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Hundebiss beim Gassi gehen: Anspruch auf Schadenersatz?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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So lieb (Haus)Tiere zumeist sind – sie bleiben dennoch unberechenbar. Oft reicht schon eine unbedachte Bewegung eines Menschen, die vom Tier als Provokation angesehen wird. In der Regel kommt es aber eher zwischen den vierbeinigen Artgenossen zu Rangeleien, in die dann die überraschten Herrchen und Frauchen unfreiwillig hineingezogen werden. Das kann mitunter blutig enden. Doch kann der verletzte Tierhalter dann Schadenersatz verlangen?

Vom Golden Retriever gebissen

Ein Hundehalter ging mit seinem Labrador-Mischling Gassi. Plötzlich näherte sich von einem der anliegenden Grundstücke ein Golden Retriever. Der zwängte sich durch die Hecke zwischen Rasen und Straße und sprang auf den angeleinten Mischling zu. Es kam zu einer Rangelei und später auch zu einem Kampf. Der Hundehalter befand sich mittendrin und konnte sich – unter anderem deshalb, weil die Leine fest um seine linke Hand gewickelt war – nicht befreien. Kurz darauf wurde der Mann von dem Golden Retriever gebissen.

Später verlangte der verletzte Spaziergänger vom Halter des aggressiven Golden Retrievers Schadenersatz und Schmerzensgeld – schließlich sei er durch dessen Hund verletzt worden. Der Gegner verweigerte jedoch die geforderte Zahlung, woraufhin der gebissene Hundehalter vor Gericht ging. Der Streit zog sich durch mehrere Instanzen und landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

Hundehalter muss Schadenersatz zahlen

Der BGH hielt den Halter des Golden Retrievers für schadenersatzpflichtig nach § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Schließlich hatte sein Hund den vorbeilaufenden Passanten gebissen und damit verletzt.

Anrechnung der Tiergefahr?

Allerdings war dem Verletzten nach Ansicht der Richter die von seinem eigenen Hund ausgehende Tiergefahr anspruchsmindernd zuzurechnen, quasi als eine Art Mitverschulden. Irrelevant ist hierbei insbesondere der Auslöser des Kampfs – welcher Hund zuerst angegriffen oder zugebissen hat, spielt vielmehr nur bei der Frage der Haftungsverteilung eine Rolle, nicht dagegen bei der Frage, ob überhaupt gehaftet wird.

Eine Anrechnung der Tiergefahr kann jedoch entfallen, wenn ein Tier ohne eigenes Zutun in ein bestimmtes Geschehen involviert wird – denn dann wäre die Gefahr, die von einem Tier ausgeht, für den Vorfall nicht ursächlich gewesen. Hierzu ist es vielmehr aus einem anderen Grund gekommen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Reize, die von einem Tier ausgehen, bereits als Tiergefahr gewertet werden, z. B. der Duft eines läufigen Hundeweibchens.

Verletzung aufgrund Hundekampfs

Vorliegend ist der Hund des Verletzten vor dem Angriff zwar brav bei Fuß gelaufen, aber als der Golden Retriever sich auf das Herrchen und seinen Mischling stürzte, hatte der sich – seiner tierischen Natur entsprechend – an der Rangelei beteiligt. Damit waren beide Hunde „schuld“ an dem Kampf. Der gebissene Hundehalter musste sich daher die Tiergefahr seines Labrador-Mischlings anrechnen lassen.

Achtung: Der BGH hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, die noch einmal über den Rechtsstreit entscheiden muss. Grund dafür waren fehlende Feststellungen zu der Frage, ob das Herrchen des Golden Retrievers auch nach § 823 BGB haftet. Hier kann der Geschädigte Schadenersatz verlangen, wenn sein Gegner den Schaden fahrlässig oder vorsätzlich verursacht hat. Die Tiergefahr dürfte bei dieser Vorschrift dagegen nicht anspruchsmindernd angerechnet werden.

Zwar hat der Halter des Golden Retrievers seinen Hund vorliegend nicht vorsätzlich auf den Passanten und seinen Mischling gehetzt. Allerdings könnte er fahrlässig gehandelt haben, weil sein Vierbeiner sich durch die Hecke zwängen und somit das Grundstück problemlos verlassen konnte. Denn ein Tierhalter ist verpflichtet, den Verkehr um sein Grundstück herum vor den Gefahren, die von seinem Hund ausgehen, zu schützen. Er muss also sein Tier beaufsichtigen oder einen sicheren Zaun um seine Immobilie ziehen.

Fazit: Tiere sind unberechenbar. Aus diesem Grund müssen Tierhalter in der Regel auch haften, wenn ihre Vierbeiner etwas anstellen.

(BGH, Urteil v. 31.05.2016, Az.: VI ZR 465/15)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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