Gefälligkeiten am Bau

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Das kann für den Auftragnehmer gefährlich werden.

Gefälligkeiten am Bau sind rechtlich gefährlich, obwohl sie immer wieder praktiziert werden. Vielen ist nicht bewusst, welche Konsequenzen mit einer Gefälligkeit einhergehen, da viele der Auffassung sind, dass eine solche Gefälligkeit rechtlich unbedenklich ist und keine Folgen hat. Vom Wortsinn liegt eine Gefälligkeit vor, wenn eine Person zu Gunsten einer anderen eine Leistung erbringt oder zur Verfügung stellt, ohne dass hierfür ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung erbracht werden soll. Derjenige, der die Gefälligkeit erbringt, geht davon aus, dass diese Gefälligkeit unverbindlich ist und auf der anderen Seite aufgrund dieser Unverbindlichkeit eben keine Inanspruchnahme seiner Person resultiert. Grundsätzlich wird die Gefälligkeit von je her als ein kleiner, aus Freundlichkeit oder Hilfsbereitschaft erwiesener Dienst verstanden. Folglich ist die Überraschung um so größer, wenn bei einem Schadensereignis die Gefälligkeit zur Haftung führt.

Um das Ergebnis vorweg zu nehmen, ist es so, dass auch bei einer reinen Gefälligkeit rechtlich eine Haftung des Leistenden entstehen kann. Diese Rechtsprechung für Gefälligkeiten am Bau wurde aus der Architektenhaftung entwickelt, die bis heute durch die Rechtsprechung fortgeführt wird. So gibt es hierzu verschiedene Fälle in der Rechtsprechung. Ein Rechtsfall soll hierzu exemplarisch angeführt werden, welche der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle mit Urteil vom 19. Juni 2001 zugrunde liegt. Eine alleinerziehende Mutter bedient sich bei der Errichtung eines Einfamilienhauses der Hilfe einer befreundeten Architektin. Die Architektin übernimmt kostenlos die Bauleitung. Am Gebäude tritt infolge einer mangelhaften Dränage ein Schaden von mehr als 75.000,00 € auf. Der Sachverständige stellt fest, dass die Architektin eine ordnungsgemäße Bauüberwachung nicht durchgeführt hat. Die Bauherrin nimmt die Architektin auf Schadensersatz in Anspruch. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Celle verurteilen die Architektin dem Grunde und der Höhe nach zu Schadensersatz. In seinen Entscheidungsgründen stellt das Oberlandesgericht Celle ausdrücklich fest, dass Schadensersatzansprüche auch aus einem Gefälligkeitsverhältnis entstehen können. Hierzu muss kein Vertragsverhältnis vorliegen. Zwar begründen Abreden, die ausschließlich auf einem außergerichtlichen Geltungsgrund, wie Freundschaft bestehen, kein Schuldverhältnis, da dies den Willen voraussetzt, eine Rechtsbindung einzugehen. 

Etwas anderes gilt aber hier. Hier ist der Rechtsbindungswille maßgebend. Für den Rechtsbindungswillen kommt es dabei nicht allein auf den inneren Willen des Leistenden, sondern vielmehr darauf an, wie sich sein Verhalten einem objektiven Dritten darstellt. Ein Rechtsbindungswille kann daher auch bei unentgeltlichem und uneigennützigem Handeln anzunehmen sein. Dies setzt voraus, dass der Begünstigte sich erkennbar auf die Zusage des Handelnden verlässt und erkennbare wirtschaftliche Werte für den Begünstigten auf dem Spiel stehen. Deshalb hat das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass die Architektin aufgrund der überragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer sorgfältigen Bauüberwachung nach den gleichen Maßstäben haftet, wie ein vertraglich gebundener Architekt.

