Gewöhnlicher Aufenthalt i.S.d. § 10 StAG (Einbürgerung) bei zuvor erfolgten Täuschungen über Identität

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Vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München wurde durch unsere Kanzlei eine weitere Entscheidung im Einbürgerungsverfahren erstritten.

Urteil vom 06.02.2013 Az.: M 25 K 12.3755

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Einbürgerung. Er ist syrischer Staatsangehöriger. Zum Zeitpunkt seiner Einreise nach Deutschland hat er falsche Personalien angegeben und zudem, dass er irakischer Staatsangehöriger sei.

In der Folgezeit hat er im Mai 2008 eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG erhalten. In diesem Rahmen hat er erneut seine falschen Personalien und die falsche Identität angegeben.

Im März 2009 hat der Kläger seine Personalien berichtigte. Im anschließenden Strafverfahren wurde er wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels rechtlich zusammentreffend mit mittelbarer Falschbeurkundung gem. § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, §§ 271, 52 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen verhängt.

Die bestehende Neiderlassungserlaubnis wurde in den mittlerweile vorgelegten syrischen Nationalpass des Klägers übertragen.

Im April 2010 beantragte der Kläger seine Einbürgerung nach § 10 StAG. Mit Bescheid vom 27 Juli 2012, zugestellt am 1 8.2012, wurde dieser Antrag des Klägers von der Beklagten abgelehnt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die für die Einbürgerung nach § 10 StAG notwendigen Voraussetzungen nicht vorlägen, da es insbesondere am gewöhnlichen Aufenthalt seit acht Jahren fehle. Der Kläger habe von Beginn seines Aufenthalts in der Bundesrepublik an über seine Identität getäuscht, um so die Aufenthaltstitel zu erlangen.

Das bayerische Verwaltungsgericht München hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen.

In seinen Entscheidungsgründen führt das Verwaltungsgericht aus:

Es ist der Ansicht, der Kläger hätte mangels durchgehenden gewöhnlichen Aufenthaltes keinen Anspruch nach § 10 Abs. 1 StAG. Für den Kläger sei ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG für die Zeit vor dem März 2009 schon deswegen nicht gegeben, da der Ausländerbehörde bis zu diesem Zeitpunkt schon rein tatsächlich gar nicht möglich war, Abstand von ihren rechtlichen Möglichkeiten zu nehmen, den Aufenthalt des Klägers zu beenden, so wie es das Bundesverwaltungsgericht aber in Abgrenzung zum rechtmäßigen Aufenthalt fordere. Da die Ausländerbehörde hiervon keine Kenntnis hatte, war es ihr bis zum März 2009 nicht möglich eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob sie von einer Aufenthaltsbeendigung in Bundesrepublik Abstand nehmen will oder nicht.

Darüber hinaus scheitere der gewöhnliche Aufenthalt im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 StAG für den Kläger auch an der notwendigen subjektiven Komponente.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Durch Unterzeichnenden wurde Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt

Fazit:

Aus m. E. ist vorliegend eine unzutreffende Entscheidung getroffen worden. Die Voraussetzungen des gewöhnlichen Aufenthaltes werden mit denen des rechtmäßigen Aufenthaltes vermengt. Denn bei dem gewöhnlichen Aufenthalt handelt es sich um ein durch bestimmte Merkmale geprägtes tatsächliches Verhältnis. Es ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach objektiven Kriterien festzustellen.

Das vorliegende Urteil hat jedoch weitreichende Folgen. Hiernach können Aufenthaltszeiten mit falscher Identität - unabhängig von der ausländerrechtlichen Entscheidung, ob der erteilte Aufenthaltstitel ggf. zurückgenommen oder widerrufen wird - nicht als Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nach den §§ 4 Abs. 3, 8, 9 und 10 StAG auf die erforderlichen Zeiten für eine Einbürgerung angerechnet werden. Zudem wäre es auch problematisch für Kinder die in der Bundesrepublik geboren werden, deren Eltern zwar im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sind, jedoch über ihre Identität getäuscht haben, da auch bei diesen der gewöhnliche Aufenthalt nach dem ergangenen Urteil nicht gegeben wäre.

Maximilian Richter

Fachanwalt für Strafrecht


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