Homeoffice zurück in die Firma? Warum ein Widerruf gut begründet sein muss – Was Beschäftigte jetzt wissen sollten

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Drei Jahre lang arbeitete ein Projektmanager überwiegend im Homeoffice – bis sein Arbeitgeber ihn plötzlich an einen neuen Standort 500 km entfernt versetzte. Eine Rückkehr ins Büro sei nun Pflicht. Der Mitarbeiter wehrte sich gegen die Versetzung und eine vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung.

Das Landesarbeitsgericht Köln gab ihm Recht. Was das für andere Beschäftigte im Homeoffice bedeutet, lesen Sie hier.


Der Fall: Versetzung trotz Homeoffice-Praxis

Der Kläger war seit Jahren bei einem Unternehmen im Automotive-Bereich beschäftigt – zuletzt arbeitete er mit Zustimmung der Firma rund 80 % im Homeoffice.

Im Frühjahr 2023 wurde ihm mitgeteilt: Sein bisheriger Standort werde geschlossen. Stattdessen solle er künftig am neuen Unternehmenssitz 500 km entfernt arbeiten – in Präsenz. Hilfsweise sprach der Arbeitgeber sogar eine Änderungskündigung aus.

Der Projektmanager klagte – und bekam vor dem LAG Köln (Urteil vom 11.07.2024 – 6 Sa 579/23) Recht: Sowohl die Versetzung als auch die Änderungskündigung wurden für unwirksam erklärt.


Die Entscheidung: Homeoffice kann schützenswert sein

Das Gericht stellte klar:

  • Zwar erlaubt der Arbeitsvertrag eine Versetzung an jeden Standort in Deutschland.

  • Doch ein solches Weisungsrecht unterliegt den Grundsätzen des „billigen Ermessens“ (§ 106 GewO).

  • Das heißt: Der Arbeitgeber muss sachliche Gründe für seine Entscheidung vortragen und abwägen, ob seine Interessen schwerer wiegen als die des Arbeitnehmers.

Im konkreten Fall:

  • Der Mitarbeiter war über Jahre im Homeoffice tätig – ohne Beanstandungen.

  • Er hatte sich familiär, kulturell und organisatorisch am bisherigen Wohnort eingerichtet.

  • Die Firma konnte nicht nachvollziehbar begründen, warum eine Tätigkeit vor Ort zwingend notwendig sei.

  • Keine Hilfe beim Umzug, keine Unterstützung – all das wurde gegen die Firma gewertet.

Ergebnis: Der Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis war unwirksam, ebenso wie die Versetzung und Änderungskündigung.


Was sagt das Gesetz?

Arbeitgeber dürfen grundsätzlich bestimmen, wo und wie gearbeitet wird – das regelt § 106 GewO („Weisungsrecht“). Aber:

  • Die Ausübung dieses Rechts muss „billigem Ermessen“ entsprechen.

  • Das bedeutet: Es muss eine faire Abwägung zwischen den Interessen beider Seiten stattfinden.

  • Eine einseitige Entscheidung ohne triftige Gründe kann rechtswidrig sein – selbst wenn es eine Versetzungsklausel im Vertrag gibt.


Wichtige Tipps für Arbeitnehmer im Homeoffice

Lange gelebte Praxis zählt: Wer über Jahre im Homeoffice gearbeitet hat, kann sich auf eine gewisse „Verwurzelung“ berufen – auch ohne schriftliche Vereinbarung.

Verlangen Sie Begründungen: Der Arbeitgeber muss konkret darlegen, warum Präsenz notwendig ist. Allgemeine Aussagen („Teamgefühl“, „Kultur“) reichen meist nicht.

Prüfen Sie Alternativen: Muss wirklich eine Versetzung sein? Oder wäre ein Hybridmodell, tageweise Anwesenheit oder ein anderer Standort denkbar?

Lassen Sie sich nicht vorschnell unter Druck setzen: Eine Änderungskündigung ist ein scharfes Mittel – und nur zulässig, wenn es kein milderes Mittel gibt.

Fristen beachten: Gegen eine Versetzung oder Änderungskündigung sollten Sie innerhalb von drei Wochen klagen, um Ihre Rechte zu wahren.


Fazit: Homeoffice ist kein Recht – aber auch kein Spielball

Das Urteil des LAG Köln (11.07.2024 – 6 Sa 579/23) zeigt deutlich: Arbeitgeber dürfen Homeoffice nicht beliebig widerrufen, wenn Beschäftigte sich darauf eingestellt haben und keine triftigen Gründe für eine Rückkehr ins Büro bestehen.

Wer sich betroffen fühlt, sollte frühzeitig handeln – und sich rechtlich beraten lassen. Oft lässt sich eine einvernehmliche Lösung finden – oder notfalls vor Gericht durchsetzen.


Tipp: Wenn Sie eine Versetzung erhalten oder ins Büro zurückbeordert werden, obwohl Sie lange erfolgreich im Homeoffice gearbeitet haben, lohnt sich der Blick ins Detail. Nicht jede Anweisung ist rechtens.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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