GmbH: Gesellschafterversammlungen in Zeiten der Corona-Krise

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Wie halten die Gesellschaften derzeit ihre anstehenden jährlichen Versammlungen ab? In Corona-Zeiten stellt die gleichzeitige körperliche Anwesenheit die Gesellschaften (und vor allem die Geschäftsführer, die das organisieren sollen) vor ein großes Problem.

Sollte bei Ihnen eine Gesellschafterversammlung anstehen, gelten zunächst einmal die Regelungen aus dem Gesellschaftsvertrag (Satzung). Geben diese keine Anhaltspunkte über die Versammlungsfähigkeit in unkörperlicher Form, so ist § 48 GmbHG zu beachten. Dabei gilt es darauf zu achten, dass bei Fehlern der Einberufung der Gesellschafterversammlung, wie z. B. Benennung des falschen Versammlungsortes oder Versammlungszeitpunktes normalerweise eine Anfechtung möglich ist oder gar die Nichtigkeit der Beschlüsse droht.

Dabei ist vor allem wichtig zu wissen, dass nach dem reinen Wortlaut eine ,,Versammlung‘‘ nach § 48 I GmbHG vorliegt, wenn mehrere Personen zu einem bestimmten Zweck an einem bestimmten Ort zusammentreffen. Virtuelle Versammlungen, insbesondere Video- oder Bild-Telefonie-Konferenzen stehen dem in Anbetracht der persönlichen Struktur der GmbH nicht gleich. Ggf. empfiehlt es sich allerdings, eine Absicherung der Beschlussfassung im Wege der Video- oder Bild-Telefonie-Konferenz durch eine entsprechende Satzungsbestimmung vorzusehen. Die Gesellschafter, die per Satzung anwesend sein müssen, um beschlussfähig zu sein, können sich natürlich auch vertreten lassen, wenn insofern entsprechende Regelungen über die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung in der Satzung getroffen wurden (GmbHG Kommentar, Scholz, II. Band, §§35-53, 10.Aufl., 2007).

Darüber hinaus wird im GmbHG jedoch nicht zwingend verlangt, dass Gesellschaftsversammlungen körperlich durchgeführt werden müssen. So ist beispielsweise eine Beschlussfassung auch ohne Versammlung bei normalen einfachen Beschlüssen möglich, gem. § 48 II GmbHG.

Diese galt jedoch nicht für die jährliche ordentliche Gesellschaftsversammlungen (str.). Deshalb war es nach herrschender Meinung so, dass eine derartige Beschlussfassung ohne Versammlung einer ausdrücklichen Erlaubnis in der Satzung bedurfte, wie nach der vom BGH in einem obiter dictum bestätigten h.M. konnten die Gesellschafter außerhalb einer Versammlung (§ 48 I GmbHG) und ohne Einhaltung der Voraussetzungen des § 48 II GmbHG Beschlüsse auf anderem Wege eben nur auf der Grundlage einer zulässigen Satzungsbestimmung fassen (BGH,NJW2006,2044). Oder: alle Gesellschafter mussten einverstanden sein (§ 49 II GmbhG).

Dementsprechend war – bis vorvorgestern – anzuraten, wenn möglich, einen für alle gut zugänglichen Ort auszuwählen, Abstandsvorkehrungen, wie Tische mindestens 1,5 m voneinander entfernt aufstellen, zu treffen und mögliche Vertretungen für Gesellschafter zu beauftragen, wenn diese krank sind oder einer Risikogruppe angehören. Da für viele Gesellschaften die Funktionsfähigkeit von solchen Versammlungen abhängig ist, empfahl es sich, die Gesellschafterversammlung körperlich stattfinden zu lassen, eben nun unter Einhaltung der Abstandsvorkehrungen.

Neueste Entwicklung:

Seit dem Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 21.03.2020 haben sich die Empfehlungen für die Durchführung der Gesellschafterversammlung auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung offenbar geändert.

Gem. Art 2 § 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht gilt nämlich abweichend von § 49 II GmbHG, dass auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter fassen können. Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob eine diesbezügliche Regelung in der Satzung verfasst wurde oder ob die Gesellschafter sich damit einverstanden erklären. Damit können die Beschlüsse in der jährlichen Gesellschafterversammlung (so) wie allgemeine Umlaufbeschlüsse, unabhängig von dem Einverständnis aller Gesellschafter, gefasst werden.

Diese Regelung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft, alles dies – wie ausgeführt – gem. Art. 6 des aktuellen Entwurfs eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-und Strafverfahrensrecht.

Ayten Melikli / Dr. Jochen Grund

Kanzlei Dr. Grund, Grund, Räuchle, Besazza-Sulser, Laubis, Rechtsanwälte


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