Mandat beim Rechtsanwalt - wie funktioniert so etwas?

  • 10 Minuten Lesezeit

Sehr geehrte Interessentin, sehr geehrter Interessent,

ich bedanke mich zunächst für das mir entgegengebrachte Interesse und nehme mich Ihrer Sache gerne an. Zur schnellstmöglichen Bearbeitung Ihres Falles benötige ich von Ihnen möglichst umfangreiche Angaben und Zuarbeit.

Hierzu einige Hinweise, um die manchmal verzwickte Sprache der Juristen und schwer verständlichen Abläufe bei Anwalt und Gericht ein wenig verständlicher zu machen.


Vollmacht und Datenbogen

Damit ihr Anwalt für sie tätig sein kann, benötigt er - insbesondere wenn die Tätigkeit über eine reine Beratung hinausgeht, von Ihnen eine Vollmacht. Wenn es um besondere Erklärungen gegenüber der Gegenseite (wie z.B. Kündigung, Rücktritt - aber auch Zurückweisung von Kündigungen etc. der Gegenseite geht, benötigt Ihr Anwalt diese immer auch im Original.

Bitte füllen Sie die Vollmacht in zweifacher Ausfertigung aus und übersenden mir zusätzlich zu eingescannten Dokumenten die Originale per Post.

Regelmäßig haben wir die Details schon besprochen; für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

  • In dem Feld „in Sachen“ tragen Sie bitte Ihren Namen, bzw. ggf. Firmennamen ein.
  • In dem Feld „gegen“ tragen sie bitte den Namen der Gegenseite ein, bei Firmen entsprechend den vollen Firmennamen.
  • In dem Feld „wegen“ tragen sie bitte den Grund der Angelegenheit ein, zum Beispiel bei Mietstreitigkeiten „Mietrecht“, bei Kündigungen „Kündigung“, bei Verkehrsunfällen „Unfall vom (Datum)“ etc.

Bitte tragen sie die vollständigen Daten in den Mandatsbogen ein und überprüfen Sie regelmäßig, ob sich Änderungen ergeben haben. Sollten sich Angaben geändert haben, bin ich darauf angewiesen, dass Sie mir dies unverzüglich und schriftlich oder per E-Mail mitteilen.

Bitte prüfen sie, ob ggf. mehrere Personen als Rechtssuchende oder auch Gegenseite in Frage kommen. Zum Beispiel stehen häufig in Mietverträgen mehrere Mieter als Mieter, bzw. Vermieter als Eigentümer.

Bitte teilen sie mir die vollständigen Gegnerdaten mit. Sofern Ihre Ansprüche vollstreckt werden müssen, ist es sehr hilfreich, wenn sie hierzu nützliche Informationen zu Gegnerkonten, Arbeitgebern für Lohnpfändungen oder Grundeigentum der Gegenseite nennen können.

Bei Personenschäden und Arzthaftungsangelegenheiten benötige ich regelmäßig zusätzlich eine Schweigepflichtentbindungserklärung.

Bitte schicken sie mir – gerade bei Kommunikation über E-Mail und Post am Anfang des Mandats eine kurze schriftliche Zusammenfassung Ihrer Angelegenheit mit allen wesentlichen Angaben und Daten.


Unterlagen und Beweismittel

Bitte beachten sie, dass sie einen Rechtsstreit nicht allein deswegen gewinnen, weil die Gegenseite im Unrecht ist. Sie gewinnen, wenn Sie beweisen können, dass sie im Recht sind! 

Jede Seite eines Rechtsstreits muss alles was ihre Rechtsauffassung stützt, auch beweisen. Daher benötige ich den vollständigen Schriftverkehr von vor meiner Beauftragung, sowie sämtliche Unterlagen, Verträge etc.

  • Bitte senden Sie mir – gerade in der aktuellen Lage – sämtliche Unterlagen, wenn möglich in elektronischer Form, bitte im .pdf Format.
  • Bitte prüfen Sie, ob alle Unterlagen in richtiger Reihenfolge und leserlich gescannt sind. Bei E-Mail-Verkehr bitte ich darum, die einzelnen Mails einzuscannen, nicht als „Weiterleitungstreppe“.
  • Falls sie mir Kopien zukommen lassen, benutzen Sie wenn möglich keine Heftklammern, da dies das einscannen sehr erschwert.
  • Bitte benennen Sie die eingescannten Unterlagen, sowie Fotos etc. nach dem Inhalt mit dem jeweiligen Datum. Zum Beispiel also: „Unfallfahrzeug, fotografiert 01.01.2021“

Sollten sie mir Fotos schicken, benennen Sie bitte die Bilder bitte nach dem Inhalt mit dem jeweiligen Datum. Als ein Beispiel. „Schimmelfleck, Wohnzimmer, rechte Ecke oben von der Tür aus gesehen, Schimmel seit 01.01.2021, fotografiert 07.01.2021“.

