Gewalt in der Ehe - Wie schnell geht die Scheidung?

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Für Betroffene von Gewalt in der Ehe stellt sich immer die Frage, wie lange es dauert, sich scheiden zu lassen. In diesem Artikel erfahren Sie kurz und kompakt, unter welchen Voraussetzungen Sie sich scheiden lassen können und welche Besonderheiten es dabei für Gewalt in der Ehe gibt.


A. Die normale Scheidung der Ehe

B. Die schnelle Scheidung ohne Trennungsjahr

C. Verhaltenstipps


A. Die normale Scheidung der Ehe

Voraussetzung für die Scheidung ist grundsätzlich, dass die Ehe gescheitert ist. Dabei gibt es zwei Fälle, die zur Scheidung führen:

1. Fälle, in denen eine unumstößliche Vermutung für das Scheitern der Ehe besteht,

2. Fälle, in denen das Gericht das Scheitern der Ehe feststellt.


1. Unumstößliche Vermutung für das Scheitern der Ehe

Eine unumstößliche Vermutung für das Scheitern der Ehe besteht dann, wenn die Ehepartner

  • drei Jahre getrennt leben oder
  • ein Jahr getrennt leben und beide die Scheidung wollen.

Getrenntleben bedeutet, dass keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr besteht. Dies ist offensichtlich, wenn ein Partner aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist. Wenn beide noch in derselben Wohnung leben, können sie aber trotzdem rechtlich getrennt leben, wenn sie getrennt schlafen, getrennt essen und nicht zusammen wirtschaften. Kleinere Gemeinsamkeiten am Rande wie Putzen oder Wäsche waschen werden nicht berücksichtigt. 


2. Feststellung des Scheiterns der Ehe durch das Gericht

Wenn die Ehepartner mindestens ein Jahr getrennt leben, aber nur einer von beiden die Scheidung will, kann dieser Ehepartner die Feststellung des Scheiterns der Ehe durch das Gericht beantragen.

Das Gericht spricht dann die Scheidung aus, wenn

  • die Lebensgemeinschaft der Ehepartner nicht mehr besteht und
  • nicht damit zu rechnen ist, dass die Ehepartner wieder zueinander finden werden (hierzu ist ausreichend, dass einem Ehepartner jegliche Versöhnungsbereitschaft fehlt)

Wenn Sie als Betroffener von Gewalt in der Ehe die Scheidung wollen, ist daher die längste Zeitspanne bis zum Scheidungsverfahren ein Jahr. Es geht aber auch noch schneller.


B. Schnelle Scheidung ohne Trennungsjahr

Neben der normalen Scheidung der Ehe gibt es noch die Möglichkeit der Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres. Ob diese möglich ist, hängt immer davon ab, ob die Fortsetzung der Ehe aus der Sicht des Gerichtes für Sie unzumutbar ist. Dies ist bei schwerer körperlicher Gewalt in der Regel der Fall. Aber selbst wenn die Gewalttaten hierfür nicht ausreichen sollten, gibt es zusätzlich eine Reihe weiterer Umstände, die eine schnelle Scheidung möglich machen.

Bei diesen Handlungen Ihres Ehepartners können Sie sich ohne Trennungsjahr scheiden lassen:

  • Schwere körperliche Misshandlungen,
  • Vergewaltigung,
  • Morddrohungen,
  • Schwerer Alkoholmissbrauch,
  • Mehrjähriger Drogenmissbrauch,
  • Straftaten Ihres Ehepartners Ihnen oder Ihren Verwandten gegenüber,
  • Schwere Beleidigungen,
  • Beziehung zu einer anderen Person, welche zu einer Schwangerschaft geführt hat.

Möglich kann eine schnelle Scheidung auch dann sein, wenn Sie aufgrund des unerträglichen Verhaltens des Ehepartners einen Suizidversuch unternommen haben.


C. Verhaltenstipps

1. Sammeln Sie Beweise für die Gewalttaten Ihres Ehepartners

Wenn Sie die Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres erreichen wollen, sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, die Gewalttaten Ihres Ehepartners zu beweisen.  Daher ist es wichtig, auch in derartigen Ausnahmesituationen einen kühlen Kopf zu bewahren.

Schalten Sie nach den Gewalttaten die Polizei ein und lassen Sie sich im Krankenhaus untersuchen. Bestehen Sie darauf, dass Fotos von Ihren Verletzungen gemacht werden. Falls andere Personen die Gewalttaten mitbekommen, merken Sie sich deren Namen, damit diese im Scheidungsverfahren als Zeugen auftreten können.


2. Keine Annäherung an den Ehepartner

Die Härtefallregelung des § 1565 Abs. 2 BGB sorgt dafür, dass Sie das Trennungsjahr nicht abwarten müssen. Trotzdem muss immer noch die Ehe gescheitert sein, damit das Gericht die Scheidung ausspricht. Wenn Sie sich nach den Gewalttaten so verhalten, als hätten Sie vor, es doch nochmal mit Ihrem Ehepartner zu versuchen, dann gilt die Ehe als nicht gescheitert.

Beispiel:

Eine Frau wurde im Beisein ihres Sohnes von ihrem Ehemann vergewaltigt. Die im Anschluss eingeschaltete Polizei ermittelte, dass auch der Sohn in der Vergangenheit immer wieder vom Vater missbraucht worden war. Die Frau beantragte die schnelle Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres. Zwei Monate später schrieb die Frau dem Mann einige Briefe. Darin standen Sätze wie „Hallo mein dummer alter Bär“ und „Für dich wird immer ein Platz in meinem Herzen freibleiben“.

Aus diesen Äußerungen ergab sich für das Oberlandesgericht Brandenburg, dass die Ehepartner doch noch zueinanderfinden könnten (trotz der Vergewaltigung und des jahrelangen Missbrauchs des Sohnes!). Der Scheidungsantrag wurde daraufhin abgewiesen.


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Foto(s): Copyright: vadimgozhda

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