Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren

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Der Fall

Nach Sonnenuntergang verfolgen zwei Polizisten innerhalb einer geschlossenen Ortschaft einen Kraftfahrer. Der nicht geeichte Tachometer ihres Dienstfahrzeuges zeigt 110 km/h an. Die Ordnungsbehörde verhängt gegen den Betroffenen ein Bußgeld von 320 € und ein Fahrverbot von 1 Monat. Der Kraftfahrer erhebt Einspruch. Das Amtsgericht verurteilt den Kraftfahrer wegen gefahrener 82,5 km/h. Der Betroffene erhebt Rechtsbeschwerde vor dem Oberlandesgericht.

Die Rechtslage

Die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren ist grundsätzlich anerkannt. Aber nicht geeichte Tachometer sind ungenau. Deshalb nimmt die Rechtsprechung einen Toleranzabzug von 25 % vor. Aus den 110 km/h wurden so 82,5 km/h. Aber auch eine Überschreitung von 32,5 km/h innerorts rechtfertigt die Verhängung eines Bußgeldes und des Fahrverbots.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht (OLG) hob die Entscheidung auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück. Bloßes Nachfahren sei kein standardisiertes Messverfahren. Dieser Mangel lasse sich nicht allein durch einen hohen Toleranzabzug heilen. Das Amtsgericht müsse die genauen Umstände des Nachfahrens feststellen, insbesondere wie lange und in welchem Abstand die Beamten dem betroffenen Kraftfahrer folgten. Nach Sonnenuntergang seien auch genaue Feststellungen zur Sichtbarkeit des vorausfahrenden Fahrzeugs zu treffen. Mangels genauer Feststellungen habe das Urteil aufgehoben werden müssen (OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.2017, 4 RBs 94/17).

Fazit

Bei standardisierten Messverfahren ist der Begründungsaufwand im Fall einer Verurteilung gering. Dagegen sind alle anderen Messverfahren grundsätzlich zweifelhaft. Wird eine Verurteilung auf zweifelhafte Messmethoden gestützt, ist die Entscheidung dezidiert zu begründen. Denn es gilt: Im Zweifel für den Angeklagten. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist daher richtig.

Tipp

Praktisch jede Form der Geschwindigkeitsmessung bietet in einem gerichtlichen Verfahren Angriffspunkte. Insbesondere wenn Punkte oder gar ein Fahrverbot verhängt werden, lohnt es sich hiergegen vorzugehen. Die Kosten eines solchen Verfahrens trägt jede gute Rechtschutzversicherung. Wenden Sie sich daher bereits mit dem ersten Anschreiben an den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens.

Dr. Christian Sieg’l

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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