Kündigung wegen Kokainkonsum von Betriebsrat

  • 4 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

Heute untersuchen wir das Urteil des Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 06.05.2024. Az.: 4 Sa 446/23. Ob die Kündigung der Arbeitgeberin aufgrund des Drogenkonsums eines Betriebsratsmitglieds gerechtfertigt ist, erfahren Sie hier. 


Sachverhalt 

Kläger des Falles war ein Mann, welcher seit 2002 bei der Beklagten als Kommissionierer beschäftigt war. Als freigestelltes Betriebsratsmitglied war er seit 2018 bei der Logistikgesellschaft tätig. 

Der Kläger wurde am 17.08.2022 von dem Betriebsratsmitglied B. durch die Scheiben des Betriebsratsbüros bei einer besonderen Handlung beobachtet. B. beobachtete wie der Kläger am Schreibtisch ein weißes Pulver mit einer Karte zu einer Linie formte und dies mit einem Röhrchen durch die Nase konsumierte. Daraufhin wurde der Kläger von B. damit konfrontiert. Er äußerte sich, dass B. sich keine Sorgen machen müsse und es sich bei der Substanz nicht um Drogen oder Ähnliches handele. 

Am 30.08.2022 wurde die Betriebsleitung von B. per E-Mail von diesem Vorfall informiert. Eine Anhörung des Klägers erfolgte am 06.09.2022. Er versicherte, dass es bei der Substanz im Schnupftabak mit Traubenzucker gehandelt habe. Im Anschluss zeigte er den Gesprächsteilnehmern eine Flasche mit der Aufschrift Schneeberg aus seinem Büro. Auf Nachfrage bezüglich eines Drogentests antwortete der Kläger, dass er darüber selbst bereits nachgedacht hatte. Bei einem Hausarzt oder dem Gesundheitsamt kann ein Drogentest durchgeführt werden. Der Kläger wollte über einen Drogentest bis zum folgenden Freitag nachdenken. 

Am 08.09.2022 hat die Beklagte den Kläger darüber informiert, dass sie die Kosten des Drogentests übernehmen werde. Durch den Kläger erfolge daraufhin keine Rückmeldung. 


Inhalt der Gesamtbetriebsvereinbarung  

In dem Betrieb gilt seit dem 01.02.2015 die Gesamtbetriebsvereinbarung zum Umgang mit Suchtmitteln. Im Folgenden heißt es hierzu:


§ 3 Suchtmittelverbot 

3.1 Unter dem Begriff „Suchtmittel“ sind alle substanzgebundene Mittel mit einer bewusstseinsverändernden Wirkung zu verstehen, z.B. Medikamente, Alkohol, Drogen, Opiate etc.  

3.2 Innerhalb der Betriebe und an anderen Dienstorten ist jeglicher Konsum von Suchtmitteln wegen der davon ausgehenden Gefahr für Sicherheit und Gesundheit untersagt. Diese Regelung gilt von Arbeitsbeginn bis Arbeitsende einschließlich der Pausen. 


§ 4 Maßnahmen 

Alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Umgang mit Suchtmitteln werden in der Regel analog der nachfolgend beschriebenen Interventionskette durchgeführt. Diese bestehen aus den nachfolgend beschriebenen Stufen. Gleichwohl behält sich der Arbeitgeber das Recht vor, bei Vorliegen von Verstößen gegen arbeitsrechtliche Verpflichtungen/ Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis arbeitsrechtliche Konsequenzen zu ziehen. 

4.1 Fürsorgegespräch 

4.2 Klärungsgespräch 

4.3. Erste Interventionsstufe 

4.4 Zweite Interventionsstufe 


Kündigung durch Beklagte 

Der Betriebsrat wurde am 09.09.2022 über die außerordentliche fristlose Kündigung des Klägers informiert. Die Zustimmung wurde durch den Betriebsrat auf der Sitzung vom 12.09.2022 erteilt. Der Vorsitzende übergab die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung mit den an den Kläger gerichteten Worten: „Dann haben sie das jetzt auch offiziell…“. Jedoch war der Anhörungsbogen bei der „Unterschrift Betriebsrat“ und bei den Ankreuzmöglichkeiten „stimme zu“ und „gibt folgende Stellungnahme ab“ nicht ausgefüllt. Es lag keine Unterschrift des Betriebsrats auf diesem Dokument vor. Am 12.09.2022 kündigte die Beklagte dem Kläger das Arbeitsverhältnis außerordentlich. 


Handlung des Klägers 

Der Betroffene hat am 27.09.2022 beim Arbeitsgericht Oldenburg eine Klage eingereicht. Diese ist der Beklagten am 01.10.2022 zugegangen. Hierin heißt es, dass keine Zustimmung durch den Betriebsrat zur Kündigung vorliegt und diese nicht durch das Arbeitsgericht ersetzt wurde. Die Beklagte hat am 23.11.2022 dem Kläger hilfsweise eine weitere außerordentliche Kündigung erteilt. 

Nach der Ansicht des Klägers ist die erste außerordentliche Kündigung (vom 12.09.2022) unwirksam. Es habe keine Verpflichtung zum Drogentest bestanden. Die außerordentliche Kündigung sei seiner Meinung nach ebenfalls unverhältnismäßig, da er angegeben hatte, durch den Schnupftabak nicht in seinen Fähigkeiten eingeschränkt gewesen zu sein. Zudem übe er keine gefährlichen Tätigkeiten aus.  

Im Folgen hat der Kläger beantragt, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 12.09.2022 nicht beendet wird. Zudem hat er beantragt, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 23.11.2022 nicht beendet wird. Im Falle des Siegens beantragt der Kläger außerdem, dass er bis zur Freistellung als Betriebsrat weiter beschäftigt wird. 


Urteil des Arbeitsgerichts 

Am 22.05.2023 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung brachte das Gericht hervor, dass zwar nicht von einer nachgewiesenen Pflichtwidrigkeit des Klägers ausgegangen werden kann. Jedoch sei die fristlose Kündigung vom 12.09.2022 durch die Beklagte als Verdachtskündigung wirksam. Die dringenden Verdachtsmomente, dass der Kläger harte Drogen während der Arbeitszeit konsumiert hat, lagen für das Gericht vor. Durch den Konsum von Kokain werde das erforderliche Vertrauen für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zerstört. Nach Ansicht des Gerichts waren die Aufklärungsmaßnahmen der Beklagten inhaltlich angemessen und nicht zu beanstanden. Die außerordentliche Kündigung sei verhältnismäßig. Außerdem sei die Zustimmung des Betriebsrats zur solchen nicht zu beanstanden. 


Berufungsbegründung des Betriebsratsmitglieds 

Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus der ersten Instanz wiederholt und vertieft dargelegt. Um einen genaueren Einblick in diesen Fall zu erhalten, schauen Sie auf unserem Blog nach.


Interaktion

Haben Sie einen ähnlichen Fall bei sich im Betrieb, dann seien Sie aufmerksam und sprechen Sie Betroffene direkt an. Liegt Ihnen als Abreitgeber ein solcher Fall in Ihrem Betrieb vor, so lassen Sie sich über das weitere Vorgehen beraten. Unser Team steht Ihnen in allen arbeitsrechtlichen Fragen gerne zur Seite. Mit unsere Online-Terminvergabe kommen Sie schnell und einfach an ein Gespräch mit uns.

Auf unserer Website im Blog finden Sie viele weitere spannende Beiträge rund um das Arbeitsrecht.

Melden Sie sich – wir kümmern uns! 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Ansgar Dittmar

Beiträge zum Thema