Klagerücknahme: Wann die Gegenseite trotzdem zahlen muss

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Wird eine eingereichte Klage zurückgenommen, muss der Kläger die Kosten normalerweise dennoch tragen. Eine Klageeinreichung sollte daher immer gut überlegt sein. Es gibt jedoch eine Ausnahme, bei der der die Beklagtenseite die Kosten zu tragen hat, obwohl die Klage zurückgenommen wurde.

Das möchte ich Ihnen heute anhand eines Beispiels zeigen

Unser Beispielsfall: Erpressung mit intimen Aufnahmen

Nachdem sie eine mehrmonatige Affäre beendet hat, wurde unsere Mandantin mit Nacktbildern und Videos erpresst. Der Mann kontaktierte unsere Mandantin auf WhatsApp, beleidigte Sie und drohte, intime Fotos und Videos im Internet zu veröffentlichen.

Der ehemalige Sexualpartner der Betroffenen hatte sie – ohne ihr Wissen und Einverständnis – während heimlich gefilmt und fotografiert. Mit diesen Aufnahmen erpresste er sie jetzt und forderte von ihr die Zahlung eines Geldbetrages. Sollte Sie diesen nicht zahlen wollen, würde er die Aufnahmen öffentlich ins Netz stellen. Die Bedrohungen und Erpressungen gegen unsere Mandantin gingen schließlich so weit, dass wir einen erfolgreichen Gewaltschutzantrag gestellt haben.

Abmahnung und einstweilige Verfügung

Wir haben die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche mittels einer Abmahnung geltend gemacht. Nachdem eine Reaktion der Gegenseite auf unser Schreiben ausblieb, haben wir vor dem Landgericht erfolgreich eine einstweilige Verfügung gegen den Mann erwirkt. Trotz Aufforderung gab er jedoch keine Abschlusserklärung ab. Wir haben daher Klage erhoben.

Kurz nachdem wir unsere Klage eingereicht hatten, gab der ehemalige Partner unserer Mandantin doch noch eine Abschlusserklärung ab, in der er erklärte, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen.

§ 269 Abs. 3 ZPO

Normalerweise muss die Partei, die eine eingereichte Klage zurückzieht, die Kosten tragen. Für den Fall, dass der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit, also vor der Zustellung an die Beklagtenseite, weggefallen ist, und die Klage daraufhin zurückgenommen wird, sieht § 269 Abs. 3 ZPO aber eine Sonderregelung vor. In diesen Fällen bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen.

In unserem Beispielsfall waren die Voraussetzungen erfüllt: Die einstweilige Verfügung war vorliegend mehr als zwei Monate vor Einreichung unserer Klage erlassen worden. Eine Abschlusserklärung hatte die Gegenseite noch einmal zwei Wochen später abgegeben, insgesamt also beinahe drei Monate nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung. Unserer Strategie entsprechen sahen auf die Richter:innen hierin ein Verhalten, dass Anlass zur Einreichung der Klage gegeben hatte. Nach dem billigen Ermessen des Gerichts wurden die Kosten der Gegenseite auferlegt.

Anwalt für Eilverfahren: Media Kanzlei 

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Foto(s): canva


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