Häufige Fehler in Testamenten

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Viele Streitigkeiten entstehen, weil Testamente unklar formuliert sind oder weil die Abwicklung des Nachlasses aufgrund der Bestimmungen im Testament sehr kompliziert wird, beispielsweise weil Erbengemeinschaften gebildet werden. Die Problematik besteht oft darin, dass Testamente, die aus Sicht eines juristischen Laien durchaus eindeutig und verständlich sind, aus juristischer Sicht zahlreiche Unklarheiten und Schwierigkeiten beinhalten können.

Beispiel:
Herr Müller verfasst folgendes Testament: „Mein Haus  bekommt mein Sohn. Meine Tochter erhält die Eigentumswohnung. Das Kapitalvermögen geht an beide Kinder.”
Als Herr Müller verstirbt, ist das Haus 1 Million Euro wert, die Eigentumswohnung 600.000 Euro. Das Kapitalvermögen (Aktien, Wertpapiere, Konten etc.) beträgt 200.000 Euro.

In diesem Fall ist völlig unklar, zu welchen Anteilen das Kapitalvermögen auf die Kinder aufgeteilt werden soll: Soll jedes Kind die Hälfte des Kapitals bekommen? Oder war das Testament vielmehr so zu verstehen, dass die Kinder insgesamt möglichst gleich bedacht werden sollen, so dass die Tochter nunmehr das gesamte Kapitalvermögen erhalten müsste, damit sie wirtschaftlich mit dem Sohn zumindest annähernd gleichgestellt ist? Darüber hinaus ist in den Testament nicht geregelt, was mit dem übrigen Vermögen geschehen soll, beispielsweise dem Auto oder den Einrichtungsgegenständen des Hauses.

Wenn Herr Müller im Ergebnis beide Kinder gleich bedenken möchte, wäre daher beispielsweise folgende Formulierung besser gewesen: „Ich setze meine Kinder zu gleichen Teilen als Erben ein. Im Wege der Teilungsanordnung bestimme ich, dass mein Sohn das Haus und meine Tochter die Wohnung erhalten sollen.”

Wenn Erben nach Quoten eingesetzt werden (Beispiel: „Mein Mann erhält drei Viertel des Nachlasses und meine Tochter ein Viertel.”), bildet sich eine Erbengemeinschaft. Da in Erbengemeinschaften grundsätzlich nur einstimmig entschieden werden kann, birgt das die erhebliche Gefahr von Streitigkeiten. Es kann daher besser sein, mit Vermächtnissen zu arbeiten.

Beispiel:
Frau Müller verfasst folgendes Testament: „Ich setze meinen Ehemann zum Alleinerben ein. Die Eigentumswohnung erhält mein Sohn als Vermächtnis.”
Mit einer solchen Formulierung werden Streitigkeiten vermieden, da nur ein Erbe alleine über den Nachlass verfügen kann und die Vermächtnisnehmer gegen ihn lediglich einen Anspruch auf Herausgabe der jeweiligen Vermächtnisse haben.

Bei der Anordnung von Vermächtnissen ist allerdings stets zu berücksichtigen, dass sich Vermögensverhältnisse ändern können.

Beispiel:
Frau Müller schreibt in ihr Testament: „Ich setze meinen Mann zum Alleinerben ein. Die Eigentumswohnung in München erhält mein Sohn als Vermächtnis.”

Acht Jahre nach Errichtung des Testaments verkauft Frau Müller die Eigentumswohnung München und erwirbt stattdessen ein Apartment in einem Betreuten Wohnen in Frankfurt. Bei ihrem Tod stellt sich daher die Frage, ob das Vermächtnis zu Gunsten ihres Sohnes entfallen ist, weil sich keine Eigentumswohnung in München mehr im Nachlass befindet, oder ob das Testament so auszulegen ist, dass der Sohn stattdessen die Wohnung im Betreuten Wohnen in Frankfurt als Vermächtnis erhalten soll.

Zur Vermeidung von Streitigkeiten hätte Frau Müller also beispielsweise besser formulieren sollen: „Ich setze meinen Mann zum Alleinerben ein. Die Wohnung in München erhält mein Sohn als Vermächtnis. Sollte sich die Immobilie zum Zeitpunkt des Todes nicht mehr im Nachlass befinden, erhält mein Sohn ein Vermächtnis in Höhe von 20 % meines Vermögens.”


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