Grober Behandlungsfehler: Arzt verkennt Anzeichen eines septischen Schocks

  • 2 Minuten Lesezeit

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 05.03.2018, 5 U 98/16

Ein Arzt, der die Hinweise der Krankenschwester, die auf einen septischen Schock des Patienten hindeuten, nicht in dem gebotenen Umfang nachmisst und nicht zumindest Anordnungen zur engmaschigen und intensiven Überwachung trifft, handelt grob fehlerhaft.

So entschied der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln in folgendem Fall: Nach der operativen Entfernung der Hälfte des Dickdarms war der Zustand des Patienten zunächst unauffällig. Nach Verlegung von der Intensivstation auf die normale Station kam es jedoch zu einer Verschlechterung. Der Patient litt über mehrere Tage unter Übelkeit, Erbrechen, reduziertem Allgemeinzustand, Schmerzen und Blähungen im Zusammenhang mit Darmuntätigkeit (Atonie). In der dritten Nacht nach Verlegung vermerkte die Nachtschwester um 3:30 Uhr: „Dr. H. Info. Patient baut ab, er scheidet nicht aus (Urin). Puls 120, Blutdruck 90/60, Kaltschweißig, Temperatur 37,5 °C, Blutzucker 108.“ Am anschließenden Morgen (7:15 Uhr) wurde der Patient tot in seinem Zimmer aufgefunden.

Dokumentierte Messergebnisse, die auf einen septischen Schock hindeuten, muss der hinzugezogene Arzt durch eigene Messungen überprüfen

Dem diensthabenden Arzt wird vorgeworfen, dass er ohne eingehende eigene Untersuchungen davon ausgegangen ist, der Patient sei kreislaufstabil. Der Arzt habe die von der Nachtschwester festgehaltenen Befunde nicht nachgemessen und seine Annahme eines kreislaufstabilen Patienten nicht mit eigenen Messwerten unterlegt. Ohne Überprüfung der dokumentierten Messergebnisse der Nachtschwester habe sich der Arzt jedoch nicht auf seinen subjektiven Eindruck verlassen dürfen. Nach Einschätzung des Sachverständigen habe schließlich selbst ein Berufsanfänger den von der Nachtschwester dokumentierten Zustand des Patienten als das Bild eines septischen Schocks einordnen und hierauf reagieren müssen.

Unterlässt der Arzt eigene Messungen, die einen septischen Schock sicher ausschließen, so muss er zumindest eine engmaschige Überwachung des Patienten veranlassen

Wenn der Arzt die Messergebnisse der Nachschwester nicht seinerseits durch Messungen überprüfe und damit das Bild des septischen Schocks nicht „hinreichend sicher“ ausräume und trotz des erkennbaren, konkret lebensbedrohlichen Zustands keine strenge Überwachung des Patienten veranlasse, so sei dies „objektiv unverständlich im Sinne eines groben Behandlungsfehlers“.

Professionelle Beratung

Gerne berate ich Sie in Ihren Anliegen zur Arzthaftung.

Rechtsanwältin Maike Bohn, Hamburg



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Maike Bohn

Beiträge zum Thema