Kind will nicht beim Vater übernachten, was tun?

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Trennen sich Eltern oder lassen sich scheiden, haben beide Elternteile auf Grund des gemeinsamen Sorgerechts ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Dies spielt insbesondere für Väter eine zentrale Rolle, da gemeinsame Kinder häufig nach der Trennung bei der Mutter bleiben. Das Umgangsrecht des Vaters umfasst neben Besuchen und gemeinsamen Urlauben auch Übernachtungen. Eine generelle Altersgrenze, ab wann das Kind alleine bei dem Vater übernachten kann, gibt es nicht. So ist beispielsweise eine Übernachtungsregelung auch für gestillte Kinder möglich, wenn sie nicht mehr vorrangig zur Nahrungsaufnahme auf das Stillen angewiesen sind (OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.12.2009 – 10 UF 150/09).

Allerdings kommt es vor, dass das Kind nicht bei dem getrenntlebenden Vater übernachten will.  

Grundsätzlich ist stets der Kindeswille zu beachten. Über dem Kindeswillen steht jedoch das Kindeswohl. Übernachtungen entsprechen in der Regel dem Kindeswohl, da Eltern so eine bessere Beziehung zu ihrem Kind aufbauen können und damit mehr als nur ein „Sonntagselternteil“ sein können. Ob der geäußerte Wille des Kindes also entscheidend ist und auch dem Kindeswohl entspricht, muss im Einzelfall untersucht werden. Dabei spielen stets verschiedene Faktoren eine Rolle. Zu berücksichtigen sind vor Allem das Alter des Kindes, der Entwicklungsstand des Kindes, der Gesundheitszustand des Kindes, sowie die Vertrautheit zu dem umgangsberechtigten Elternteil. Feststeht jedoch, je älter das Kind ist, desto größeres Gewicht haben die Wünsche des Kindes. So müssen Kinder ab Vollendung des 14. Lebensjahres persönlich vor Gericht angehört werden. Unter Umständen ist auch eine Anhörung bei jüngeren Kindern ab dem 3. Lebensjahr möglich, wenn die Bindung oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sein könnte. Allgemein gehen Gerichte davon aus, dass der Kindeswille ab einem Alter von 12 Jahren beachtlich ist. Äußert sich das Kind jedoch wiederholt und entschieden gegen eine Übernachtung, muss das Gericht dem Gehör verschaffen und prüfen inwieweit eine Ablehnung gerechtfertigt ist. Wird jedoch festgestellt, dass das Kind von Dritten beeinflusst wurde und auf Grund einer Beeinflussung durch Dritte nicht bei dem Vater übernachten möchte, kann eine Übernachtung auch gegen den ausdrücklichen Willen des Kindes durchgesetzt werden. Eine Übernachtung bei dem getrennt lebenden Elternteil kann sinnvoll und gut für das Kindeswohl sein.

Dennoch ist der Kindeswille stets zu beachten. So hat das OLG Brandenburg auch dem Wunsch eines 8- Jährigen Kindes stattgegeben, nicht bei dem getrennt lebenden Elternteil übernachten zu wollen. In diesem Falle hatte das Kind in der Vergangenheit nur sporadischen Kontakt zu seiner Mutter, weshalb der geäußerte Wille beachtlich war und so auch dem Kindeswohl entsprach (OLG Brandenburg, 7.8.2015, AZ 9 UF 8/15). Im Ergebnis wird sich der Kindeswille zwar des Öfteren dem Kindeswohl unterordnen müssen, allerdings muss der Kindeswille als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des Kindes stets beachtet werden.

Da das Gesetz keine näheren Bestimmungen hinsichtlich der Übernachtungen bei einem getrennt lebenden Elternteil trifft, müssen im Einzelfall alle Umstände berücksichtigt werden. Es gibt keine klare Altersgrenze oder rechtliche Vorgaben, ab wann ein Kind den Umgang selbst bestimmen kann. An erster Stelle steht jedoch stets das Kindeswohl, der Kindeswille darf dabei nicht außer Acht gelassen werden.  


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