich?

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Gefährlichkeitsfeststellungsverfahren Niedersachsen 

OVG Lüneburg, AZ.: 11 ME 423/11

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat gegensätzlich zur erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Osnabrück (6 B 96/11) entschieden, dass ein Hund schon nach einem einmaligen Beißvorfall als gefährlicher Hund im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 NHundG einzuordnen ist.

Sachverhalt 

Im vorliegenden Fall hatte der zunächst als Staffordshire Terrier, später als Boxermischling, eingeordnete Hund, ein Grundstück verlassen, auf welchem er sich besuchsweise befand und einen Jack-Russel-Terrier gebissen, der über die angrenzende Straße gelaufen war. Der Terrier erlitt dabei eine blutende Bisswunde am Ohr, die von dem behandelnden Tierarzt geklammert werden musste. Der Feststellungsbescheid über die Gefährlichkeit des Hundes wurde mit diesem einmaligen Vorfall begründet.

Entscheidung 

Das Verwaltungsgericht hatte in dem erstinstanzlichen Eilrechtsschutzverfahren festgestellt, dass es für die Gefährlichkeitsfeststellung nicht ausreiche, dass der Hund erstmalig einen anderen Hund gebissen habe. Es bedürfe vielmehr weiterer Hinweise darauf, dass bei dem Hund ein gesteigertes, über ein artgerechtes (Beiß-) Verhalten hinausgehendes, Aggressionsverhalten vorliege. 

Das Oberverwaltungsgericht war hier jedoch anderer Ansicht. Nach ständiger Rechtsprechung würde das Gesetz im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 NHundG a. F., als Vorgängerregelung des § 7 Abs. 1 NHundG, ausgelegt werden. Demzufolge gelte ein Hund schon dann als gefährlich, wenn der bloße Verdacht der Gefährlichkeit bestünde. Es reiche bereits aus, dass der Hund ein anderes Tier gebissen und mehr als unerheblich verletzt hat. Daher bedürfe es einer weitergehenden Prüfung der Gefährlichkeit des Hundes nicht. Die Regelung diene der Gefahrenabwehr, die nur effektiv gewährleistet werden könne, wenn die Behörde ohne gesteigerte Prüfungsanforderungen die Gefährlichkeit des Hundes nach einmaligem Vorfall feststellen könne. Ausnahmen und Einschränkungen von dieser Regelung sollen nicht bereits auf der Tatbestandsebene, sondern auf Rechtsfolgenseite resultieren. Zum Beispiel durch einen Wesenstest, in dem der Hund unter anderem einem Leinenzwang ausgesetzt werden kann.

Folglich liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 LHundG bereits nach einem erstmaligen Beißvorfall, bei dem das andere Tier nicht unerheblich verletzt wurde, vor. Eine Ausnahme von der Regelung kann dann gemacht werden, wenn die Verletzung im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs etwa eines Dienst-, Wach- oder Jagdhundes erfolgte oder es sich bei der Verletzung eines anderen Tieres offensichtlich um ein artgerechtes Abwehrverhalten handelte. Vorliegend war ein solches allerdings nicht erkennbar. 

Demnach war der Feststellungsbescheid rechtmäßig und der Antrag zurückzuweisen.


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