Internationale Erbschaften: Fallstricke im deutsch-spanischen Kontext

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Die Abwicklung von internationalen Erbschaften im deutsch-spanischen Kontext ist eine komplexe Angelegenheit, die zahlreiche rechtliche und praktische Herausforderungen mit sich bringen kann. Insbesondere bei Erbfällen, die Verbindungen zu beiden Ländern haben, können typische Probleme auftreten, die eine sorgfältige Planung und professionelle Beratung erfordern. 

Die immer wiederkehrenden Fallstricke habe ich hier zusammengetragen, wobei anzumerken ist, dass all dies Problemfelder sind, die bereits bei harmonischen Erbschaftsabwicklungen auftreten. Gibt es zusätzlich unter den Erben Streit, kann es noch deutlich komplexer werden. Hier erweist es sich immer wieder als hilfreich, wenn alle Seiten von Rechtsanwälten vertreten sind, die zumindest nicht zum ersten Mal eine deutsch-spanische Erbschaft abwickeln.

Nachlassverfahren in Deutschland oder Spanien?

Die Abwicklung einer internationalen Erbschaft im deutsch-spanischen Kontext wirft zu Beginn eigentlich immer eine richtungsweisende Frage auf: Wo muss oder sollte das Nachlassverfahren durchgeführt werden – in Deutschland oder in Spanien?

Die Antwort auf diese Frage hängt von mehreren Faktoren ab. Nicht selten entsteht dabei die Konstellation, dass ein Nachlassverfahren aus rechtlicher Sicht eigentlich in Spanien stattzufinden hat, alle Erben aber in Deutschland leben und es als überaus lästig und unnötig empfinden würden, die Erbschaft in Spanien abwickeln zu müssen. Auch für solche Fälle gibt es Möglichkeiten, eine für alle Beteiligten pragmatische Lösung zu finden. Zwar ist hierfür nicht selten ein wenig inhaltliche Überzeugungsarbeit insbesondere bei den Nachlassgerichten erforderlich, mit den richtigen Hinweisen und Argumenten ist aber auch dies gut und vergleichsweise problemlos steuerbar.

Die Herausforderungen der Testamentsauslegung

Liegt ein Testament vor, vereinfacht das die Situation, wenn es zielführende Anweisungen zur Erbschaft, beispielsweise zum anwendbaren Recht enthält. Das ist aber nicht immer der Fall. In einigen, selteneren Fällen kann ein Testament die Abwicklung der Erbschaft sogar erschweren. Damit sind weniger rein rechtliche, sondern eher praktische Aspekte gemeint. Muss zum Beispiel ein deutsches Nachlassgericht ein spanisches notarielles Testament prüfen, kommt es regelmäßig zu Problemen bei der Herausgabe des Originals durch den spanischen Notar. Andersherum kommt es in spanischen Nachlassverfahren manchmal zu Problemen, wenn bspw. ein deutsches, handgeschriebenes Testament ausgelegt werden soll.

Liegt indes kein Testament vor, muss sich die Ermittlung des anwendbaren Erbrechts (deutsches oder spanisches Erbrecht) an den individuellen Lebensumständen des Erblassers orientieren. Das kann unkompliziert, aber auch knifflig sein. Zu genau diesem Thema habe ich meine Doktorarbeit verfasst. Eine Kurzversion zum Problemfeld finden Sie außerdem hier.

Steuerliche Verpflichtungen: Die sog. NIE-Nummer

Ein weiteres Problem, das häufig auftritt, betrifft die Steuererklärung in beiden Ländern. Alle Erben müssen die erforderlichen Schritte unternehmen, um ihre steuerlichen Verpflichtungen in Deutschland und Spanien zu erfüllen. Dabei gelten insbesondere in Spanien sehr kurze Fristen, deren Verlängerung möglichst sofort beantragt werden sollte. Außerdem sollten beide Steuererklärungen, also die deutsche wie die spanische, nach Möglichkeit inhaltlich deckungsgleich und gut koordiniert sein.

In aller Regel ist außerdem die Beantragung einer spanischen Steuernummer (NIE) für die Erben unerlässlich. Dieser Schritt gehört wohl zu den lästigsten aller Vorgänge, weil das dafür nötige Verfahren komplizierte Formulare sowie das persönliche Erscheinen vorsieht und außerdem auch lange Bearbeitungszeiten bei den spanischen Behörden mit sich bringt. Es wird deshalb von unseren deutschen Mandanten fast ausnahmslos (und nicht ganz zu Unrecht) als unnötig formalistisch und bürokratisch empfunden, weswegen wir es so einfach wie möglich gestalten und unseren Mandanten möglichst viel der formalen Arbeiten abnehmen.

Vererbte Unternehmen und Immobilien: Formale Aspekte

Darüber hinaus können bei vererbten Unternehmen oder Immobilien zusätzliche Herausforderungen auftreten, insbesondere im Zusammenhang mit der Umtragung von Registern. Die Eintragung von Erben in entsprechende Grundbuch- und Handelsregister sowohl in Deutschland als auch in Spanien erfordert ein umfassendes Verständnis der örtlichen Regelungen und Verfahren.

Vorkehrungen treffen: Nachlassplanung 

Um all solchen oben genannten Komplikationen vorzubeugen, ist eine umfassende Nachlassplanung vor dem Tod ratsam, wenn absehbar ist, dass die Erbschaft länderübergreifend sein wird. Bei dieser Planung sollten sowohl die deutschen als auch die spanischen Gesetze berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden.

Testamentsvollstrecker einsetzen?

Ratsam kann auch sein, einen Testamentsvollstrecker zu benennen, der mit beiden Rechtsordnungen vertraut ist und somit sicherstellt, dass der Nachlass gemäß den Wünschen des Erblassers entsprechend und so komplikationslos und effizient wie möglich abgewickelt wird. Dies mindert zumindest Unstimmigkeiten unter den Erben hinsichtlich der formalen Abwicklung und Auseinandersetzung der internationalen Erbschaft und trägt nicht selten dazu bei, dass Konflikte nicht vor Gericht ausgetragen werden müssen sondern eine einvernehmliche und den Wünschen des Erblassers entsprechende Lösung unter den Erben gefunden wird.

Zusammenfassung

Im Hinblick auf die Komplexität und die potenziellen Fallstricke bei der Abwicklung internationaler Erbschaften im deutsch-spanischen Kontext ist es ratsam, frühzeitig professionelle rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Eine sorgfältige Planung im Voraus sowie die Ernennung eines erfahrenen Testamentsvollstreckers können dazu beitragen, dass der Nachlass gemäß den Wünschen des Erblassers und im Einklang mit den geltenden Gesetzen effizient abgewickelt wird, und somit eventuellen Streitigkeiten unter den Erben vorbeugt. 

Gemeinsam mit meinem Team stehe ich Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.

Foto(s): © 2023


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