Leidet Ihr Unternehmen unter zu hohen Strom- und Gaspreisen?

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Wollen Sie Ihrem Unternehmen Unternehmenszuschüsse mit dem Energiekostendämpfungsprogramm sichern?


Am 15. Juli 2022 wurde im Bundesanzeiger durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen zur temporären Kostendämpfung des Erdgas- und Strompreisanstiegs („Energiekostendämpfungsprogramm“) vom 12. Juli 2022 bekanntgemacht.

Um die Belastung oberhalb der Verdopplung der Kosten für Erdgas und Strom zumindest teilweise abzudämpfen und damit einen Beitrag zur Stabilisierung des Industriestandorts Deutschland zu leisten, wurde das Energiekostendämpfungsprogramm aufgelegt. Das Programm wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) umgesetzt. Der Bund gewährt diese Billigkeitsleistung auf der Grundlage von § 53 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) und der dazugehörigen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie des „Befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine“ der Europäischen Kommission vom 23. März 2022 (EU-Krisenrahmen) und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.


Gegenstand der Billigkeitsleistung sind die Erdgas- und Stromkosten von energie- und handelsintensiven Unternehmen im Zeitraum vom 1. Februar bis 30. September 2022 (Förderzeitraum). Die Förderhöhe steigt in drei Stufen, abhängig von der Betroffenheit des antragstellenden Unternehmens (Unternehmen).


Antrags- und Zuschussberechtigung


Antrags- und zuschussberechtigt nach Nr. 2.1 des Energiekostendämpfungsprogramms ist:

a) auf der ersten Stufe ein Unternehmen, das einer energie- und handelsintensiven Branche nach Anhang 1 der Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 (KUEBLL) angehört und sich zugleich als energieintensiver Betrieb im Sinne des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a erster Unterabsatz Alternative 1 der Energiebesteuerungsrichtlinie qualifiziert. Für letzteres müssen sich seine Energiebeschaffungskosten im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr auf mindestens 3 % des Produktionswerts belaufen haben. Das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr ist das handelsrechtliche Geschäftsjahr, das vor Beginn des Förderzeitraums endete.

b) auf der zweiten Stufe ein Unternehmen, das zusätzlich zu den Voraussetzungen von Nummer 2.1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa einen Betriebsverlust (negatives EBITDA: Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen ohne einmalige Wertminderungen) im jeweiligen Kalendermonat des Förderzeitraums (Fördermonat) aufweist, soweit die förderfähigen Kosten (siehe dazu Nummer 4.2.1 Buchstabe a) im jeweiligen Fördermonat mindestens 50 % dieses Betriebsverlusts ausmachen. Bei der Ermittlung des EBITDA kann das BAFA für Zwecke der Abgrenzung Schätzungen zulassen.

c) auf der dritten Stufe ein Unternehmen, das zusätzlich zu den Voraussetzungen von Nummer 2.1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb in einer besonders energie- und handelsintensiven (Teil-)Branche nach dem Anhang des EU-Krisenrahmens tätig ist.


Verlust der Antragsberechtigung bei extensiver Steuervermeidung/ Erhöhung der Vergütung der Geschäftsleitung 


Besondere Leistungsvoraussetzungen nach Nr. 3 des Programms sind, dass keine extensive Steuervermeidung betrieben wird (Stichwort: Steueroasen), die Geschäftsleitung mit der Antragstellung erklärt, dass sie auf eine Erhöhung der Vergütung sowie auf den variablen Teil ihrer Vergütung für das zum Zeitpunkt der Unterschrift laufende Geschäftsjahr vollständig und nicht nur vorübergehend verzichtet sowie die Energieeffizienzerklärung (Betrieb eines Energiemanagementsystems nach DIN EN ISO 50001 oder DIN EN ISO 50005 etc.).


Höhe und Umfang der Billigkeitsleistungen richten sich nach Nr. 4.2.1 des Energiekostendämpfungsprogramms. Die förderfähigen Kosten errechnen sich (monatlich getrennt für Erdgas und Strom) aus der Multiplikation folgender zwei Faktoren:


Berechnungsfaktoren


a) Preisanstieg 

Differenz aus dem in einem Fördermonat aufgewendeten Erdgas- beziehungsweise Strompreis je Energieeinheit in Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) und dem Doppelten des im Kalenderjahr 2021 durchschnittlich gezahlten Preises je Energieeinheit. Bei dem Preis ist lediglich der Arbeitspreis für Einkauf, Service und Vertrieb zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte.

b) Menge 

Energieeinheiten in Kilowattstunden (kWh), die das Unternehmen in seiner in Deutschland liegenden Betriebsstätte selbst während eines Fördermonats verbraucht hat. Erdgas- und Stromeinheiten, die das Unternehmen oder ein Konzernunternehmen selbst fördert oder erzeugt, werden nicht einberechnet. Für die Fördermonate Juli bis September kann maximal 80 % derjenigen Menge Erdgas berücksichtigt werden, die das Unternehmen in demselben Monat des Jahres 2021 verbraucht hat.


