Impfpassfälschung – Strafbarkeit auch nach altem Recht

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Der Bundesgerichtshof schafft (Rechts-) Sicherheit und positioniert sich erstmalig zur Frage, welche Delikte durch den Gebrauch und das Ausstellen gefälschter Gesundheitszeugnisse, zu denen auch der Impfpass gehört, verwirklicht werden und ob die Strafbarkeitslücke aufgrund einer Sperrwirkung von Sondervorschriften innerhalb der Urkundendelikte je bestand. 

Bisherige Entwicklungen

Am 24. November 2021 wurde im Zuge einer Gesetzesänderung die Strafbarkeit des Gebrauchs und Herstellens eines gefälschten Gesundheitszeugnisses strafverschärfend erweitert, indem nun nicht nur das Vorzeigen gegenüber Behörden und Versicherungen, sondern auch das Verwenden im allgemeinen Rechtsverkehr vom Tatbestand erfasst sind (vgl. § 277 StGB – n.F / a.F).

Grund hierfür war eine von Teilen der Rechtsprechung vermutete Strafbarkeitslücke: Das Vorzeigen von gefälschten Gesundheitszeugnissen in Apotheken oder der Gastronomie war nicht vom Tatbestand des § 277 StGB a.F. umfasst. Eine naheliegende Strafbarkeit wegen allgemeinen Urkundendelikten wie der Urkundenfälschung nach § 267 StGB schied nach einer Auffassung einiger Landes- und Oberlandesgerichte allerdings aufgrund der Sperrwirkung des § 277 StGB a.F. aus, was zur Straflosigkeit des „Täters“ führte; diese Strafbarkeitslücke sollte geschlossen werden. 

Das Bestehen dieser Lücke blieb bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs innerhalb der Rechtsprechung jedoch hoch umstritten.

Der Hintergrund

Das Landgericht Hamburg beschäftigte sich mit dem Fall eines Angeklagten, der in neunzehn Fällen nie stattgefundene Corona-Impfungen nebst der Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in Impfpässe eingetragen und diese mit falschem Stempel und Unterschriften versehen hatte. Diese falschen Bescheinigungen sollten dann in Apotheken für die Erstellung digitaler Impfzertifikate vorgelegt werden oder in Freizeiteinrichtungen als „Eintrittskarte“ dienen.  

Der Angeklagte wurde jedoch freigesprochen: Eine Strafbarkeit nach § 277 StGB a.F. schied zu der Tatzeit aus, da das Vorzeigen der falschen Bescheinigung nur vor Behörden oder einer Versicherung vom Tatbestand umfasst war – nicht aber in der Gastronomie oder vor Apotheken. Auch sei die Verurteilung aufgrund einer Urkundenfälschung nach § 267 StGB nicht möglich, da der § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung sei, die den Rückgriff auf § 267 StGB ausschließe.

Auch andere Landes- und Oberlandesgerichte waren der Ansicht, dass eine Bestrafung wegen der Urkundenfälschung i.S.d. § 267 StGB nicht möglich sei, da die Normen über Gesundheitszeugnisse Sondervorschriften seien und eine Sperrwirkung gegenüber der Urkundenfälschung entfalteten. 

Wieder andere Oberlandesgerichte haben sich jedoch deutlich gegen die Sperrwirkung der Sondervorschrift gegenüber der Urkundenfälschung ausgesprochen.

BGH: Keine Sperrwirkung – kein lex specialis

Die Frage nach dem Bestehen einer Strafbarkeitslücke und einer möglichen Sperrwirkung der besonderen Vorschriften beantwortete der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 10.November 2022 (Az. 5 StR 283/22) mit einem klaren „nein“:

Der BGH stellte fest, dass das Herstellen und Gebrauchen von falschen Impfbescheinigungen sehr wohl als Urkundenfälschung nach § 267 StGB strafbar ist und auch nach alter Rechtslage schon war.

§ 277 StGB in seiner alten Fassung sei keine spezielle Vorschrift, die den Täter, der Gesundheitszeugnisse gefälscht hat, gegenüber dem Urkundenfälscher privilegieren soll, so der BGH. Diese vermutete Privilegierung sei weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen zu entnehmen und auch nicht durch den Willen des Gesetzgebers zu begründen. 

Der Freispruch des Landgerichts wurde vom BGH aufgehoben und der Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. 

Richtiges Vorgehen als Beschuldigter

Der Bundesgerichtshof ermöglicht durch seine Entscheidung die Verurteilung von Angeklagten, die vor der Gesetzesänderung zum 24.November 2021 ein gefälschtes Gesundheitszeugnis im Rechtsverkehr verwendet haben und hätten freigesprochen werden können, wenn es nicht zur Klarstellung der Strafbarkeit nach § 267 StGB durch den BGH gekommen wäre.

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