Kostendeckungen für Anlegerschäden auch bei Deckungsausschluss

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Die Rechtsschutzversicherungen gehören in Deutschland zum profitabelsten Versicherungszweig. Einige Rechtsschutzversicherer wollten die Geltendmachung von Anlegerschäden durch Änderung der Vertragsbedingungen (Deckungsausschlussklauseln) ausschließen. Hiergegen wandte sich teilweise die Rechtsprechung.

Wegen fehlender Kausalität ist auch bei einem Deckungsausschluss eine Kostendeckung gegeben, wenn der Anspruch bei spekulativen Engagements aus dem Gesichtspunkt der Veruntreuung geltend gemacht wird. Dazu wird ausgeführt von Bauer in der NJW 2009, 1565 (Rechtsentwicklung bei den ARB):

Ein Versicherungsnehmer beabsichtigte, gegen die Republik Österreich eine Amtshaftungsklage zu erheben, weil diese ihre Aufsichtspflichten über eine Consulting AG verletzt habe, die erhebliche Anlegergelder des Versicherungsnehmers veruntreut hatte. In einem ausführlich begründeten überzeugenden Urteil gab das Landgericht Düsseldorf (Beck RS 2009, 08832 = r + s 2008, 418 mit Anm. Schulz-Bourmer) der Klage statt. Das Landgericht geht davon aus, dass die verschiedenen Geschäfte, die der Versicherungsnehmer mit der Consulting AG abgeschlossen habe, Spekulationsgeschäfte im Sinne der genannten Risikoausschlussklausel seien. Trotzdem müsse Rechtsschutz gewährt werden, denn es läge kein ursächlicher Zusammenhang im Sinne des §  3 II lit. f ARB 2000 zwischen Spekulationsgeschäften und Wahrnehmung der rechtlichen Interessen gegen die Republik Österreich vor (Bauer, Rechtsentwicklung bei den ARB, NJW 2009, 1565).

Die vorstehende Argumentation des Landgerichts Düsseldorf knüpft an die Wertung des BGH in der Entscheidung NJW 82, 2815 an. In dem Kommentar Harbauer, Rechtsschutzversicherung, ARB-Kommentar, § 4 Rdnr. 57 a, 4. Auflage, 1990, Beck'sche Verlagsbuchhandlung wird dazu kettensatzhaft ausgeführt:

Kann in Fällen, die an sich unter den Ausschluss fallen, der VN schlüssig vorgetragen und unter Beweis stellen, dass ihn ein Beauftragter, Makler, Vermittler oder Ähnliches betrogen oder - etwa durch Verschweigen wesentlicher Tatsachen (BGH NJW 82, 2815) - sittenwidrig geschädigt habe, dann kann allerdings für die mit dem vertraglichen Schadensersatzanspruch und einem etwaigen Anspruch aus culpa in contrahendo konkurrierende Geltendmachung eines rechtlich selbständigen Anspruches aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB oder nach § 826 BGB Deckung im Rahmen des Schadensersatz-RS ... bestehen, soweit der VN nicht lediglich eine an Stelle der Erfüllungsleistung tretende Ersatzleistung begehrt ... und soweit nicht ausscheidbare Kosten durch den Streit über rein vertragliche Leistung entstehen (BGH 85, 920 = VersR 85, 32; OLG Stuttgart NJW-RR 87, 1054 ...). (nach: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, ARB Kommentar, § 4 Rdnr. 57 a, 4. Auflage,1990 Beck'sche Verlagsbuchhandlung). Ein klassischer Kettensatz. Der Satz ist wegen seiner Länge schwer verständlich, der Gedanke bleibt schlicht: Bei unerlaubter Handlung besteht Kostendeckung, bei vertraglichen Ansprüchen nicht.Das OLG Frankfurt entschied aktuell in dem Urteil vom 17.02.2012 (Az. 7 U 102/11), dass die Klausel "Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind..." unzulässig sei. Die "Effektenklausel" wiederum hielt das Gericht für zulässig. Nach einer Entscheidung des OLG München ist eine derartige Klausel unklar und missverständlich (22.09.2011, Az. 29 U 589/11). Ein Verbraucher könnte zwar erkennen, dass der Versicherungsschutz nicht uneingeschränkt gelte. Wie und wann nicht gezahlt werde, sei aber nicht deutlich. 

Ein Rechtsschutzversicherungsvertrag ist daher für den Verbraucher ebenso sinnvoll wie eine Krankenversicherung. Ob und in welchem Umfang eine Eintrittspflicht besteht, entscheidet sich im Einzelfall.


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