  • Bitte beachten Sie, dass möglichst aussagekräftige einzelne Bilder uns mehr helfen als eine Vielzahl von Fotos aus minimal unterschiedlichem Winkel

Ich werde immer wieder gefragt, ob auch Ehepartner etc. Zeugen sein können. Dies ist uneingeschränkt der Fall – Eheleute scheiden nicht etwa als Zeugen aus.

-           Sollten Zeugen in Betracht kommen, benötige ich die vollständigen Namen und Adressen.


Kommunikation mit der Gegenseite

Bitte denken Sie daran, dass ich als Ihr Rechtsanwalt Ihnen zur Seite stehe. Für die Kommunikation mit der Gegenseite bin ab meiner Beauftragung nun ich zuständig.

  • Bitte besprechen sie sich vorher mit mir, wenn sich die Gegenseite bei Ihnen persönlich meldet.
  • Bitte treffen Sie insbesondere keine Absprachen mit der Gegenseite, bevor wir nicht dies besprochen haben.
  • Schreiben Sie auf gar keinen Fall selbst etwas an das Gericht, ohne dies mit mir vorher zu besprechen.


Schriftsätze

Wenn ich Ihnen Entwürfe „zur Freigabe“ zusende, benötige ich von Ihnen die Mitteilung, dass das Schreiben korrekt ist und versendet werden kann. Bitte verstehen sie hierunter nicht eine detaillierte Rechtschreibprüfung; diese nimmt das Schreibprogramm vor Versenden noch einmal vor. Wichtig ist vielmehr, dass die wesentlichen Angaben, Zahlen und Abläufe korrekt wiedergegeben sind und Sie noch einmal alles abgleichen.

  • Bitte prüfen Sie rechnerisch nach, ob Zahlungsforderungen korrekt wiedergegeben sind. Bitte gleichen Sie selbst zur Sicherheit noch einmal mit Ihren Unterlagen ab. Beispielsweise sollten Sie überprüfen, ob alle Positionen auf einer Reparaturrechnung aus dem gegenständlichen Unfall stammen oder ob auch alle Rechnungen etc. erfasst sind.
  • Bitte prüfen Sie nach, ob die Streitobjekte richtig bezeichnet sind. Das bedeutet beispielsweise die korrekte Bezeichnung einer Mietwohnung exakt wie im Vertrag angegeben.
  • Bitte denken sie daran, dass ich als Ihr Anwalt Ihr rechtskundiger „Ghostwriter“ bin und auf Ihre Zuarbeit – unbedingt - angewiesen bin. Für die rechtliche Einordnung und Präsentation der Fakten in einem rechtlichen Rahmen bin ich Ihr Anwalt - - für die Genauigkeit der Angaben, Anspruchshöhen und Beweismittel bin ich auf Sie angewiesen.

Wenn ich Ihnen Schreiben der Gegenseite, von Gutachtern oder des Gerichts                     „zur Stellungnahme“ zusende, benötige ich eine schriftliche Stellungnahme.

Wenn Sie zu dem Ergebnis kommen, dass etwas in einem solchen Schreiben falsch dargestellt wird, teilen sie mir dies bitte mit – und denken Sie bitte immer daran, wie ein Gegenbeweis möglich ist. Je ausführlicher die Gegenseite einen Sachverhalt vorträgt und unter angeblichen Beweis stellt, desto detaillierter muss wiederum Ihre Gegendarstellung sein.

Bitte beachten Sie, dass Rechtsstreitigkeiten leider manchmal dauern können und dass ich nur begrenzt Einfluss auf die Arbeitsabläufe der Gerichte oder Gegner habe. Ungerechterweise benötige ich dagegen von Ihnen immer relativ zeitnah eine Antwort.

Bitte beachten sie auch, dass ich regelmäßig einige Zeit zur Bearbeitung ihrer Stellungnahme benötige. Regelmäßig geben Gerichte Fristen von 2 Wochen zur „Stellungnahme“ ab dem Zeitpunkt, an dem das Schreiben an mich zugestellt wurde. Daher hilft eine Stellungnahme auf den letzten Tag nicht weiter. Ich benötige regelmäßig mindestens 3 Tage, oft besser eine Woche Vorlauf.

