Gesetzesänderung: Ab 01.11.2022 keine Benachteiligung von Neukunden in der Grundversorgung mehr

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Nicht nur die Gas- und Benzinkosten steigen nach wie vor in ungeahnte Höhen. Selbiges gilt seit geraumer Zeit bereits auch für die Strompreise. Bereits im Frühjahr dieses Jahres hatte dies zur Folge, dass vielen Stromkunden seitens ihres Versorgers die Lieferverträge gekündigt wurden. Da der Wechsel zu einem anderen Stromlieferanten durch die allgemeine Lage am Markt erheblich schwerer geworden ist, führte dies wiederum dazu, dass viele Endabnehmer letztlich dann wieder durch den lokalen Grundversorger mit Strom beliefert wurden, der auch ohne Vertrag automatisch eine sog. Ersatzlieferung gewährleistet, damit sichergestellt ist, dass jedermann einen gesicherten Zugang zu Energie hat. So weit, so gut.

Die gängige Praxis der Energieversorger sieht jedoch vor, dass der – mehr oder weniger freiwillige – Neukunde erst nach Ablauf von drei Monaten von der sog. Ersatzlieferung in die Grundversorgung fällt. Bisher war eine Differenzierung zwischen diesen beiden Begriffen jedoch eher unmaßgeblich, denn die Ersatzversorgung durfte nicht teurer sein als die Grundversorgung.

Um nun jedoch die deutlich höheren Beschaffungskosten am Markt an die Kunden weitergeben zu können, ging einige der Energieversorger allerdings in jüngster Vergangenheit dazu über, sog. Neukundentarife einzuführen, was für die Neukunden oftmals mit erheblich höheren Kosten als für Bestandskunden verbunden war. In welcher Weise ein derartiges Verhalten der Energielieferunternehmen juristisch zu beurteilen sei, wurde dabei von den Gerichten in der Vergangenheit oftmals unterschiedlich bewertet.

Wie extrem die unterschiedliche Behandlung von Neu- und Bestandskunden dabei ausfallen konnte zeigt eindrucksvoll das Beispiel des Energielieferanten Mainova. Dieses Unternehmen forderte tatsächlich Neukundenaufschläge von bis zu 245 Prozent. Die Kosten für Neukunden in der Ersatzlieferung und Grundversorgung betrugen Anfang Januar beispielsweise 79,88 Cent pro Kilowattstunde, während Bestandskunden 32,61 Cent zahlten.

In seiner grundlegenden Entscheidung vom 14.02.2022 (Az.: 3-06 O 6/22) hat jedoch das Landgericht Frankfurt am Main diesem Geschäftsgebaren der Energielieferunternehmen einen deutlichen Riegel vorgeschoben und es untersagt, von Neukunden in der Ersatzlieferung und Grundversorgung höhere Preise zu verlangen, als von Bestandkunden. Das Gericht sah in der Ungleichbehandlung von Neu- und Bestandskunden einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen §§ 36 Abs. 1 S. 1, 38 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und untersagte diesem Unternehmen per einstweiliger Verfügung, für das Netzgebiet zum einen allgemeine Preise für die Versorgung öffentlich bekannt zu machen und/oder anzubieten, deren Höhe je nach Beginn der Ersatzlieferung bzw. Grundversorgung unterschiedlich sind. Zum anderen dürften keine Preise abgerechnet und/oder verlangt werden, die je nach Beginn der Ersatzlieferung bzw. Grundversorgung von den Arbeitspreisen der Bestandkunden abweichen. Das Landgericht Frankfurt wertete dabei das Vorgehen des Unternehmens als Ausnutzung der Zwangslage „gestrandeter“ Stromkunden.

Seit dem 01.11.2022 hat nun auch der Gesetzgeber auf die bestehende Situation reagiert und bestimmt, dass ab sofort Energieunternehmen ihren Neukunden in der Grundversorgung dieselben Preise anbieten müssen, wie ihren Bestandskunden. Divergierende Preisgestaltungen sind somit ab diesem Stichtag bundesweit durch das EnWG verboten und somit unzulässig. Auch bereits bestehende Verträge müssen entsprechend angepasst werden, wenn sie bereits vor dem 28.07.2022 abgeschlossen wurden.

Dies sind natürlich zunächst gute Nachrichten für alle Endverbraucher, doch gilt zu beachten, dass nunmehr der bereits vorstehend erläuterten Unterscheidung zwischen Ersatzlieferung und Grundversorgung wieder eine gesteigerte Bedeutung zukommt, denn das Gesetz bezieht sich – anders als das Landgericht Frankfurt in seiner oben genannten Entscheidung – nur auf die Grundversorgung. Die Ersatzlieferung, also die dreimonatige Versorgung des Endverbrauchers ohne Vertrag durch den lokalen Grundversorger (bei Insolvenz des vorherigen Anbieters etwa), bleibt hiervon unberührt.

Die Kosten der Ersatzlieferung können – und werden – auch zukünftig wesentlich höher sein, als die nunmehr gedeckelten Tarife der Grundversorgung, so dass es empfehlenswert ist, so bald als möglich durch Vertrag von der Ersatzlieferung in den Status der Grundversorgung zu gelangen. Gesetzlich bleiben die Energielieferungsunternehmen allerdings auch weiterhin lediglich verpflichtet, Neukunden erst nach Ablauf von drei Monaten in den Grundversorgungstarif zu übernehmen.


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