Ist jedes rücksichtslose Überholen eine strafbare Nötigung?

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Autofahrer drängt Motorradfahrer ab

Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Düsseldorf im August 2007 auseinanderzusetzen (Beschluss vom 09.08.2007, III – 5 Ss 130/07-61/07 I –). Bei dem verhandelten Sachverhalt hatte ein Autofahrer unmittelbar vor einer Verengung der Fahrbahn zum Überholen eines vor ihm fahrenden Motorrades angesetzt. Nachdem sich beide Fahrzeuge auf gleicher Höhe befanden und auf die Fahrbahnverengung zufuhren, zog der PKW-Fahrer sein Fahrzeug nach rechts und drängte dadurch das Motorrad in Richtung Bordsteinkante. Ein Unfall wurde nur dadurch verhindert, dass der Motorradfahrer sein Fahrzeug stark abbremste.

Das Amtsgericht verurteilte den Autofahrer wegen Nötigung zu einer Geldstrafe und einem dreimonatigen Fahrverbot. Das Landgericht verwarf die Berufung des Autofahrers.

Oberlandesgericht sieht keine strafbare Nötigung

Anders sah dies das Oberlandesgericht. Dieses sah im Verhalten des PKW-Fahrers keine strafbare Nötigung.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass nicht jeder vorsätzliche Verkehrsverstoß eine Nötigung im Sinne von § 240 StGB darstellt. Voraussetzung sei, dass die Einwirkung auf einen anderen Verkehrsteilnehmer Zweck des verbotswidrigen Verhaltens und nicht bloße Folge sei. Dies sei bei einem rücksichtslosen Überholen in der Regel nicht der Fall, da die Einwirkung auf andere in diesem Fall nicht das Ziel des Überholens sei, sondern nur als Folge der Fahrweise in Kauf genommen werde. Ziel sei es lediglich, schneller voranzukommen. Anders sei dies bei einem dichten und bedrängenden Auffahren oder absichtlichem Ausbremsen oder Abdrängen.

Daher entschied das OLG in diesem Fall zugunsten des Autofahrers.

Fazit

Ein rücksichtsloses Überholen stellt nach dem Oberlandgericht keine strafbare Nötigung dar. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass ein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Überholen den Tatbestand der fahrlässigen Verkehrsgefährdung erfüllen kann. Insoweit ist ein solches Verhalten nicht nur zu missbilligen, sondern auch mit Strafe bedroht.


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