Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit: Wie Gerichte Aussagen bewerten

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Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit: Wie Gerichte Aussagen bewerten

In strafrechtlichen Verfahren spielen die Begriffe "Glaubwürdigkeit" und "Glaubhaftigkeit" eine entscheidende Rolle, um die Wahrheit zu ermitteln. Doch was bedeuten diese Begriffe genau, und wie beeinflussen sie die Entscheidung eines Gerichts? Im Folgenden finden Sie verständliche Erklärungen und praxisnahe Beispiele.

Glaubwürdigkeit vs. Glaubhaftigkeit
1. Glaubwürdigkeit bezieht sich auf die Person, die eine Aussage macht – also auf den Zeugen. Das Gericht prüft, ob die Person in der Vergangenheit ehrlich und vertrauenswürdig war. Beispiel: Ein Zeuge mit einer Vorstrafe wegen Betrugs wird möglicherweise weniger glaubwürdig eingeschätzt als jemand ohne Vorstrafen.

2. Glaubhaftigkeit bezieht sich auf den Inhalt der Aussage selbst. Das Gericht fragt: Ist die Geschichte in sich schlüssig? Beispiel: Wenn ein Zeuge beschreibt, er habe zur Tatzeit von Bremen aus einen Täter in Berlin beobachten können, klingt das aufgrund der Entfernung wenig glaubhaft.

Warum Polizisten oft mehr Glauben geschenkt wird
Polizisten gelten oft als besonders glaubwürdig, da man annimmt, dass sie neutral und objektiv berichten. Sie haben keine persönlichen Interessen im Verfahren und sind darin geschult, Situationen detailliert zu erfassen. Ein Beispiel:
- Fallbeispiel: In einem Diebstahlsfall sagt ein Polizist aus, er habe den Angeklagten am Tatort gesehen. Ein Passant behauptet das Gegenteil. Da der Polizist die Situation routiniert und neutral beschreibt, wird seine Aussage oft als glaubwürdiger angesehen. Ein erfahrener Anwalt kann jedoch zeigen, dass auch Polizisten fehleranfällig sind – beispielsweise, wenn sie in mehreren ähnlichen Fällen routiniert agieren.

Warum man lieber schweigen und einen Anwalt hinzuziehen sollte – Die „Goldene Regel“


Als Beschuldigter gilt die „Goldene Regel: Machen Sie keine Aussage, ohne zuvor rechtliche Beratung einzuholen. Sie haben als Angeklagter oft einen erheblichen Informationsnachteil. Die Ermittlungsbehörden besitzen meist viel mehr Hintergrundinformationen über den Fall, die Ihnen nicht bekannt sind. Durch unüberlegte oder ungenaue Aussagen könnten Sie unbeabsichtigt Informationen preisgeben, die gegen Sie verwendet werden.

Beispiel
- Ein Autofahrer wird nach einem Unfall verhört und äußert im Eifer des Gefechts, dass er sich "vielleicht doch vertan" habe. Solche Formulierungen könnten beim Gericht Zweifel wecken, ob der Fahrer tatsächlich die Wahrheit sagt. Ein Anwalt könnte anraten, zunächst zu schweigen, um die beste Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

Fallbeispiele für den Unterschied zwischen Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit

1. **Fall 1: Dieb im Supermarkt**  
   Ein Supermarktangestellter beschuldigt einen Kunden des Diebstahls. Der Angestellte hat in der Vergangenheit bereits andere Kunden zu Unrecht beschuldigt, wodurch seine Glaubwürdigkeit beeinträchtigt wird. Doch er beschreibt die Tat präzise und schildert Details, die das Gericht für glaubhaft hält, wie z. B. die genaue Marke des gestohlenen Gegenstands.

2. **Fall 2: Unfall unter Zeugen**
   Zwei Zeugen behaupten, den Unfall gesehen zu haben. Einer von ihnen beschreibt die Farben der Autos und die Bewegungen der Fahrer sehr genau. Seine Schilderung wird als glaubhaft eingeschätzt, selbst wenn er als Nachbar eines der Unfallbeteiligten eher parteiisch wirkt. Der zweite Zeuge hingegen liefert eine unpräzise, widersprüchliche Darstellung. In diesem Fall könnte das Gericht den ersten Zeugen für glaubhafter halten, während es die Glaubwürdigkeit des zweiten Zeugen anzweifelt.

Überzeugung des Gerichts von der eigenen Unschuld**
Wenn Sie als Angeklagter das Gericht von Ihrer Unschuld überzeugen möchten, sollten Sie strategisch und überlegt vorgehen. Folgende Ansätze können dabei hilfreich sein:

1. **Konsistenz in Ihren Aussagen**: Wiederholen Sie Ihre Aussagen konsistent und weichen Sie nicht ab. Unstimmigkeiten könnten als Zeichen von Unehrlichkeit gewertet werden.

2. **Präzision und Detailreichtum**: Schildern Sie Details und Situationen so präzise wie möglich. Detaillierte Aussagen, die auch überprüfbare Aspekte enthalten, werden oft als glaubhaft eingestuft.

3. **Beweismittel und Zeugen**: Falls möglich, sollten Sie Beweise und Zeugen heranziehen, die Ihre Darstellung unterstützen. Jedes Element, das Ihre Version der Geschichte untermauert, trägt zur Glaubwürdigkeit bei.

4. **Widerlegung der gegnerischen Argumente**: Ein erfahrener Verteidiger wird die Aussagen der gegnerischen Seite gezielt hinterfragen und eventuelle Widersprüche aufdecken, um deren Glaubwürdigkeit infrage zu stellen.


Die freie Beweiswürdigung erlaubt es Richtern, alle Indizien nach bestem Wissen und Gewissen zu interpretieren. Ein erfahrener Strafverteidiger, der sich auf die Verteidigung im Rahmen der freien Beweiswürdigung spezialisiert hat, kann dazu beitragen, die Einschätzung des Gerichts in die gewünschte Richtung zu lenken und Zweifel an Ihrer Schuld zu wecken.

Gerne stehe ich Ihnen als Verteidiger zur Seite, um gemeinsam die beste Strategie für Ihren Fall zu entwickeln und Ihre Rechte zu schützen. Ich, Mustafa Ertunc, bin Ihr Ansprechpartner für eine maßgeschneiderte Verteidigungsstrategie in Strafsachen. Sie erreichen mich in meinem Büro in Bremen oder bundesweit unter der Telefonnummer 0421 16108826 oder per E-Mail unter info@rechtsanwalt-ertunc.de.


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