Internet-Videorekorder – EuGH-Generalanwalt bejaht Rechtswidrigkeit

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Sogenannte Online- oder Internet-Videorekorder beschäftigen deutsche Gerichte seit über 11 Jahren (ausgehend von LG Leipzig, Urteil vom 12.05.2006, Az. 05 O 4391/05 – Shift.tv). Regelmäßig geht es dabei um die Frage, ob diese Dienste die Privatkopieschranke des § 53 UrhG nutzen und so Vervielfältigungen für ihre Kunden anfertigen können, ohne bei den Rechteinhabern Lizenzen einholen zu müssen.

Mittlerweile hat sich der Bundesgerichtshof bereits mehrfach zu den urheberrechtlichen Fragestellungen geäußert (Urteil vom 22.04.2009, Az. I ZR 216/06; Urteil vom 11.04.2013, I ZR 152/11). Abschließend geklärt sind die Fragen indes nicht, wie die weitere Befassung des OLG München (Urteil vom 03.06.2015, Az. 6 Sch 7/14 WG) und der Schiedsstelle mit derartigen Diensten zeigen.

Nun wird in absehbarer Zeit der EuGH jedenfalls über einige der offenen Fragen entscheiden. Das Tribunale di Torino (Italien) hat am 12.05.2016 zwei Vorlagefragen an den EuGH gerichtet. Im Wesentlichen geht es um die Frage, ob Internet-Videorekorder ohne Zustimmung der Rechteinhaber auf Servern in der „Cloud“ Aufnahmen von Fernsehsendungen speichern und diese anschließend zum Download bereithalten dürfen.

Der für den Fall zuständige Generalanwalt Szpunar hat diese Frage in seiner Stellungnahme vom 07.09.2017 für den konkreten Fall verneint. Geklagt hatte vorliegend nicht ein geschädigter Rechteinhaber, sondern die englische Firma VCAST, die selbst einen „video cloud recorder“ anbietet. Sie wollte feststellen lassen, dass sie keine Lizenzen des italienischen Fernsehsenders RTI für ihr Geschäftsmodell benötigt, weil sie unter die italienische Privatkopieschranke fiele.

Nach Ansicht von VCAST würden die jeweiligen Nutzer, und nicht der Dienst die Kopien herstellen, VCAST liefere vielmehr nur das Werkzeug. Diese Frage hatte auch der BGH zu entscheiden. Fraglich war insofern, ob nur der Endnutzer den vollständig automatisierten Aufzeichnungsvorgang auslöst oder der Dienst eine aktive Rolle übernimmt. Handelt allein der Endnutzer, sei dieser selbst der Hersteller (und somit privilegiert), auch wenn er fremde Vorrichtungen für die Erstellung der Kopie benutze.

In seiner Stellungnahme betont der Generalanwalt, dass es auch hier um die Frage geht, wer die Vervielfältigung herstellt. Nach seiner Auffassung dürfe es keinen „Eingriff“ des Dienstes geben, da andernfalls nicht mehr der Endnutzer Hersteller der Vervielfältigung sei. Zudem sei es für das Vorliegen einer Privatkopie erforderlich, dass der Endnutzer rechtmäßigen Zugriff auf das vervielfältigte Werk habe. Daran fehle es hier, denn das Angebot von VCAST sei nicht auf Italien beschränkt. Vielmehr könnten auch VCAST-Kunden italienische terrestrische Fernsehsendungen aufzeichnen und anschließend herunterladen, zu denen sie ohne den Dienst gar keinen (rechtmäßigen) Zugang hätten.

Im Ergebnis ist es daher der Dienst VCAST, der die Vervielfältigungshandlungen vornimmt. Da er hierfür keine Lizenzen erworben hat, ist das Angebot rechtswidrig. Dies gilt ebenfalls für die sich an die Aufzeichnung anschließende Bereitstellung der Inhalte zum Download. Hierin liegt eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung, das in Deutschland in § 19a UrhG geregelt ist. Sollte der EuGH der Einschätzung des Generalanwalts folgen, wird VCAST sein Geschäftsmodell einstellen oder stark anpassen müssen.


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