Keine Regelverjährung bei Unzuträglichkeiten im Fall des abgetretenen Freistellungsanspruchs

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(Augsburg - Schwabmünchen) Die Klägerin und Ihr Ehemann hatten eine Vermögensverwaltungsgesellschaft beauftragt Beteiligungen an Verwaltungsgesellschaften zweier Fonds im eigenen Namen und für fremde Rechnung zu erwerben, zu halten und sämtliche daraus resultierenden Rechte als Treuhänderin wahrzunehmen.

In dieser Art und Weise hatte die Klägerin, deren Mann zwischenzeitlich verstorben ist, und dessen Alleinerbin die Klägerin ist über die Zwischenschaltung der Vermögensverwaltungsgesellschaft am 15. Dezember 1993 ca. 80 % Gesellschaftsanteile der „A. Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. K. Fonds oHG" und am 18. Juni 1996 ca. 96 % Gesellschaftsanteile der „A. Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. K. Fonds oHG" gezeichnet.

Die Klägerin schloss mit den beiden Fondsgesellschaften Darlehensverträge über einen Betrag von insgesamt etwa 31,3 Mio. DM und sagte zu, die Gesellschafter lediglich entsprechend ihren Beteiligungsquoten persönlich in Anspruch zu nehmen.

Die Fondsgesellschaften gerieten in der Folgezeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten; ihre Gesellschafter beschlossen deshalb am 21. Dezember 2006 und am 30. Januar 2007 deren Liquidation und stimmten dem Verkauf der Fondsimmobilien zu. Außerdem einigten sie sich mit der Klägerin über die Ablösung der auf den Fondsimmobilien lastenden Grundpfandrechte. Im Rahmen der Veräußerung wurden am 30. März 2007 Lastenfreistellungsvereinbarungen getroffen, die Darlehen insgesamt fällig gestellt und die Höhe der Restforderungen auf einen Betrag von rund 13,4 Mio. € beziffert.

Die Klägerin forderte die Beklagte vergeblich auf, den auf ihre Beteiligungsquoten entfallenden Betrag auszugleichen.

Die Treuhandverträge sahen in § 6 jeweils unter der Überschrift „Übertragung" folgende Regelungen vor:

1. Die Rechte und Pflichten aus dem Treuhandverhältnis können nur insgesamt übertragen werden. Die Übertragung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Treuhänders. Der Treugeber hat die Übertragung unverzüglich dem Geschäftsführer der Gesellschaft anzuzeigen.

2. Die Rechte des Treugebers aus dem Treuhandvertrag können nur insgesamt verpfändet werden. Die Verpfändung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Treuhänders. Der Treugeber hat die Verpfändung unverzüglich gegenüber dem Geschäftsführer der Gesellschaft anzuzeigen.

Unter dem 8. Juni 2007 trat die Treuhänderin der Klägerin unter anderem sämtliche, ihr aus den Treuhandverträgen mit den Beklagten zu stehenden Ansprüche auf Freistellung in Bezug auf die Darlehensforderungen ab.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin aus eigenem, hilfsweise aus abgetretenem Recht Zahlung des nach Abzug der jeweiligen für die Fondsgrundstücke erzielten Verkaufserlöse und der von anderen Gesellschaftern geleisteten Haftungsbeiträge auf die Beklagte entfallenden Betrags von insgesamt 2.103.788,87 € nebst Verzugszinsen.

Die Beklagte hat ihre Zahlungsverpflichtung bestritten und gegenüber dem aus abgetretenem Recht geltend gemachten Zahlungsanspruch die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Berufungsgericht hatte die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung des verlangten Betrags aus abgetretenem Recht nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit verurteilt.

Es wurde wie folgt argumentiert: Ein Anspruch der Klägerin aus eigenem Recht bestehe nicht, weil eine Gesellschafterhaftung gemäß § 128 HGB im Außenverhältnis zur klagenden Bank nur die Treuhänderin treffen könne und eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den hinter dem Treuhänder-Gesellschafter stehenden Treugeber aus Rechtsgründen abzulehnen ist.

Dagegen könne die Klägerin aufgrund der ihr von der Treuhänderin abgetretenen darlehensbezogenen Freistellungsansprüche von der Beklagten Zahlung in der beantragten Höhe verlangen. Dies, weil für die von der Treuhänderin übernommene Geschäftsbesorgung die Beklagte Aufwendungsersatz zu leisten habe. Die Treuhänderin ist gemäß § 257 BGB entsprechend ihren Gesellschaftsanteilen von der persönlichen Haftung für die Darlehensschulden der Gesellschaft freistellen.

