Gewinne aus Online-Pokerspielen können steuerpflichtige gewerbliche Einkünfte darstellen

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In einem jüngst veröffentlichten Urteil hat sich das Finanzgericht Münster erstmalig mit der einkommensteuerlichen Behandlung von Gewinnen aus Online-Pokerspielen beschäftigt (Az. 11 K 3030/15 E, G). Abhängig vom Umfang, der Art und Weise der Spieltätigkeit sowie der Höhe der erzielten Gewinne können danach die erzielten Einnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen.

Bisherige Befassung der Rechtsprechung mit Pokerspielern

Die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof haben sich bisher allein mit der Steuerbarkeit von Einkünften aus Pokerturnieren befasst, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit der Mitspieler stattfinden. Der Bundesfinanzhof bejahte in den von ihm zu entscheidenden Fällen jeweils die Steuerbarkeit der im Rahmen eines Turniers erzielten Gewinne (Urt. v. 16.09.2015, Az. X R 43/12; Urt. v. 07.11.2018, Az. X R 34/16). Die erforderliche Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sah der Bundesfinanzhof als erfüllt an, da der Turnierteilnehmer dem Veranstalter die öffentliche Darbietung seiner spielerischen Fähigkeiten anbot und ihm hierfür als Entgelt ein von seiner Platzierung abhängiges Preisgeld in Aussicht gestellt wurde. Gemeinsam ist den Fällen, dass es sich um bekannte Größen der Pokerszene handelte.

Das Finanzgericht Münster sieht auch im Fall des Online-Pokerspielers die Voraussetzungen für Einkünfte aus Gewerbebetrieb als erfüllt an

Das Finanzgericht Münster hatte nunmehr über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Student (Kläger) in seiner Freizeit Online-Poker in der Variante Texas Hold´em spielte. Dabei begann dieser zunächst mit dem Einsatz von Cent-Beträgen bei einem Online-Pokeranbieter. In den darauffolgenden Jahren erhöhten sich die Einsätze und die Gewinne des Klägers. Er weitete seine Spieltätigkeit auf weitere Online-Portale aus, wodurch auch der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit zunahm. Zusätzlich nutzte er während seiner Spielzeiten eine von den Online-Portalen unabhängige Software, die ihm die Einsichtnahme in Statistiken über die Spielweise der einzelnen Mitspieler ermöglichte. Im Streitjahr 2009 spielte der Kläger beispielsweise Online-Poker bei vier Portalen, wandte ca. 446 Stunden für die Teilnahme auf und erzielte Gewinne in Höhe von über 80.000 Euro.

Das Finanzgericht Münster stellte in seiner Entscheidung fest, dass der Kläger mit seiner Spieltätigkeit die Voraussetzungen der gewerblichen Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes erfüllte. Es fehle beim Online-Pokerspiel im Gegensatz zum Präsenz-Pokerturnier zwar an einer Leistungsbeziehung zwischen Pokerspieler und Veranstalter. Der Spieler eines Online-Pokerspiels sei regelmäßig keine „Szene-Berühmtheit“, sodass es an einer öffentlichen Darbietung seiner Fähigkeiten gegenüber dem Veranstalter fehle.

Ausreichend für eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist nach der Auffassung des Gerichts aber eine Leistungsbeziehung zwischen den einzelnen Mitspielern. Diese erbringen ihre Spielleistung und sagen gleichzeitig zu, bei verlorenem Spiel ihren jeweiligen Einsatz zu erbringen. Bei einem gewonnenen Spiel können sie als Gegenleistung den Einsatz der Mitspieler – abzüglich des sog. Rakes – für sich beanspruchen. Auf diesen Leistungsaustausch sei die Spieltätigkeit der Mitspieler gerichtet, sodass eine Leistungsbeziehung zwischen ihnen bestünde. Dem stehe nicht entgegen, dass die Mitspieler ihre Identitäten nicht kennen, sondern nur den Benutzernamen und die Nationalität des jeweils anderen. Der Leistungsaustausch erfolge auch im allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da es sich um einen Markt mit Angebot und Nachfrage handele und grundsätzlich der Leistungsaustausch mit jedem erfolgen solle, der die Voraussetzungen der Spielteilnahme erfüllt.

Steuerbarkeit der Gewinne ist immer von Einzelfallumständen abhängig

Hinzukommen muss für gewerbliche Einkünfte nach ständiger Rechtsprechung, dass die fragliche Tätigkeit den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet. Für die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von einer gewerblichen Tätigkeit bestehen keine starren Kriterien oder Umsatzgrenzen. Es kommt vielmehr auf eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung an. In dem vom Finanzgericht Münster zu entscheidenden Fall war diese Schwelle nach Auffassung des Gerichts überschritten. Das Gericht war davon überzeugt, dass der Kläger die entsprechenden Fähigkeiten besaß, die eigene Gewinnwahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von den jeweiligen Kartenkombinationen des Mitspielers einzuschätzen. Zudem wies die Art und Weise des Spielens strukturell-gewerbliche Aspekte auf und sei damit nicht mehr als hobbymäßiges, sondern als berufsmäßiges Spielen zu qualifizieren.

Schlussfolgerungen für die Praxis

Zunächst ist zu beachten, dass das Urteil des Finanzgerichts Münster nicht rechtskräftig ist. Die Kläger hat beim Bundesfinanzhof gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Revision eingelegt. Es bleibt daher abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof die rechtlichen Ausführungen beurteilt. Die Finanzverwaltung wird sich in ihrem Vorgehen jedoch im Wesentlichen bestärkt sehen und die Urteilsmaßstäbe bei weiteren Fällen berücksichtigen.

Auch bleibt festzuhalten, dass die steuerrechtliche Beurteilung maßgeblich vom jeweiligen Sachverhalt abhängt. Pauschale Bewertungen verbieten sich. Jeder Fall ist unterschiedlich. Daher bedarf es anhand der Umstände des Einzelfalles stets einer vertieften Prüfung, ob die Voraussetzungen gewerblicher Einkünfte erfüllt sind.

In jedem Fall empfiehlt es sich, eine steuerliche Beratung einzuholen. Pokerspieler, die in ihren Steuererklärungen Gewinne aus dem Pokerspiel verschweigen, riskieren eine strafrechtliche Verfolgung, sollten der Sachverhalt aufgedeckt und die Gewinne als steuerpflichtig beurteilt werden.


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