  • Sollten Sie noch auf beispielsweise neue Beweismittel warten, teilen sie mir dies bitte umgehend mit. Einige der Fristen sind verlängerbar, wenn sie mir dies rechtzeitig mitteilen.
  • Bitte beachten Sie, dass Prozesse allein wegen verspäteter Antwort verloren gehen können. Dies gilt insbesondere für neue, von Ihnen vorgetragene Darstellungen und Beweismittel, wenn ein Gerichtstermin zeitlich nahe rückt.


Fristen

Wenn ich Ihnen meine Schreiben, Schreiben der Gegenseite und Schreiben des Gerichts zusende, beachten sie bitte unbedingt die sich aus den Schreiben ergebenden Fristen. Das deutsche Recht ist extrem formalisiert und Prozesse können allein wegen Fristversäumnissen verloren gehen. Weiter weise ich darauf hin, dass nicht alle Fristen verlängerbar sind.

  • Insbesondere bei Zustellungen – Stichwort „gelber Brief“ – müssen sie sofort prüfen, ob dieses Schreiben mir schon bekannt ist. Bei zugestellten Schreiben ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine dringende Reaktion erforderlich ist und dass eine nicht verlängerbare Frist läuft.

- Weiter müssen sie mir unbedingt und unverzüglich mitteilen, wenn sich während eines Gerichtsprozesses etwas wesentliches geändert hat, beispielsweise der Gegner gezahlt hat, ohne dass er mich oder das Gericht schon informiert hat.

- Bitte prüfen Sie auch unbedingt direkt vor Klageeinreichung, ob alle Angaben in der Klage noch richtig sind. Wenn zum Beispiel bei einer Räumungsklage der Gegner zwar monatelang keine Miete gezahlt hat, aber vor Klageeinreichung die miete nachgezahlt hat oder ausgezogen ist, kann es sein, dass sie zwar den Rechtsstreit gewinnen, aber trotzdem alle Anwalts- und Gerichtskosten tragen müssen.


Gerichtskostenvorschuss und Gutachtenvorschuss

Damit eine Klage dem Gegner zugestellt wird und damit der Rechtsstreit überhaupt rechtshängig wird (d.h. eine Verjährung hemmen oder eine Klagefrist wahren kann) verlangt das Gericht einen sogenannten Gerichtskostenvorschuss. Wenn sie keine Rechtsschutzversicherung haben, die dies übernimmt, müssen Sie selbst den Vorschuss auf Anforderung des Gerichts

unverzüglich

auf das vom Gericht angegebene Konto unter Angabe des Gerichtsaktenzeichens zahlen und mich hierüber unverzüglich informieren.

Manchmal fallen zusätzlich Gutachtenvorschusskosten an. Auch diese sind entweder von einer Rechtsschutzversicherung (wenn vorhanden) oder von Ihnen vorzustrecken.

Nach Abschluss eines Gerichtsverfahrens ergeht zusätzlich zum eigentlichen Urteil ein sogenannter Kostenfestsetzungsbeschluss (also eigentlich zwei Urteile zum Preis für eines). Hierin wird festgelegt, welche Kosten, d.h. Rechtsanwaltskosten, Gerichtskosten und Gutachtenkosten von der unterliegenden Partei zu tragen sind.

Beachten Sie, dass es sich hier um einen zweiten vollstreckungsfähigen Titel handelt, der ebenfalls (genauso wie das Urteil) gegen den Gegner nach erfolgreichem Rechtsstreit vollstreckt werden kann.


Rechtsschutzversicherung, Beratungs- und Prozesskostenhilfe

Meine Gebühren richten grundsätzlich - sofern keine schriftliche Gebührenvereinbarung geschlossen wurde - sich nach dem sogenannten Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, d.h. nach dem Gegenstandswert ihrer Angelegenheit.

Dies gilt auch für außergerichtliche Tätigkeiten. sollte kein Schriftverkehr mit der Gegenseite nötig werden, so fällt eine sogenannte Beratungsgebühr nach § 34 RVG an. Diese beträgt zwischen 210,00€ zzgl. Mehrwertsteuer, (bzw. 270,00€ zzgl. Mehrwertsteuer sofern eine schriftliche Ausarbeitung oder ein Entwurf eines Schriftstücks für Sie gefertigt werden müssen).

