Eigenbedarfskündigung vs. unzumutbare Härte

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Stellen Sie sich vor, Sie sind Eigentümer einer Wohnung und benötigen diese für sich oder einen nächsten Angehörigen zur eigenen Nutzung. Was dann in der Regel folgt, ist die Kündigung wegen Eigenbedarfs. Sodann erreicht Sie in der Regel ein Widerspruch des Mieters, der die Wirksamkeit der Kündigung anzweifelt und ggf. angibt, auf die Wohnung angewiesen zu sein. Oftmals passiert sodann bis zum Ablauf der Kündigungsfrist respektive Erhebung einer Räumungsklage erst einmal lange, lange nichts …


Hierzu hat das Landgericht Berlin (Urteil vom 28.09.2023 - 67 S 101/23) eine interessante Entscheidung getroffen, die für die Praxis durchaus Relevanz hat. Denn, immer wieder wird im sodann seitens des Vermieters irgendwann erhobenen Räumungsprozess der Härteeinwand des § 574 Abs. 2 BGB vorgetragen, nämlich dass man keinen angemessenen Ersatzwohnraum finden kann.


Das Landgericht Berlin führt hierzu im Kern aus:


Kann ein Mieter nach einer Eigen­bedarfs­kündigung keinen angemessenen Ersatzwohnraum finden, so greift der Härteeinwand des § 574 Abs. 2 BGB nur, wenn der Mieter seit dem Kündigungszugang Anmietbemühungen entfaltet hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Mieter Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung hat.


Mit dieser Entscheidung kann dem Härteeinwand jedenfalls dann die Grundlage entzogen werden, wenn der Mieter nicht nachweisen kann, ab Erhalt der Eigenbedarfskündigung nachweisbar bereits Anmietungsbemühungen entfaltet zu haben.


Für Mieter bedeutet die Entscheidung, sich unmittelbar nach Erhalt einer Kündigung wegen Eigenbedarfs vorsorglich und nachweisbar zügig um eine neue Wohnung zu bemühen, sprich sich diesbezüglich an Bekannte, Verwandte und private wie auch öffentliche Stellen zu wenden und dies akribisch zu dokumentieren. Nur so kann der Mieter im Rahmen eines späteren Räumungsprozesses verhindern, dass ihm der Härteeinwand des § 574 Abs. 2 BGB nicht versagt wird, weil er sich ggf. nicht rechtzeitig um Ersatzwohnraum gekümmert hat.


In der vorliegenden Entscheidung hatte der Mieter erst knapp zwei Jahre nach Ausspruch der Eigenbedarfskündigung und über ein Jahr nach Ablauf der Kündigungsfrist mit der Wohnungssuche angefangen; also recht spät. Die Grundsätze der seitens der Rechtsprechung nach Erhalt einer Eigenbedarfskündigung zügig geforderten Bemühungen des Mieters um Ersatzwohnraum, dürften jedoch auch auf Fälle anzuwenden sein, die deutlich unter solchen Zeiträumen liegen. Dem Mieter ist daher vorsorglich zu empfehlen,  tatsächlich ab dem Zeitpunkt des Kündigungszugangs die Anmietbemühungen zu entfalten.  


Für Vermieter bedeutet dies hingegen, im Rahmen eines Räumungsprozesses wegen einer Eigenbedarfskündigung im Falle der Erhebung des Härteeinwandes durch den Mieter, dessen sofortige Bemühungen um neuen Wohnraum konkret ab dem Zeitpunkt des Kündigungszugangs genau unter die Lupe zu nehmen.


Die Entscheidung erscheint im Kern konsequent:


Die Interessen des Vermieters an einer Eigenbedarfskündigung und des Mieters, eine neue angemessene Wohnung zu finden, werden beiderseits berücksichtigt. Wer eine Kündigung erhält und sich auf einen Härtefall berufen möchte, müsste insofern auch relativ einfach darlegen können, in welcher Form er sich zeitnah nach Erhalt der Kündigung um neuen Wohnraum überhaupt gekümmert hat. Hinsichtlich des genauen Beginns der Bemühungen und deren konkreten Ausmaßes dürfte es hingegen bei weitere Einzelfallbetrachtungen verbleiben.




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