Ist ein Spezial-Ventil eine Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes?

  • 3 Minuten Lesezeit

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat beim Ermittlungsrichter des BGH Haftbefehle gegen 4 Deutsch-Iraner beantragt. Dem Antrag ist der Ermittlungsrichter nachgekommen. Gegen die Männer bestehe der dringende Tatverdacht des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (§ 34 AWG) und das Kriegswaffenkontrollgesetz (§ 19 KrWaffKontrG), so der Ermittlungsrichter. Im Mittelpunkt stehen Ventil-Lieferungen für den Bau eines Schwerwasserreaktors, die über türkische Tarnfirmen in den Iran gelangt sein sollen.

Zuständig für den Erlass des Haftbefehls nach dem Geschäftsverteilungsplan des BGH ist der Ermittlungsrichter I beim BGH, soweit das Außenwirtschaftsstrafrecht zur Anwendung kommt; Ausgenommen sind davon Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz, die der Förderung des islamistischen Terrorismus dienen. Dann wäre der Ermittlungsrichter II zuständig.

Überrascht ist man bei dieser Nachricht, dass gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen wurde. Denn hier sollen reine Wirtschaftsgüter exportiert worden sein, die beim ersten Blick keinen Bezug zu Waffen haben. Eigentlich denkt man vorrangig an eine Strafbarkeit nach dem Außenwirtschaftsgesetz.

Der interessierte Laie fragt sich dann, ist ein Spezial-Ventil eine Kriegswaffe?

Die einzige Vorschrift, die hier meines Erachtens eine Strafbarkeit begründen könnte, ist die Vorschrift des § 19 Absatz 1 Nr. 2 Kriegswaffenkontrollgesetz. Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine in Nr. 1 bezeichneten Handlung „fördert". Der Gesetzgeber hat hier also jede Form von Gehilfenhandlung einer Täterschaft gleichgestellt. Man spricht auch von Einheitstäterbegriff. Gehilfen, Förderer, Beschaffer in Deutschland werden den mutmaßlichen Tätern im Iran gleichgestellt.

Diese Figur des Einheitstäterbegriffs kennt man aus anderen Bereichen des Nebenstrafrechts, zum Beispiel bei der Schleuserkriminalität im Aufenthaltsgesetz oder beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in BtMG.

Doch was ist mit „eine in Nr. 1 bezeichneten Handlung" gemeint?

Der Handelnde ist derjenige, der Atomwaffen im Sinne des § 17 Abs. 2 „entwickelt", „herstellt", einführt etc.

Was „Atomwaffen" wiederum sind, wird legal in § 17 Abs. 2 Kriegswaffenkontrollgesetz definiert. Danach sind Atomwaffen auch „Teile, Vorrichtungen, Baugruppen oder Substanzen, die eigens für eine in Nr. 1 genannte Waffe bestimmt sind". Außerdem gilt die Begriffsbestimmung des revidierten Brüsseler Vertrages vom 23.10.1954.

Man müsste also annehmen, dass die Beschuldigten wussten, dass zum einen die islamische Republik Iran Atomwaffen entwickelt, zum anderen diese Wirtschaftsgüter gerade für die Entwicklung von Atomwaffen bedeutend waren.

Um dies nachzuweisen, bedarf es nachrichtendienstlicher Informationen. Sicherlich liegen Informationen der Auslandsgeheimdienste allen voran, vom israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad und vom amerikanischen Geheimdienst CIA vor.

Soweit mir aber bekannt ist, hat bisher keine Regierungsbehörde und auch nicht die Atomenergiebehörde nachweisen können, dass Iran konkret Atomwaffen entwickelt. Es ist ein Katz- und Mausspiel zwischen Atomenergiebehörde und den iranischen Behörden. Und das Wirtschaftsembargo gegen den Iran soll die mögliche Entwicklung von Atomwaffen dahingehend erschweren. Was aber nicht heißt, dass Iran Atomwaffen entwickelt oder besitzt.

Was ich damit sagen will, dass dieses Vorhaben höchst geheim ist, dass hier bezweifelt werden kann, dass die Beschuldigten Informationen darüber hatten.

Man könnte allerdings an eine fahrlässige Begehungsweise denken. Ob dann dafür ein Haftbefehl noch verhältnismäßig ist, ist eine andere Frage. Die Haftbefehle müssten dann aufgehoben werden.

Insgesamt wirft der Fall viele Fragen auf. Außer, dass die Normen höchst unbestimmt sind, tauchen rechtliche Probleme des sog. Internationalen Strafrechts auf. Zwar sind bestimmte in § 21 Kriegswaffenkontrollgesetz genannte Taten (zum Beispiel die gewerbsmäßige Begehung, die hier vorliegen könnte) strafbar, unabhängig vom Recht des Tatortes, das gilt auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereichs dieser Vorschriften begangen werden, wenn der Täter Deutscher ist. Was ist aber, wenn diese genannten Vorschriften in § 21 KrWaffKontrG keine Anwendung finden?

Rechtsanwalt

Dr. Ebrahim-Nesbat aus Hamburg


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. jur Shahryar Ebrahim-Nesbat

Beiträge zum Thema