Dieses Urteil des Oberlandesgerichts Celle steht auch in der Tradition des Bundesgerichtshofes, der schon mit Urteil vom 11. Januar 1996 kurz und knapp darauf hingewiesen hat, dass ein Architekt immer dann, wenn er für einen Vertragspartner Aufgaben übernimmt, die er nach dem Vertrag nicht schuldet, er dennoch für die dabei entstandenen Schäden und Mängel einzustehen hat. Dieses Urteil des Bundesgerichtshofes muss jedem Bauleistenden eine ausdrückliche Warnung sein. Wer mehr tut, als er tun müsste, bekommt dafür kein Geld, begibt sich jedoch in ein großes Haftungsrisiko. Jeder Bauleistende sollte sich vor derartigen Gefälligkeitsleistungen hüten und deshalb sollte auch der Auftragnehmer sich nicht auf Gefallen einlassen.

Man erlebt es immer wieder, dass Auftragnehmer entweder dem Bauherrn, dem Architekten oder dem Bauleiter des Vertragspartners Gefälligkeiten gegenüber erbringen, die ein hohes Haftungsrisiko beinhalten. Letztlich geben die Auftragnehmer dem Drängeln der aufgeführten Personengruppen aus welchen Gründen auch immer nach. Dies ist aber nur eine Scheinruhe, da im Konfliktfall die Haftung zuschlägt.

Jedem Auftragnehmer sollte klar sein, wenn er mehr an Leistung ausführt, als er muss, sich sein Haftungsrisiko erhöht und er hierfür eine Zahlung nicht verlangen kann. Denn über eins muss man sich im Klaren sein. Wenn man aus Unkenntnis versucht, sich auf eine Gefälligkeit zu berufen, so ist klar, dass man hierfür keinen Werklohnanspruch ansetzen kann, wohl aber sich nur zusätzliche Haftungsrisiken einhandelt. Ziel ist jedoch die Risikominimierung.

Umgekehrt kann ein Auftragnehmer seiner Haftung nicht dadurch entgehen, dass er sich auf eine Gefälligkeit beruft und die ausgeführten Arbeiten nicht in Rechnung stellt. Dies muss nach der Darstellung der Rechtslage auch jedem deutlich sein. Deshalb ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass am Bau keine Gefälligkeiten erbracht werden sollten. Hierauf müssen auch die entsprechenden Personen, die eine solche Gefälligkeit vom Auftragnehmer abfordern, hingewiesen werden. Es gibt hierzu genug Negativbeispiele, wo versucht wird, Gefälligkeiten vom Auftragnehmer zu verlangen, um Planungsfehler des Architekten zu überdecken. Denn meist versucht der Architekt Planungsmängel dadurch nachzubessern, indem er vom Auftragnehmer Leistungen fordert, um den Planungsmangel zu kaschieren. Wenn dies schiefgeht, steht der Auftragnehmer ganz alleine im Schussfeld, da Ausführungsmängel bei einer Gefälligkeitsleistung ihn nicht vor der Haftung bewahrt. Der Architekt ist meistens fein raus, da er sich seiner Haftpflichtversicherung bedienen kann. Der Auftragnehmer steht alleine dar und muss den Schaden aus eigener Tasche zahlen. Es bietet sich insbesondere bei Planungsmängeln an, dass der Auftragnehmer seine Rechte geltend macht und auf jeden Fall Bedenken anmeldet. Durch diese Bedenkenanmeldung fährt der Auftragnehmer besser als mit gefälligem Verhalten gegenüber dem technischen Personal wie Architekten oder Bauleiter. Auch mit Gefälligkeiten gegenüber dem Bauherrn sollte sich der Auftragnehmer zurückhalten, da Bauherren dazu neigen, die Verantwortlichkeit für Mängel immer bei anderen zu suchen, obwohl sie gerade regelwidrige und preiswerte Lösungen von den einzelnen Gewerken fordern. So muss der Auftragnehmer standhaft bleiben, wenn der Bauherr aus optischen Gründen Gefälligkeiten verlangt, die jedoch von den Regeln der Technik abweichen. Dann hat der Bodenleger sofort einen Mangel produziert.

Deshalb gilt: Gefallen können gefährlich sein.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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