Handy-Verstöße - die drei erfolgreichsten Verteidigungs-Ansätze

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Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts waren im Jahr 2021 im Fahreignungsregister etwa 4,13 Millionen Punkte-Eintragungen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten aktiv. Knapp 440 tausend Eintragungen davon binnen eines Jahres sind bezogen auf Handheld-Verstöße. Anders ausgedrückt: Mehr als jede zehnte durch rechtskräftigen Bußgeldbescheid oder rechtskräftige Gerichts-Entscheidung ausgelöste Punkte-Eintragung betrifft diesen Bereich. 

Die (nachträglich freilich nicht mehr zu beantwortende) Gretchen-Frage bleibt: Wie viele Betroffene hätten bei fachkundiger Verteidigung vor einem Punkte-Eintrag, einer Geldbuße und in extremen Fällen gar einem Fahrverbot oder Spät-Folgen seitens der Fahrerlaubnis-Behörde bewahrt werden können? Nach unseren Erfahrungen wohl einige, denn es gibt zahlreiche erfolgversprechende Verteidigungs-Ansätze:


1.) Fahrer-Eigenschaft

Hier muss unterschieden werden: 

In der großen Mehrzahl aller Fälle kommt es unmittelbar im Anschluss an den (angeblichen) Handheld-Verstoß zu einer Anhaltung. Damit stellt sich die Frage, ob die später als Betroffene(r) erfasste Person das Fahrzeug geführt hat, meist nicht.

Hingegen bestehen häufig gute Chancen, den Vorwurf des Handy-Verstoßes abzuwehren, wenn dieser nicht auf polizeiliche Beobachtungen hin angezeigt wird, sondern auf Basis eines „Blitzer-Fotos“. Wir haben in sehr vielen derartigen Fällen Erfolge verzeichnen können, weil nicht mit der nötigen Gewissheit nachgewiesen werden konnte, dass ein „verbotenes“ Gerät während der Fahrt benutzt wurde. 


2.) Verbotene Handlung

Damit ist zugleich ein anderer wichtiger Ansatz der Verteidigung durch einen spezialisierten Anwalt angesprochen: In geeigneten Fällen tragen wir stets die Diskussion aus, ob eine vorgeworfene - möglicherweise auch von unserer Mandantschaft eingeräumte - Handlung überhaupt als ordnungswidrig zu erfassen ist. Einiges wird zwar von Behörden als verboten angesehen, ist es aber - zumindest bei korrekter juristischer Beurteilung - gar nicht. 


3.) Das Problem und die Chancen wegen des Zeugen-Beweises - oder: Auch Polizisten verfügen nur über menschliche Fähigkeiten …


a) Auf die Polizei-Beamten im Zeugen-Stand kommt es an 

Kommt es nicht ausnahmsweise im Zusammenhang mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung, einem Abstand- oder Rotlicht-Verstoß zu einer Beanzeigung eines angeblichen Handheld-Verstoßes aufgrund eines Blitzer-Fotos oder durch den aktuell mancherorts getesteten „Handy-Blitzer“, so weisen nahezu alle der von uns zahlreich geprüften amtlichen Akten die gleiche Eigenschaften auf: Sie sind recht dünn und dementsprechend mit meist eher wenigen Informationen bestückt. Der show-down bleibt einer gerichtlichen Hauptverhandlung vorbehalten. Dort muss es dann - um Erfolgschancen ausnutzen zu können - zu einer intensiven Befragung des/der Polizei-Beamten durch den auf Handy-Verstöße spezialisierten Anwalt kommen. Mit der Aussage derartiger Zeugen steht und fällt letztlich der Tatvorwurf und damit auch das gesamte Verfahren. Darin liegt ein großes Risiko - zugleich aber bei fachkundiger Verteidigung auch die beste Chance …


b) Beschränkte Erinnerungsfähigkeit von Menschen

Grundsätzlich wird Polizisten von Richtern ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zugesprochen, da sie als neutral angesehen werden und keine Belastungstendenzen unterstellt bekommen. 

Dies ändert aber nichts daran, dass häufig viele Monate zwischen dem Tat-Tag und der Gerichtsverhandlung verstreichen und es Menschen per se schwer fällt, nach so langen Zeiträumen noch detaillierte Informationen aus dem Gedächtnis abzurufen. Genau deswegen kommt es auch auf möglichst umfassende Befragungen durch die Verteidigung an. 

