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Keine Beweislastumkehr bei Nichtwahrnehmung von Kontrollterminen

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Unterlässt ein Patient gebotene Kontrolltermine, obgleich ihm deren Notwendigkeit bekannt waren, und ruft dies bei der Nachbehandlung weitere Komplikationen und Erkrankungen hervor, scheidet eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten aus.

Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 04.02.2015

Dies hat das OLG Saarbrücken in einem Urteil vom 04.02.2015 (Az. 1 U 27/13) entschieden.

Der Patient wurde im Juli 2002 wegen eines akuten Abdomens im Klinikum aufgenommen. Noch am selben Tag wurde eine Entzündung des Bauchfells festgestellt. Es wurde eine stark entzündete Gallenblase entfernt, wobei es zu einer massiven Blutung einer Leberarterie kam. Wenige Tage später wurde bei dem Patienten eine ERCP-Untersuchung durchgeführt, wobei auffiel, dass das Kontrastmittel im mittleren Drittel des Gallenganges abbrach. Daraufhin wurde eine Revisionsoperation durchgeführt.

In der Folgezeit entwickelte der Patient eine Gallenfistel, zudem kam es zu einem Wundinfekt und zur Wunderöffnung, was eine offene Wundbehandlung bedingte. Aufgrund eines Stentverschlusses sowie einer narbigen Hepaticusstenose musste sich der Patient ab Juni 2003 in der Universitätsklinik behandeln lassen. Es erfolgte eine interventionelle Behandlung der Gallenwege bis einschließlich April 2004. Im Januar 2007 verstarb der Patient.

Noch zu seinen Lebzeiten leitete der Patient ein Verfahren vor der Gutachterkommission der Ärztekammer ein. Er erhob den Vorwurf eines Befunderhebungsfehlers bezüglich der unterlassenen Röntgenkontrastmitteldarstellung im Zuge der ersten Operation Mitte Juli 2002.

Bei dieser unterlassenen Röntgenkontrolluntersuchung handelt es sich nachweisbar um einen Befunderhebungsfehler. Dieser ist gegeben, wenn die Erhebung medizinisch gebotener Befunde unterlassen wird. Der beklagte Arzt hat keine Kontrastmittel-Röntgendarstellung durchgeführt, in deren Folge hätte festgestellt werden können, ob der Gallengang verletzt ist und die zur Beseitigung erforderlichen Maßnahmen eingeleitet werden können. Damit liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in dem eine Krankheit abklärenden Bereich und nicht im Bereich der eigentlichen operativen Behandlung.

Selbst wenn dieser Befunderhebungsfehler kein grober ist, führt er dennoch grundsätzlich zu einer Beweislastumkehr. Erforderlich hierfür ist, dass sich bei der gebotenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion als grob fehlerhaft darstellen würde. Der grobe Behandlungsfehler muss nicht die einzige Ursache des Schadens sein. Einzige Verteidigungsmöglichkeit des Arztes ist es dann zu behaupten, der Schaden wäre bei pflichtgemäßem Verhalten gleichfalls entstanden.

Diese Ursachenvermutung entfällt, sobald der Patient durch sein Verhalten eine selbstständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Fehler dazu beigetragen hat, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann. Dann besteht kein Grund dem Patienten eine Beweislastumkehr zuzugestehen.

Im vorliegenden Fall hat der Patient durch das Nichtwahrnehmen der Kontrolltermine den Heilungsverlauf erheblich gefährdet. Die Erkrankung des Patienten erforderte eine qualifizierte Nachbehandlung bei einem Gastroenterologen, was der Patient schlichtweg ablehnte.

Im vorliegenden Fall lag das erforderliche Verständnis für die Notwendigkeit einer qualifizierten medizinischen Nachversorgung bei dem Patienten vor. Er wusste um die zwingende Erforderlichkeit einer fachkundigen Nachbehandlung und konnte die Folgen fehlender Nachsorgebehandlungen durch hierauf spezialisierte Krankenhausärzte abschätzen. Er hat den ärztlichen Behandlungsbemühungen zuwider gehandelt. Auch wenn die Angst des Patienten vor einem erneuten Krankenhausaufenthalt aufgrund der gemachten Erfahrungen in tatsächlicher Hinsicht nachvollziehbar erscheint, schließt dies ein eigenes schuldhaftes Verhalten in der Phase nach der Operation nicht aus.

Empfehlung

Zur Geltendmachung von Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüchen ist es also grundsätzlich erforderlich, die ärztlichen Anweisungen bis zu einem gewissen Grad zu befolgen. Ein anspruchsminderndes Fehlverhalten sollte vermieden werden. Es ist wichtig, einen spezialisierten und fachkundigen Rechtsanwalt zu konsultieren, um Unstimmigkeiten in gleichgelagerten Fällen zu vermeiden. Der fachkundige Rechtsanwalt berät Sie im konkreten Fall über ihre möglichen Ansprüche und deren Erfolgsaussichten.



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