Grad der Behinderung bei Taubheit und an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit

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Der Grad der Behinderung wird in erster Linie durch die Auswirkungen einer Erkrankung bestimmt; nicht so sehr durch die Diagnosen.

Tatsächliche Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit bedeutet, dass eine Person keine oder nur sehr eingeschränkte Hörfähigkeit hat. Dies kann zu erheblichen Einschränkungen im Alltag führen, da Kommunikation und Orientierung ohne Hören erschwert sind.


Zu den möglichen Auswirkungen der Taubheit gehören:


  • Kommunikationsschwierigkeiten: Taube und schwerhörige Menschen können sich mit anderen Menschen nur eingeschränkt unterhalten. Dadurch entstehen möglicherweise Probleme im privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Leben. In Gruppengesprächen können sie sich nur eingeschränkt einbringen, da sie nur einen Teil der Informationen verstehen. Soziale Isolation und Frustration sind die Folgen. Oder sie haben oft Schwierigkeiten, sich mit Behörden zu verständigen. Dies kann beispielsweise dazu führen, dass sie ihren Rechtsanspruch auf Leistungen nicht wahrnehmen können.


  • Orientierungsschwierigkeiten: Taube und schwerhörige Menschen können vor allem in unbekannten Umgebungen akustische Signale, wie beispielsweise Verkehrsgeräusche oder Alarmsignale, nicht oder nur eingeschränkt wahrnehmen.Schnell entstehen Gefahrensituationen, beispielsweise wenn sie Verkehrsgeräusche nicht hören.


  • Beeinträchtigung der Sprachentwicklung: Taube Kinder, die nicht mit Gebärdensprache aufwachsen, können die deutsche Sprache nur eingeschränkt erlernen und haben mit Lernschwierigkeiten und sozialen Problemen zu kämpfen.

So legen die Versorgungsmedizinische Grundsätze unter Punkt 5.1 für Kinder einen relativ hohen GdB fest:

5.1 Angeborene oder in der Kindheit erworbene Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen

angeboren oder bis zum 7. Lebensjahr erworben

(schwere Störung des Spracherwerbs, in der Regel lebenslang) . . . . . . .                  . . . . . 100

später erworben (im 8. bis 18. Lebensjahr) mit schweren Sprachstörungen

(schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) . . . . . . . . .                     . . . . . 100

sonst je nach Sprachstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                         . . . . . . . . . 80 – 90


Grad der Behinderung


Die Auswirkungen der Taubheit werden vom Versorgungsamt anhand der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) bewertet. Dabei wird der Grad der Behinderung (GdB) in zehn Stufen von 0 bis 100 festgelegt.


Für Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit wird ein GdB von 100 anerkannt, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:


Die Hörfähigkeit ist auf beiden Ohren aufgehoben, die Person kann sich nicht durch Lautsprache verständigen und sie kann sich nicht ortsbezogen orientieren. Die "orthotope Hörfähigkeit" ist die Hörfähigkeit, die sich aus der Hörfähigkeit auf dem besseren und dem schlechteren Ohr ergibt. Bei einer Taubheit ist die orthotope Hörfähigkeit auf beiden Ohren  - und damit die Möglichkeit, evtl. Hörschwächen auszugleichen - aufgehoben.


Bei einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit wird der GdB in Abhängigkeit vom Ausmaß der Hörbeeinträchtigung festgelegt. Ausschlaggebend für die Beurteilung ist immer ein von einem HNO Arzt erstelltes Tonaudiogramm.


Nachteilsausgleiche


Taube und schwerhörige Menschen können unter bestimmten Voraussetzungen Nachteilsausgleiche beantragen. Diese sollen ihnen den Ausgleich für die durch ihre Behinderung bedingten Einschränkungen ermöglichen.


Zu den wichtigsten Nachteilsausgleichen gehören die Merkzeichen "Gl" und "B".


Merkzeichen "Gl"

Das Merkzeichen "Gl" wird tauben und schwerhörigen Menschen mit einem GdB von 100 anerkannt. Es bescheinigt, dass die Person gehörlos ist.


Merkzeichen "B"

Das Merkzeichen "B" wird tauben und schwerhörigen Menschen mit einem GdB von 100 oder 70 anerkannt, wenn sie aufgrund ihrer Behinderung auf Hilfe (in Form von Begleitung) angewiesen sind.


Kostenübernahme für Hörgeräte und andere Hilfsmittel


Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten für Hörgeräte, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Gemäß § 33 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, wenn sie infolge ihres Hörverlustes oder ihrer Hörbehinderung auf beiden Ohren nicht oder nicht ausreichend am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Die ärztliche Verordnung und ein Hörtest sind notwendig, um die Erforderlichkeit nachzuweisen.

Wenn die Krankenkasse nicht ausreicht.

Wenn die Krankenkassen die Kosten für Hörgeräte nicht in vollem Umfang übernehmen, dann sind noch nicht alle Türen verschlossen. Oftmals lassen sich die Hörgerätekosten über die Rentenversicherung regeln, insbesondere im Rahmen der "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben".

Die Rentenversicherung kann als Alternative in Betracht gezogen werden, wenn Hörprobleme die berufliche Teilhabe beeinträchtigen. Eine gezielte Meldung beim Rentenversicherungsträger eröffnet die Möglichkeit, notwendige Maßnahmen einschließlich der Hörgeräteversorgung zu finanzieren.

Um Leistungen von der Rentenversicherung zu erhalten, ist eine sorgfältige Prüfung der individuellen Situation erforderlich. Die Meldung sollte frühzeitig erfolgen, um die berufliche Rehabilitation effektiv zu gestalten. Hierbei stehen die Anpassung an die Bedürfnisse am Arbeitsplatz und die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Hörversorgung im Fokus.

In vielen Fällen gestaltet sich der Weg zu einer angemessenen Hörgeräteversorgung als komplex. Anwaltliche Unterstützung kann entscheidend sein, um Ihre Interessen zu vertreten, die notwendigen Schritte einzuleiten und individuelle Lösungen durchzusetzen.

Wenn Sie bereits vergeblich versucht haben, die Kostenübernahme für Hörgeräte zu klären, lassen Sie sich nicht entmutigen. Ihre Lebensqualität sollte nicht unter bürokratischen Hürden leiden. Beauftragen Sie mich als Ihre Anwältin, um gemeinsam die bestmögliche Lösung für Ihre Situation zu finden. Ich setze mich dafür ein, dass Sie die Hörgeräte erhalten, die Sie benötigen, um aktiv am Leben teilzunehmen. Kontaktieren Sie mich und lassen Sie uns gemeinsam Ihren Weg zu besserem Hören ebnen.


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