Viele aufrichtige Beamte bestätigen dann auch, dass sie wegen einer Vielzahl gleichartiger Verfahren nur noch bedingte oder gar keine Erinnerungen an den konkreten Tag haben. Bei anderen Zeugen kann dieser Eindruck bewiesen werden, wenn sich ihre Aussage geradeso noch auf genau das beschränkt, was seinerzeit durch Protokollierungen aktenkundig gemacht wurde und somit in Vorbereitung der Verhandlung nochmals nachgelesen werden konnte. 


c) Eingeschränkte Beobachtungs-Möglichkeiten beim Blick in bewegte Fahrzeuge

Dazu kommt noch ein ganz anderer Aspekt, der von sehr vielen unserer Mandantinnen und Mandanten angesprochen wird, nämlich die (von jenen verneinte) Frage, ob die Beamten überhaupt eine rechtlich verlässliche Feststellung darüber treffen konnten, was sich im vorbeifahrenden Fahrzeug gerade ereignet hat und ob dies ein verbotenes Handeln darstellt oder nicht. 

Erfahrungsgemäß geht es an dieser Stelle im Gerichtssaal oftmals hitzig zu, denn es erscheint fast schon natürlich, dass ein anzeigender Beamter auch dabei bleibt, dass er zur Tat-Zeit bestimmte Beobachtungen nicht nur habe treffen können, sondern auch tatsächlich getroffen habe. Richter glauben dies häufig, ohne dabei immer die aus unserer Sicht gebotene kritische Reflexion an den Tag zu legen. 

Aber: Auch bei diesen Tatvorwürfen gibt es Möglichkeiten, mit sachverständiger Hilfe zu plausibilisieren, ob ein stehender Beobachter bei einem vorbeifahrenden Fahrzeug überhaupt über einen hinreichend langen Zeitraum Einblick in das Fahrzeug-Innere nehmen konnte, um mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewissheit einen Tat-Nachweis erbringen zu können. 

Um dies fundiert in Zweifel zu ziehen, aber auch, um unter Berücksichtigung von Wetter-Daten etwaige Einschränkungen der Wahrnehmbarkeit durch Sonnen-Blendung etc. belegen zu können, holen wir in geeigneten Fällen auf Kosten der Rechtschutzversicherungen unserer Mandantschaft gutachterliche Stellungnahmen ein und machen auch diese zur Grundlage der intensiven Zeugen-Befragung. Dies ist eine bislang von anderen AnwältInnen recht selten genutzte, höchst spannende und zugleich oft erfolgreiche Taktik für die Verteidigung.  


4.) Fazit

Vorstehend sind nur ein paar der von uns regelmäßig genutzten Möglichkeiten für eine erfolgreiche Verteidigung angesprochen. Aus Platz-Gründen kann hier keine umfassende Abhandlung erfolgen. 

Dieser Beitrag dient nur dazu, jenen Betroffenen, die einen Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid mit dem Vorwurf eines angeblichen Handy-Verstoßes erhalten haben, Wege aufzuzeigen, durch die sie mit einem juristischen Experten an ihrer Seite bestmögliche Chancen auf eine Vermeidung lästiger Rechtsfolgen haben.

Dies gilt übrigens selbst dann, wenn es tatsächlich zu einer verbotenen Nutzung elektronischer Geräte am Steuer gekommen sein sollte - insbesondere, so lange dieser Vorwurf nicht eingeräumt wurde. Denn auch dann muss die Strafverfolgungsbehörde den erforderlichen Beweis erbringen. Kann sie es nicht, so ist das Verfahren mit einer Einstellung oder einem Freispruch zu beenden. 

Alle Betroffenen, die über eine Verkehrsrechtschutzversicherung verfügen, sollten sich mit Blick auf das Punkte-Register gegen angebliche Handheld-Verstöße zur Wehr setzen. Die Kosten für die anwaltliche Verteidigung und auch etwaige Gutachten übernehmen (mit Ausnahme einer etwaigen vereinbarten Selbstbeteiligung) die Versicherer.

Übrigens: Die angesprochenen gerichtlichen Hauptverhandlungen können in nahezu allen Fällen in Abwesenheit der Betroffenen durchgeführt werden. 


Dr. Sven Hufnagel 

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Verkehrsrecht


Dr. jur. Sven Hufnagel ist auf die Verteidigung in Handy-Verbots-Fällen spezialisiert.

In der „FOCUS-Anwaltsliste“ wurde er von 2015 bis 2021 sieben Jahre in Folge als „Top-Anwalt für Verkehrsrecht“ aufgeführt. Im STERN-Magazin wurde seine Kanzlei zudem von 2020 bis 2022 dreimal hintereinander als eine der „besten Kanzleien Deutschlands im Verkehrsrecht“ genannt.

Nähere Informationen auf unserer speziellen Themen-Webseite unter www.handyverbot.com . Dort geht es um nichts anderes, als die hier besprochenen Fälle.


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