Wird hier ein fester Stromliefervertrag zum Problem?


Was geschieht aber, wenn Sie unternehmerisch gut gehandelt und in den Vorjahren einen Stromliefervertrag geschlossen haben, der Ihnen jetzt feste Preise zusichert. In diesem Fall haben Sie für den Antragszeitraum keine Kostensteigerung, zumindest noch nicht. An sich scheitert die sog. Billigkeitsleistung der Bundesregierung daher am fehlenden Preisanstieg. Denn bei einem Preisanstieg von 0,00 € multipliziert mit der Strommenge, ergibt sich ein Ergebnis von „0“. Das bedeutet, dass Sie nicht antragsberechtigt sind. Dies gilt zumindest so lange, wie die Bundesregierung respektive die Rechtsprechung bestehende Verträge nicht antastet und nicht eine Anpassung gemäß § 313 BGB (ähnlich der neuerlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Geschäftsraummiete wegen COVID-19) wegen Störung der Geschäftsgrundlage ermöglicht. Es erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr ausgeschlossen, dass auch bestehende Verträge mit all ihren Vertragsmodalitäten wie Laufzeit und eben Strompreis einer Rechtsänderung zum Opfer fallen könnten. In diesem Falle wäre trotz vertraglicher Bindung eine Strompreiserhöhung nicht mehr ausgeschlossen. Aussagen in diese Richtung wurden seitens der Bundesregierung bereits verlautbart.


Weitere Voraussetzungen


Die Billigkeitsleistung erfolgt – zunächst unter Vorbehalt der endgültigen Prüfung und einer möglichen Rückforderung – durch einen nicht rückzahlungspflichtigen Zuschuss. Förderfähig sind Anteile der Kosten für Erdgas und Strom im Förderzeitraum. Ein Anspruch auf Gewährung der Billigkeitsleistung besteht nicht. Vielmehr entscheidet das BAFA aufgrund seines pflichtgemäßen Ermessens und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.


Ferner ist der Verwendungszweck der Energieträger von Bedeutung. Bei elektrischem Strom kommt es grundsätzlich nicht auf den Verwendungszweck an. Heizstoffe müssen Heizzwecken dienen. Energieerzeugnisse müssen für Heizzwecke, ortsfeste Motoren oder den Betrieb von technischen Einrichtungen und Maschinen, die im Hoch- und Tiefbau und bei öffentlichen Bauarbeiten eingesetzt werden, verwendet werden (Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a) zweiter Unterabsatz i.V.m. Artikel 8 Absatz 2 Buchstaben b) und c) Energiebesteuerungsrichtlinie).


Wichtig: Die Kosten für Energieerzeugnisse, die für andere Zwecke verwendet werden, insbesondere im Produktionsbereich, dürfen nicht berücksichtigt werden.


Tipp: Wie sichere ich dem Unternehmen die Zuschüsse trotz aktuell fehlendem Preisanstieg?


Da der Antrag für die erste Stufe bis 31.08.2022 eingereicht werden muss (materielle Ausschlussfrist), wäre bei nachträglicher Erhöhung der Strompreise (trotz vereinbarter Preisbindung) die Frist versäumt und eine Erlangung der Zuschüsse unmöglich. Um nicht an dem Ablauf der materiellen Ausschlussfrist zu scheitern, bliebe nur die Möglichkeit, für den Fall, dass die Bundesregierung (in eiliger Gesetzesänderung) auch für die Stromverträge mit fester Vertragslaufzeit eine Anhebung der Strompreise ermöglicht, dennoch vorsorglich die Pflichtangaben/ Grunddaten des Unternehmens (siehe Ziffer 8 des BAFA-Merkblattes) im BAFA-Portal einzutragen und die sonst benötigten Unterlagen vorzubereiten. Die Fördermonate können auch später noch beantragt werden, solange die Pflichtangaben gemacht wurden.


In diesem Zusammenhang weise ich jedoch darauf hin, dass dieser Beitrag nur eine pauschale Einschätzung der aktuellen Rechtslage darstellt, die eine Auseinandersetzung mit dem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen kann. Bei Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.



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