Kein Leistungsausschluss bei mittelbarem Überschwemmungsschaden nach Sturmflut

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Leistungspflicht des Versicherers bei Überschwemmungsschäden 

Das Risiko von Unwetterschäden betroffen zu sein, besteht in der gesamten Bundesrepublik und wird regelmäßig durch den Abschluss von Elementarschadenversicherungen abgesichert. Ein besonders hohes Risiko besteht u. a. für Versicherungsnehmer, welche in Küstennähe wohnen, da es hier immer wieder zu Sturmfluten kommen kann. Aus diesem Grund beinhalten Versicherungsverträge, welche eine Leistungspflicht für Überschwemmungsschäden vorsehen, regelmäßig einen Leistungsausschluss für Schäden, die durch eine Sturmflut verursacht werden. 

Bundesgerichtshof entscheidet über Ausschlussklausel

Ob ein Schaden, welcher nicht unmittelbar durch eine Sturmflut, sondern vielmehr in Folge einer Überschwemmung durch zurückgestautes Flusswasser eingetreten ist, ebenfalls von dem Leistungsausschluss erfasst ist, war bislang strittig. Diese Frage hat nunmehr der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26.02.2020 zum Aktenzeichen IV ZR 235/19 zugunsten der Versicherungsnehmer entschieden. Der IV. Zivilsenat hat die Entscheidung des Landgerichts Berlin bestätigt und entschieden, dass eine nur mittelbare Auswirkung einer Sturmflut von dem Leistungsausschluss nicht erfasst wird. 

Flusswasser staute sich infolge der Sturmflut landeinwärts

Konkret ging es in dem Fall um die Sturmflut in Rostock, welche sich in der Nacht vom 04. auf den 05.01.2017 ereignete. Infolge des auflandigen Windes wurden Wasserstände von bis zu 1,60 Meter über dem mittleren Wasserstand erreicht. Das Wasser der Warnow konnte infolge dessen nicht abfließen und staute sich landeinwärts. 

Das Grundstück des Klägers mit dem versicherten Gebäude befindet sich im Stadthafen von Rostock direkt an der Warnow, welche ihrerseits in die Ostsee mündet. Das Hauses liegt etwa 16 Kilometer von der Ostsee entfernt. Am Standort des Hauses uferte es aus und überflutete das Grundstück.

Versicherer berief sich auf Ausschluss wegen einer „Sturmflut“

Der Versicherer lehnte seine Leistungspflicht ab und verwies auf die vereinbarte Ausschlussklausel. Die Bedingungen sahen einen Leistungsanspruch bei Schäden, die durch Überschwemmung oder Rückstau entstehen vor und enthielt entsprechende Definitionen. Des weiteren sah der Vertrag einen Leistungsausschluss u. a. für Schäden durch „Sturmflut“ vor.

Nässeschaden infolge der Überschwemmung des Flusses 

Mit seiner Einschätzung hatte der Versicherer keinen Erfolg. Der Bundesgerichthof bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen, wonach es sich bei dem eingetretenen Nässeschaden um ein versichertes Risiko, nämlich eine Überschwemmung im Sinne der Bedingungen, handele. 

Kriterien für das Vorliegen einer Sturmflut i.S.d. Bedingungen 

Die Voraussetzungen für den Leistungsausschluss seien nicht erfüllt, da hierfür ein außergewöhnlich hohes Ansteigen des Wassers an Meeresküsten und in Flussmündungen erforderlich sei und darüber hinaus dessen Verursachung durch auflandigen Sturm. Offen gelassen hat der Bundegerichtshof in seiner Entscheidung, ob zusätzlich eine Mitverursachung durch Gezeiten hinzukommen muss. Dies war vorliegend nicht entscheidungserheblich. 

BGH: Voraussetzungen der Ausschlussklausel nicht erfüllt

Der Schaden sei gerade nicht „durch“ die Sturmflut verursacht worden sondern vielmehr durch eine vom Versicherungsschutz erfasste Überschwemmung. Diese stellte sich aber nicht unmittelbare Folge der Sturmflut dar. Sie sei lediglich eine mittelbare Auswirkung einer Sturmflut, da diese hier lediglich dazu geführt habe, dass die Warnow nicht in die Ostsee entwässern konnte und es aufgrund dessen zu der Erhöhung des Wasserstandes und infolge dessen zu der Überschwemmung gekommen sei. 

Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer müsste nicht ohne weiteres annehmen, dass der Ausschluss auch dann greifen solle, wenn die Sturmflut in einiger Entfernung, hier 16 Kilometer entfernt, aufgetreten sei. 

Der Versicherer hatte daher die Versicherungsleistung zu erbringen. 

Kompetenz im Versicherungsrecht

Aufgrund meiner Erfahrung und langjährigen Tätigkeit als Fachanwältin für Versicherungsrecht auf Seiten der Versicherungsnehmer stehe ich Ihnen bundesweit für eine fachkundige Überprüfung und Durchsetzung Ihrer Leistungsansprüche gern zur Seite.


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