Mangelhaftes Vorverfahren beim Wildschaden führt zur Unzulässigkeit der Zahlungsklage

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Hier: § 35 Abs. 1 Landesjagdgesetz NRW, Beispielhafte Prüfung

1.

Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts wird nach § 23 Nr. 2 d GVG geprüft.; die örtliche Zuständigkeit nach § 12 ZPO nach dem Wohnsitz, Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. § 32 ZPO oder dem dingliche Gerichtsstand i. S. d. §§ 26 ZPO i. V. m. 24 ZPO.

Daher ist das Amtsgericht x sachlich (§ 23 Nr. 2 Buchst. d GVG) und örtlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt jedenfalls aus § 26 ZPO, wonach im dinglichen Gerichtsstand des § 24 ZPO auch Klagen wegen Beschädigung eines Grundstücks erhoben werden können. Hierzu zählen die Wildschadenssachen.

Vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 26 Rn. 3.

Ob auch der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) für Wildschadenssachen einschlägig ist, kann insoweit dahinstehen, da hier ebenfalls das Amtsgericht x zuständig wäre.

2.

Eine ordnungsgemäße Wildschadensmeldung setzt voraus, dass der Geschädigte der zuständigen Behörde vermittelt, wann er welche Schäden an welchem Ort festgestellt hat, damit die Verwaltungsbehörde in die Lage versetzt wird, diese Schäden hinsichtlich Art, Ausmaß und Entstehungszeit zu begutachten und den durch Wild entstandenen Schaden abzuschätzen. Damit die Verwaltungsbehörde und der von ihr beauftragte Wildschadenssachverständige den gemeldeten Schaden konkret abschätzen können, muss die Abgrenzung zu älteren Schäden, seien sie gemeldet oder nicht, und zu jüngeren noch nicht gemeldeten Schäden, möglich sein.

3.

Zu prüfen ist, ob das gemäß § 36 Abs. 1 LJG NRW erforderliche Vorverfahren gemäß §§ 36 - 41 LJG NRW nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde und dabei ein schwerwiegender Mangel vorliegt, der dann zur Unzulässigkeit der Klage führt.

Ein großer zeitlicher Abstand zwischen der Schadensmeldung sowie dem eigentlichen Termin am Schadensort (16) von über 2 Monaten ist deswegen von so großer Bedeutung, weil dadurch nicht mehr zwischen ggf. ersatzpflichtigen Altschäden, die nicht rechtzeitig angemeldet wurden, zu unterscheiden ist. Insoweit hat der Gesetzgeber in § 37 Abs. 1 LJG NRW eine eindeutige Regelung getroffen, wonach unverzüglich ein Termin am Schadenort stattzufinden hat.

Der Begriff „unverzüglich“ ist im Rahmen der Anfechtung in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB legaldefiniert und meint „ohne schuldhaftes Zögern“. Allerdings gilt dieser unbestimmte Rechtsbegriff für das gesamte deutsche Recht, wird dabei jedoch jeweils von etwaigen Umständen des Einzelfalls abhängig gemacht. Eine Handlung ist grundsätzlich unverzüglich erfolgt, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird.

Vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2008, VII ZR 1707, NJW 2008, S. 985

Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist im LJG NRW dahingehend konkretisiert, dass für das gesamte Vorverfahren eine Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime zu beachten ist. Denn das Vorverfahren verliert seine Zielsetzung, wenn es von der zuständigen Gemeinde nicht zügig durchgeführt wird.

Vgl. Thies/Müller-Schallenberg, JagdR Nordrhein-Westfalen, S. 278 e

Die alsbaldige Anberaumung eines Termins am Schadenort hat den Zweck, dass nicht nur alle Möglichkeiten einer gütlichen Einigung ausgeschöpft werden, sondern erforderlichenfalls ohne Zeitverzug eine Schadenfeststellung eingeleitet wird. Im Kontext des LJG NRW heißt unverzüglich daher so bald wie möglich. Dies bedeutet, dass innerhalb von maximal 48 Stunden ein Ortstermin anzuberaumen und innerhalb weiterer maximal 48 Stunden durchzuführen ist.

Vgl. Thies/Müller-Schallenberg, JagdR Nordrhein-Westfalen, S. 278 d

Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, der Termin 2 Monate nach Schadensmeldung anberaumt wird, ist das Merkmal unverzüglich eindeutig nicht mehr erfüllt. Folge ist, dass auch die Unterscheidung von Alt- und Neuschäden nicht mehr möglich ist, da ein zeitlicher Zusammenhang nicht mehr gegeben ist.

Damit war auch dem im Vorverfahren mit der Wildschadenschätzung befassten Sachverständigen Herrn y eine Unterscheidung von ersatzpflichtigen Neuschäden und nicht mehr ersatzpflichtigen Altschäden unmöglich. Die klägerische Darstellung, wonach diese Unterscheidung unproblematisch möglich gewesen ist, wird ausdrücklich bestritten.

Eine verspätete Ladung ausschließlich zu einem Schätztermin genügt keinesfalls den Anforderungen.

Siehe auch

AG Siegburg, Urteil vom 16.02.2011 118 Ca 186/10

AG Meschede 6 C 50/17 vom 27.06.2017


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