Bitte beachten Sie, dass ich aus berufsrechtlichen Gründen grundsätzlich nicht geringer als nach der gesetzlichen Regelung abrechnen darf.

Sofern es zu einer streitigen Entscheidung kommt, oder die Gegenseite die Notwendigkeit meiner Beauftrag vorgerichtlich anerkennen muss, ist die Gegenseite verpflichtet, alle Kosten, auch Gutachten- und Gerichtskosten zu tragen.

Bitte beachten sie, dass Gerichte aber häufig Quoten ausurteilen oder dass es wirtschaftlich und im Befriedungsinteresse manchmal sinnvoll sein kann, einen Rechtsstreit durch einen Vergleich zu beenden. Inwieweit ein Vergleich sinnvoll sein kann, werden wir im Fall der Fälle eingehend besprechen.

Für den Fall, dass sie eine Rechtsschutzversicherung haben, übernimmt diese entsprechend ihren Vertragsbedingungen ggf. die Kosten ganz oder zumindest teilweise.

  • Bitte berücksichtigen sie, dass ggf. nach Ihren Vertragsbedingungen nur Deckung für die vereinbarten Rechtsgebiete besteht und dass ggf. nach Ihren Vertragsbedingungen eine Selbstbeteiligung bestehen kann.
  • Bei den meisten Rechtsschutzversicherungen sind Mietrecht, Verwaltungsrecht, Finanzrecht, Familienrecht und Arbeitsrecht Extraleistungen, die vertraglich vereinbart sein müssen. Im Verkehrsrechtsschutz ist meist ein Schutz für Verkehrsstrafrecht, d.h. Ordnungswidrigkeiten- und Verkehrsstraftaten enthalten.

-     Wenn der Rechtsstreit Ihr Gewerbe betreffen sollte, übernimmt dies nur eine gewerbliche Rechtsschutzversicherung.

  • Eine Selbstbeteiligung begrenzt sozusagen ihr Kostenrisiko, in vielen Verträgen liegt diese ungefähr bei 150,00€. Bitte beachten Sie, dass ich die Selbstbeteiligung als Vorschuss anfordern muss. Bei weit entfernten Terminen, die meine persönliche Anwesenheit erfordern oder sehr Zeitintensiv sind, können noch angemessene Abwesenheits- und Fahrtkosten hinzukommen. Natürlich werden wir dies vorher besprechen.

Gegebenenfalls kommt für ihre Angelegenheit auch eine sogenannte Beratungshilfe kurze außergerichtliche Beratung), bzw. Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe (Gerichtsverfahren) in Betracht.

  • Bitte beachten Sie, dass im Falle einer Beratungshilfe eine Selbstbeteiligung in höhe von 15,00€ von Ihnen zu zahlen ist. Ohne diese Selbstbeteiligung kann ich nicht für Sie tätig werden.
  • Bitte beachten Sie auch, dass Sie selbst bei Gericht Beratungshilfe beantragen müssen und alle notwendigen Nachweise, d.h. insbesondere Nachweise über Ihre regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben selbst beifügen müssen. Ohne einen solchen Beratungsschein kann ich nicht für Sie tätig werden.

Im Falle einer notwendigen gerichtlichen Auseinandersetzung gibt es bei Vorliegen der Voraussetzungen die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe, bzw. Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Diese umfasst meine Gebühren, sowie Gerichts- und Gutachtenkosten.

Prozesskostenhilfe kann für eine Klage, sowie für die Verteidigung gegen eine Klage gewährt werden.

Es ist möglich, eine Klage davon abhängig zu machen, ob Prozesskostenhilfe gewährt wird. Prozessostenhilfe wird immer dann gewährt, wenn zumindest die theoretische Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller teilweise oder ganz gewinnen kann. Das ist immer schon dann der Fall, wenn es bei dem Rechtsstreit auf einen Beweis ankommt.

Bitte beachten Sie, dass für den Antrag auf Prozesskostenhilfe wiederum Nachweise Ihrer Einnahmen und Ausgaben beigefügt werden müssen.

  • Ob Beratungshilfe, bzw. Prozesskostenhilfe in Betracht kommt, können Sie für sich zum Beispiel auf der Internetseite:

pkh-rechner.de

überprüfen.


Ich hoffe, ich konnte ihnen einen kleinen Einblick verschaffen, wie die Juristerei ein wenig funktioniert und worauf man achten muss. Ich bin gerne für sie da und bleibe für Sie offen!


Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Rechtsanwalt

Björn Thies




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