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Gutschein-Frust: Nach zweiter Flugannullierung gibt's Geld!

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Auch wenn ein Flug nach vorheriger Annullierung mit einem Gutschein gebucht wurde, sind Passagiere nicht verpflichtet, bei einer erneuten Annullierung erneut einen Gutschein zu akzeptieren. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte dies in einer aktuellen Entscheidung und sah in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Fluggesellschaft einen Verstoß gegen die Fluggastrechteverordnung.

Kernaussage des IX. Zivilsenats des OLG Karlsruhe (Urteil vom 16.01.2025 – IX ZR 236/23):

Vier Passagiere hatten Flüge im Mai und Juni 2020 für insgesamt 479,96 Euro gebucht. Danach wurde eine Insolvenzverfahren der Fluggesellschaft  eröffnet. Während des Verfahrens wurden die Flüge pandemiebedingt annulliert und den Passagieren Gutscheine in Höhe des Flugpreises ausgestellt. Einen dieser Gutscheine lösten sie im November 2020 für eine Flugreise nach Griechenland ein, die jedoch kurz vor Abflug erneut ohne Entschädigung annulliert wurde.

Die Passagiere forderten daraufhin eine vollständige Erstattung der Flugkosten sowie eine Ausgleichszahlung von 1.600 Euro gemäß § 398 Satz 2 BGB in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Fluggastrechte-Verordnung (VO (EG) Nr. 261/2004). Der BGH entschied, dass es sich bei der Forderung um eine Masseverbindlichkeit handelt und sprach den Fluggästen einen Anspruch auf vollständige Erstattung zu.

Rechtsgrundlage und Begründung:

Der BGH stellte klar, dass der erneute Flug trotz der Verwendung eines Gutscheins eine Masseverbindlichkeit darstellt, da der neue Beförderungsvertrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen wurde. Die Tatsache, dass der Flug mit einem Gutschein bezahlt wurde, ändert nichts daran, dass der Gutschein als gleichwertiges Zahlungsmittel betrachtet wird. Die AGB-Klausel, die bei einer erneuten Annullierung erneut einen Gutschein vorsieht, verstößt gegen zwingendes Recht gemäß Art. 15 Fluggastrechte-VO und ist somit unwirksam.

Nach Art. 8 Fluggastrechte-VO haben Passagiere Anspruch auf eine vollständige Erstattung des Flugpreises, wenn der Flug annulliert wird, es sei denn, sie stimmen einer alternativen Beförderung zu. Eine Erstattung durch Gutscheine ist nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Zustimmung des Passagiers zulässig. Die Klausel in den AGB, die eine erneute Gutscheinvergabe vorsieht, ohne eine solche Zustimmung einzuholen, ist daher nichtig.


Praktischer Hinweis:

Passagiere sollten sich bewusst sein, dass sie bei erneuten Flugannullierungen unabhängig von vorherigen Gutscheinvereinbarungen Anspruch auf eine vollständige Erstattung haben. Es ist ratsam, sich bei erneuten Flugstornierungen nicht erneut auf Gutscheine einlassen zu lassen, sondern die gesetzlich vorgeschriebene Rückzahlung zu verlangen. Im Zweifelsfall sollte rechtlicher Rat eingeholt werden, um die eigenen Ansprüche durchzusetzen und sich gegen unzulässige AGB-Klauseln der Fluggesellschaft zu wehren.

Rechtsanwalt Can Kaya, Paderborn

Foto(s): Can Kaya

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