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Hamburgisches Schulrecht: Ablehnung der Wunschschule in Hamburg

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Es ist ein nicht zu unterschätzendes Problem: Viele Eltern wollen ihr Kind in Hamburg in einer bestimmten Schule einschulen lassen, müssen aber feststellen, dass die Wunschschule einen „Ablehnungsbescheid“ erlassen hat.

Was tun bei Ablehnungsbescheid der Wunschschule

Gerade bei der Einschulung ist es für viele Eltern wichtig, dass ihr Kind kurze Wege hat. Die Sorge ist nachvollziehbar als ein langer Schulweg in Hamburg nicht ungefährlich ist. Auch wollen Eltern freilich gern, dass ihr Kind mit den Freundinnen und Freunden aus dem Bekanntenkreis oder aus der KITA zusammenbleibt. Umso größer die Verärgerung, wenn ein Ablehnungsbescheid der Wunschschule im Briefkasten landet.

Welche Rechtsmittel sind gegen den Ablehnungsbescheid der Schule vorgesehen?

Zunächst muss gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch eingelegt werden. Dieser Widerspruch muss nicht durch einen Anwalt erfolgen. Der Antragsgegner samt Adresse findet sich in der sog. Rechtmittelbelehrung. Der Widerspruch muss binnen eines Monats erfolgen. Ein Widerspruch (mit Begründung) könnte aussehen wie folgt:

Widerspruch

Sehr geehrte Damen und Herren

gegen den Bescheid vom ... , hier eingegangen am ... zur Sache .... lege ich [...] hiermit als Erziehungsberechtigter meines Kindes [...]

W i d e r s p r u c h

ein und beantrage,

den Bescheid vom ... [Anlage] aufzuheben und meinem Antrag auf Zuweisung einer Wunschschule gemäß meines Schreibens vom ... [Anlage] zu entsprechen
Gründe:


Bitte bestätigen Sie den form- und fristgerechten Eingang dieses Widerspruchen vor Ablauf der Widerspruchsfrist.

Mit freundlichen Grüßen

Anlagen

Bescheid, auf den sich der Widerspruch bezieht
Antrag auf Zuweisung der Wunschschule
Beweisangebote

Wie ist der weitere Ablauf nach Zurückweisung des Widerspruchs?

Wenn der Widerspruch zurückgewiesen wird, kann Klage erhoben werden. Dazu ist spätestens auf einen Anwalt zurückzugreifen. Ratsam ist es übrigens bereits beim Widerspruch diesen durch einen Anwalt einreichen und begründen zu lassen. Ein in diesem Bereich tätiger Anwalt hat einen erheblichen Erfahrungsvorsprung, zumal bereits gegenüber der Behörde signalisiert wird, dass der Weg vor die Gerichte nicht gescheut wird. Auch ist es für einen Anwalt einfacher mit den Behörden zu verhandeln. Dieser Erfahrungsvorsprung sollte zum Vorteil Ihres Kindes genutzt werden. Wichtig ist auch, dass in Hamburg die Bearbeitung der Widersprüche traditionell etwa länger dauern kann, weswegen immer auch der Eilrechtsschutz in solchen Zulassungsverfahren von erheblicher Bedeutung ist.

Welche Argumente gibt es, um einen Bescheid für die Wunschschule (im Widerspruchsverfahren) zu bekommen?

Zunächst hat niemand ein Recht auf eine bestimmte Schule, allerdings ist die Behörde durch Recht und Gesetz und eine fehlerfreie Ermessenentscheidung gebunden. Aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. § 42 Abs. 7 HmbSG (Hamburgisches Schulgesetz) folgt ein Teilhaberecht an den vorhandenen Schulplätzen. Es verleiht einen Anspruch bei der Verteilung gleichbehandelt und nicht ohne vertretbaren Grund gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern benachteiligt zu werden.
Die maßgeblichen Gesichtspunkte ergeben sich aus dem zitierten § 42 Abs. 7 HmbSG:

„Bei der Anmeldung von Schülerinnen und Schülern ist anzugeben, an welcher Schule das Kind nach Möglichkeit aufgenommen werden soll; es sollen Zweit- und Drittwünsche für den Fall erschöpfter Kapazitäten genannt werden. Übersteigt die Zahl der Anmeldungen für eine Schule deren Aufnahmefähigkeit, werden Schülerinnen und Schüler in anderen Schulen aufgenommen. Maßgeblich sind die geäußerten Wünsche und die Ermöglichung altersangemessener Schulwege sowie die gemeinsame schulische Betreuung von Geschwistern.“

Neben Härtefallregelungen sind also der Schulbesuch von Geschwistern und die Weite des Schulwegs (kurze Beine – kurze Wege) von erheblicher Bedeutung.

Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2013 Az 1 BS 213/13

Nachvollziehbar sind diese Erwägungen im Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2013 Az 1 BS 213/13 ausgeführt, in dem es wörtlich heißt:

„b. Die Auswahlentscheidung, welche von mehreren Schulbewerbern an einer bestimmten Schule aufzunehmen sind, liegt im Ermessen der Antragsgegnerin. Die in § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG als für die Auswahlentscheidung als „maßgeblich“ benannten Kriterien stehen in keinem Rangverhältnis zueinander; ein solches ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (OVG Hamburg, Beschl. v. 8.8.2011, 1 Bs 137/11). In der Gesetzesbegründung (BüDrs. 19/3195 S. 18) heißt es:
„Die familienpolitisch wünschenswerte Privilegierung der Geschwister (...) wird (...) gesetzlich gesichert. Im Hinblick auf die künftige stärkere pädagogische Verschränkung von Vorschulklasse und erster Klasse wird berücksichtigt, ob ein Kind bereits die Vorschulklasse der gewünschten Primarschule besucht hat. (...) Regelmäßig wird sich das Nähekriterium „altersangemessene Schulwege“ mit der Zugehörigkeit zu einem Anmeldeverbund decken. Durch Verwaltungsvorschriften (Handreichung ...) wird die zuständige Behörde eine Regelung zur gleichmäßigen Ausübung des Ermessens treffen, in welcher Reihenfolge Schülerinnen und Schüler aus den Gruppen „Geschwisterkinder“, VSK-Kinder“ und „Anmeldeverbundkinder“ aufzunehmen sind.“
Daraus folgt, dass die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens und damit auch die Reihenfolge der Auswahl im Ermessen der Antragsgegnerin stehen (OVG Hamburg, Beschl. v. 8.8.2011, 1 Bs 137/11; Beschl. v. 7.7.2010, 1 Bs 115/10). Die gerichtliche Überprüfung ist gemäß § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkt, d.h. das Gericht überprüft die Entscheidung nur auf Ermessensfehler. Ein Ermessensfehler liegt beispielsweise vor, wenn sich die Behörde nicht im Rahmen der ihr vom Gesetz gegebenen Ermächtigung hält (Ermessensüberschreitung) oder wenn sie von dem ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht (Ermessensfehlgebrauch). Die Ausübung des Ermessens ist wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerhaft, wenn von dem Ermessen nicht einheitlich Gebrauch gemacht wird (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 22.8.2012, 1 Bs 197/12).
c. Die Antragsgegnerin verletzt mit ihrer Verteilungspraxis den ihr zustehenden Ermessensspielraum. Sie hat von ihrem Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch ge-macht, da sie dem gesetzlichen Auswahlkriterium des Besuchs der Vorschulklasse nicht die ihm zukommende Bedeutung beimisst.
Nach der Verwaltungsvorschrift „Handreichung zur Organisation der Aufnahme in Klasse 1“ (Stand Dezember 2012, im Folgenden: Handreichung) hat sich die Antragsgegnerin bei der Verteilung der Plätze an Grundschulen grundsätzlich (Ausnahmen bestehen für Grundschulen mit besonderen Bildungsangeboten) dahingehend gebunden, dass bei Kapazitätserschöpfungen zunächst die Erstwünsche und innerhalb dieser zuerst Härtefälle und danach alle Kinder berücksichtigt werden, die bereits ein Geschwisterkind auf der Schule haben. Die weitere Aufnahme erfolgt anhand des Kriteriums der Schulweglänge. Erst danach greifen Hilfskriterien, darunter der Besuch der Vorschulklasse. In der Praxis der Antragsgegnerin erlangt das Hilfskriterium „Besuch der Vorschule“ nur bei gleich langen Schulwegen Bedeutung; in diesem Fall kommt ein Vorschulkind vor solchen Kindern zum Zuge, die nicht die Vorschule besucht haben. Nach den Erstwünschen werden - nach denselben Verteilungsmaßstäben - die Zweitwünsche und danach die Drittwünsche abgearbeitet.
Entsprechend dieser Handreichung hat die Antragsgegnerin die im Schuljahr 2013/2014 an der Grundschule A. zur Verfügung stehenden 69 Plätze verteilt. Von den 90 Erstwünschen hat sie - da Härtefälle nicht vorlagen - zunächst 21 Plätze an die Kinder vergeben, die im Schuljahr 2013/2014 ein Geschwisterkind an der Schule haben. Sodann hat sie die verbleibenden 48 Plätze nach der Schulweglänge vergeben, den letzten Platz (Rang 69) an ein Kind mit einem Schulweg von 559 m. Da das Kind auf Rang 70, das die Vorschule besucht hatte, einen weiteren Schulweg hat (573 m), kam das Hilfskriterium „Besuch der Vorschule“ hier bei der Verteilung ebenso wenig zum Tragen wie bei dem Antragsteller zu 3) mit einem Schulweg von 833 m (Rang 85).
Mit dieser Verteilungspraxis hält sich die Antragsgegnerin nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens."

Ist ein rechtliches Vorgehen gegen eine Ablehnung der Wunschschule wirtschaftlich sinnvoll?

Fairerweise muss man einräumen, dass auch wir als Anwaltskanzlei nicht sicherstellen können, dass jedes Kind seine Wunschschule erhält. Gleichwohl empfehle ich zumindest den Sachverhalt einem Anwalt zur Prüfung vorzulegen. Eine erste Prognose ist schon nach Prüfung des Sachverhalts möglich, und sollte vorgenommen werden. Wir bieten diese Tätigkeit im Rahmen eines Kurz-Gutachtens über das Rechtsprodukt bei Anwalt.de für eine Pauschale an. Empfehlenswert ist es darüber hinaus zumindest noch den Widerspruchsbescheid auf Ermessensfehler zu prüfen. Die Kosten dafür sind vernachlässigbar, als die Wunschschule durchaus einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes haben kann.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, zögern Sie nicht mit Dr. Wachs Rechtsanwälten Kontakt aufzunehmen.


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