Die gegen diesen Anspruch erhobene Einrede der Verjährung wurde als begründet beurteilt. Auch wenn es im Hinblick auf § 257 Satz 2 BGB, der die sofortige Fälligkeit des Freistellungsanspruch voraussetze, nahe liege, den Verjährungsbeginn auf diesen Zeitpunkt festzulegen, führe dies unter Anwendung der nunmehr geltenden dreijährigen Verjährungsfrist nicht zu sinnvollen Ergebnissen.

Es erscheine, so das Oberlandesgericht unbillig, wenn der Gläubiger seinen Freistellungsanspruch wegen bereits eingetretener Verjährung nicht mehr durchsetzen könne, obwohl er selbst noch für die Verbindlichkeiten hafte, die er für den Schuldner eingegangen sei.

Deshalb sei eine allgemeine verjährungsrechtliche Lösung zu befürworten, wonach die Verjährung von Freistellungsansprüchen, die sich auf eine noch nicht fällige Verbindlichkeit bezögen, gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst mit dem Schluss des Jahres beginne, in dem (auch) diese Verbindlichkeit fällig werde.

Da die Klägerin vorliegend die den beiden Fondsgesellschaften gewährten Darlehen erst im März 2007 fällig gestellt habe, folgerte das Oberlandesgericht, dass die zedierten Freistellungsansprüche im Zeitpunkt der Klageerhebung (Juni 2007) noch nicht verjährt gewesen sind.

Die Treuhänderin habe somit ihre Befreiungsansprüche auch wirksam an die Klägerin abgetreten, wodurch sich die zedierten Forderungen in Zahlungsansprüche umgewandelt haben.

Ein Ausschluss der Abtretung folge weder aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses noch aus einer Abrede in den Treuhandverträgen.

Es sei unzweifelhaft davon auszugehen, dass sich die Regelung in § 6 Nr. 1 der Treuhandverträge allein auf die Rechte des Treugebers beziehe. Eine objektive Mehrdeutigkeit im Sinne der Unklarheitenregel liege nicht vor, so dass auch dahinstehen könne, ob es sich bei der Bestimmung überhaupt um eine von der Treuhänderin gestellte und der Inhaltskontrolle unterliegende Allgemeine Geschäftsbedingung handele. Im Übrigen verhalte sich die Beklagte treuwidrig, wenn sie sich trotz Auflösung der Fondsgesellschaften und Veräußerung der Fondsimmobilien auf ein so weitgehendes Abtretungsverbot berufe. Letztlich bestünden Prospekthaftungsansprüche der Beklagten, aus denen sie ein Zurückbehaltungsrecht herleiten könne, ebenfalls nicht.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung vom 05.05.2010 insbesondere zur Frage der Verjährung aus: Gerade bei langfristig angelegten Verbindlichkeiten, bei denen die Fälligkeit noch nicht ohne weiteres absehbar ist, wäre der Befreiungsgläubiger regelmäßig zu einer derartigen Vorgehensweise gezwungen, obwohl vor Fälligkeit der Drittforderungen noch nicht einmal feststeht, ob zu ihrer Realisierung überhaupt auf eigene Mittel des Befreiungsschuldners (hier: der „mittelbaren Gesellschafter" von Fondsgesellschaften) zurückgegriffen werden muss.

Um derartige Unzuträglichkeiten und Wertungswidersprüche zwischen dem Entstehen und der Fälligkeit des Freistellungsanspruchs einerseits und dem Entstehen und der Fälligkeit der Drittforderung bzw. des Aufwendungsersatzanspruchs (hier aus § 670 BGB) andererseits zu vermeiden, hat der Bundesgerichtshof zum früheren Verjährungsrecht entschieden, dass auf die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren zurückzugreifen ist.

Auch in seiner aktuelleren Rechtsprechungen hielt der Bundesgerichtshof es aus den gleichen Erwägungen und in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht für geboten, dieser Unzuträglichkeit dadurch zu begegnen, dass für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist des Befreiungsanspruchs gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht auf den Schluss des Jahres abzustellen ist, in dem der Freistellungsanspruch fällig geworden ist, sondern auf den Schluss des Jahres, in dem die Drittforderungen fällig werden, von denen zu befreien ist.



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