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LG Essen erklärt die Widerrufsbelehrung einer Sparkasse aus dem Jahr 2009 für fehlerhaft

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Das LG Essen hat mit Urteil vom 03.12.2015 – 6 O 331/15 – die Widerrufsbelehrung einer Sparkasse aus dem Jahre 2009 für fehlerhaft erklärt.

Nach Auffassung der 6. Kammer sei die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung fehlerhaft, da sie hinsichtlich des Fristbeginns gegen das Deutlichkeitsgebot aus § 355 Abs. 2 BGB a. F. verstoße, weil das von der Sparkasse verwendete Widerrufsbelehrungsformular Fußnoten enthält; solche sind in der Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-lnfoV) nicht vorgesehen. Unabhängig davon, ob der Zusatz über eine Fußnote die Belehrung der Sparkassse insgesamt unwirksam macht (dazu später), liegt augenscheinlich eine Abweichung vom Mustertext der BGB-lnfoV vor.

Die Bank genieße auch keinen Vertrauensschutz aufgrund der damaligen Musterbelehrung aus Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich der Verwender einer Widerrufsbelehrung nur auf die Schutzwirkungen des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, wenn er das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung in der jeweils geltenden Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig verwendet hat. Eine solche vollständige Entsprechung sei im konkreten Fall nicht gegeben. Jedenfalls soweit es um die spezielle Belehrung zu den „Finanzierten Geschäften“ geht weiche die verwandte Belehrung in mehrfacher Hinsicht von der Musterbelehrung ab:

Die Musterbelehrung sieht nämlich unterschiedliche Textbausteine vor, die je nach Fallgestaltung verwendet werden können (Gestaltungshinweis 10). Der erste Baustein betrifft die Belehrung für das finanzierte Geschäft und der zweite für die den Darlehnsvertrag. Die dritte Variante sieht vor, dass beim finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts der zweite Satz der zweiten Variante durch einen anderen Satz zu ersetzen ist. Die Beklagte verwendet in ihrer Belehrung eine Kombination aus allen Varianten, ohne einen konkreten Fall zu bezeichnen. So bezieht sich der erste Abschnitt der Belehrung auf Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte, während im vierten Abschnitt der Belehrung auf die Finanzierung zur Überlassung einer Sache hingewiesen wird.

Hierdurch habe die Bank die Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen und in den Mustertext selbst eingegriffen, dieser. Umstand führt zu einer deutlichen Abweichung von den Vorgaben der Musterwiderrufsbelehrung. Auch wenn die Musterbelehrung vorgesehen habe, dass Hinweise für finanzierte Geschäfte entfallen können, wenn kein verbundenen Geschäft vorliegt, folge hieraus aber nicht, dass es bei Verwendung unbeachtlich sei, ob insoweit vom Muster abgewichen werde. Es sei auch ohne Belang, ob sich der Mangel der Widerrufsbelehrung im konkreten Fall zu Lasten des Verbrauchers auswirkt, etwa weil dessen Verständnis des Widerrufsrechts dadurch erschwert wurde.

Die Ausübung des Widerrufsrechts verstoße auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gem. § 242 BGB. Das Widerrufsrecht sei weder verwirkt noch stelle die Ausübung des Widerrufsrecht eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Die 6. Kammer des Landgerichts Essen folgt demnach der eindeutigen Rechtsprechung des BGH und weist darauf hin, dass jegliche inhaltliche Abweichung von der Musterbelehrung die Schutzwirkung derselben entfallen lässt.


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