Kündigung im Arbeitsrecht: nicht auf späten „Zugang“ vertrauen

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Die Kündigung eines Arbeitsvertrages ist eine „empfangsbedürftige Willenserklärung“. Das bedeutet, dass die Arbeitgeberkündigung nur dann ihre Rechtswirkung entfaltet, wenn sie dem Arbeitnehmer, dem gekündigt werden soll, auch tatsächlich „zugeht“. Wichtig ist das u. a., weil am Tag des Zugangs der Arbeitgeberkündigung z. B. die Frist für eine Klage gegen die Kündigung beginnt.    

Aber wann geht eine Kündigung dem Arbeitnehmer zu – auch wenn er das Kündigungsschreiben nicht annimmt, das der Arbeitgeber ihm „unter die Nase“ hält? Mit diesen und anderen Fragen befasste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil v. 26.03.2015, Az.: 2 AZR 483/14).

Kündigungsschutzklage: Frist ist abhängig vom Zugang  

Gegen eine Kündigung kann sich der betroffene Arbeitnehmer wehren, wenn er glaubt, dass die Kündigung unwirksam ist – er kann Kündigungsschutzklage erheben. Ist die Klage rechtzeitig eingegangen, klärt das Arbeitsgericht, ob die Kündigung rechtmäßig ist.

In diesem Zusammenhang hat der sog. Zugang der Kündigung in zweifacher Hinsicht Bedeutung:

  1. der Zugang beim Arbeitnehmer ist Voraussetzung dafür, dass die Kündigung überhaupt wirksam ist
  2. mit dem Zugang der Kündigung beginnt die dreiwöchige Klagefrist für die Kündigungsschutzklage.

Zugegangen ist eine Kündigung dem Arbeitnehmer, wenn er die Möglichkeit hatte, vom Inhalt des Kündigungsschreibens (Schriftform der Kündigung ist zwingend!) Kenntnis zu nehmen. Wird die Kündigung persönlich übergeben, ist die Kündigung in diesem Augenblickzugegangen. Juristisch schwieriger ist, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung nicht annimmt, sondern das Schreiben mit der Post verschickt oder durch einen Boten übergeben wird.

Der Fall vor dem BAG 

Im Fall, über den das BAG entschied, klagte eine Arbeitnehmerin gegen eine Kündigung ihres Arbeitgebers. Der hatte ihr im Rahmen eines persönlichen Gesprächs am 22.10.12 ein Kündigungsschreiben „hingehalten“. Annehmen wollte die Arbeitnehmerin dieses Schreiben jedoch nicht und ging. Ebenfalls am 22.10.12 suchten – später am Tag – Mitarbeiter des Arbeitgebers die Arbeitnehmerin zu Hause auf, um ihr das Schreiben auszuhändigen – ebenfalls erfolglos. Daraufhin wurde das Kündigungsschreiben in den Briefkasten der Mitarbeiterin geworfen.

Dort fand es die Arbeitnehmerin jedoch erst 2 Tage später, am 24.10.12 – vermutlich sei das Schreiben auch erst am 23.10. eingeworfen worden, da sie es sonst am 23.10.12 gefunden hätte.

Jedenfalls erhob die Arbeitnehmerin gegen diese Kündigung am 14.11.2012 Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht. Streitig war dabei, ob sie mit der Klageerhebung an diesem Tag fristgerecht – also innerhalb der Drei-Wochen-Frist nach Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Klage erhoben hatte. Das wäre nur der Fall, wenn die Kündigung erst am 24.10.12 zugegangen war.

Urteil der des Bundesarbeitsgerichts 

Zu einer endgültigen Entscheidung kam das Gericht nicht, die Vorinstanz müsse zunächst weitere Fakten im Hinblick auf den Zugang der Kündigung klären. Nur dann sei es möglich, verlässlich zu klären, ob die Kündigungsschutzklage verspätet war oder nicht.

Denn es sei denkbar, dass

  1. schon das „Hinhalten“ des Kündigungsschreibens im Gespräch am 22.10.12 ein wirksamer Zugang der Kündigung war. Es wäre aber zu klären, ob die Mitarbeiterin hier bereits Möglichkeit hatte, den Inhalt des Schreibens zur Kenntnis zu nehmen. Bei Zugang der Kündigung am 22.10.12 wäre die Klagefrist am 14.11.12 bereits verstrichen.
  2. die Arbeitnehmerin treuwidrig den Zugang des Kündigungsschreibens vereitelt hatte, als sie das Personalgespräch verließ und das Kündigungsschreiben nicht annahm. Wäre das der Fall, muss der Arbeitnehmer sich so behandeln lasse, als wäre die Erklärung zugegangen. Die Folge: auch dann wäre die Klage am 14.11.12 verspätet gewesen, da der fingierte Zugang am 22.10.12 maßgeblich wäre.
  3. der Zugang der Kündigung durch das Einwerfen in den Briefkasten am 22.10. oder 23.10.12 erfolgte. Das sei aber faktisch nicht endgültig geklärt – hier käme es aber entscheidend auf die Sachaufklärung an, um den Zugangszeitpunkt in Erfahrung zu bringen.

Auswirkungen der Entscheidung für Arbeitnehmer

Eine Kündigungsschutzklage kann man als Arbeitnehmer grundsätzlich drei Wochen nach (fingiertem) Zugang der Kündigung erheben. Vor allem, wenn aber nicht ganz klar ist, wann die Kündigung rechtlich betrachtet zugegangen ist, sollte man nicht zu lange zögern, Klage zu erheben, um Streit um die Einhaltung der Klagefrist zu vermeiden.

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