Keine grundsätzlichen Schuldfähigkeitsgutachten bei Kapitaldelikten

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Der BGH hatte jüngst (Beschl. v. 05.03.2008 – 1 StR 648/07 -) über eine Revision dreier Angeklagter zu befinden, welche nach den Feststellungen des Landgerichtes im Alter von 19 und 20 Jahren unter Anleitung eines weiteren Mitangeklagten 6 Molotowcocktails nachts auf ein frei stehendes Gebäude geworfen hatte, in welchem zum Zeitpunkt des Anschlages 6 Bewohner, darunter ein Ehepaar mit 3 Kindern, sowie ein Gast verweilten. Hierbei war weiter davon auszugehen, dass die Angeklagten wussten, dass zum Zeitpunkt des Brandanschlages Personen in dem Haus schliefen, welche mit diesem nicht rechneten, ihnen dies jedoch gleichgültig war.


Das Landgericht hat daraufhin die Tat als heimtückischen und aus niedrigen Beweggründen begangenen versuchten Mord in 7 tateinheitlich begangenen Fällen sowie als ebenfalls tateinheitlich begangene versuchte schwere Brandstiftung gewertet und die Angeklagten aufgrund dessen zu entsprechenden Jugendstrafen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision rügte, dass das Gericht sich hinsichtlich der Frage der Schuldfähigkeit der Angeklagten nicht auf seine eigene Sachkunde habe berufen dürfen, sondern vielmehr ein psychologisches Sachverständigengutachten hierüber habe einholen müssen. Dies hat der BGH zurück gewiesen: Ein Rechtssatz des Inhalts, dass etwa der Tatrichter in Kapitalstrafsachen, insbesondere im Bereich des Jugendstrafrechtes, aus Gründen der Aufklärungspflicht stets gehalten sei, einen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zur Schuldfähigkeit zu betrauen, existiere nicht. Unabhängig von den Umständen des Einzelfalls sei nach der gesetzlichen Wertung des § 246 a StPO die Zuziehung eines Sachverständigen nur dann geboten, wenn bestimmte Maßregeln der Besserung und Sicherung im Raume stünden, nicht jedoch bei bestimmten Anklagevorwürfen.


Hiernach sind auch bei Kapitalstraftaten vielmehr stets die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend. Da vorliegend der Tat rationale Abwägungen zugrunde lagen und diese auch die nahe liegenden Tatfolgen mit  umfassten, war der Tatrichter nicht veranlasst, die Voraussetzungen der Schuldfähigkeit (§§ 20 f. StGB) durch Beauftragung eines Sachverständigen abzuklären. Vielmehr war davon auszugehen, dass der Tatrichter über die notwendige eigene Sachkunde verfügt, um zu beurteilen, ob mit Blick auf das Tatbild und die Person des Angeklagten eine sachverständige Überprüfung der Schuldfähigkeit erforderlich ist (vgl. § 244 Abs. 4 S.1 StPO).



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