Maßnahmen zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in Bulgarien

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Sicherheitsmaßnahmen zur Sicherung der Forderung gegenüber dem Schuldner vor der Erhebung einer Klage in Bulgarien.

Die Maßnahmen zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in Bulgarien sind im 4. Teil (Art. 390- 396) der Bulgarischen Zivilprozessordnung (kurz: ZPO, bulg.: „Граждански процесуален кодекс") geregelt. Der Zweck dieser Maßnahmen liegt darin, dem Gläubiger die Möglichkeit zu gewähren, die Befriedigung seiner Ansprüche gegen den Schuldner zu sichern.

Durch dieses Verfahren wird der Schuldner gehindert, vor Beginn der Zwangsvollstreckung über sein Vermögen oder Teile davon zu verfügen oder anderweitige Hindernisse für die Befriedigung des Gläubigers vor oder während des Prozesses zu schaffen. Dafür kann das Gericht folgende Sicherungsmaßnahmen im Wege einer einstweiligen Verfügung treffen:

  • das Verbot für den Schuldner über ein Grundstück zu verfügen, insb. durch Veräußerung, Belastung oder Verpfändung;
  • die Pfändung durch den Gerichtsvollzieher in das bewegliche Vermögen und Forderungen des Schuldners;
  • weitere Anordnungen, die zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind. Dazu gehören insb. die Außerbetriebssetzung eines Fahrzeugs sowie die Einstellung der Zwangsvollstreckung.

Das Gericht kann auch mehrere Maßnahmen nebeneinander bis zur Höhe des Wertes des Streitgegenstands anordnen.

Voraussetzungen für den Erlass von Sicherungsmaßnahmen

Die Sicherung der Zwangsvollstreckung aus einer künftigen Klage kann für alle Arten von Klagen beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich und vor Klageerhebung bei dem für die Hauptsache sachlich zuständigen Gericht zu stellen (Art. 390 Abs. 1 ZPO).*

*Bei Klagen, bei denen die sachliche Zuständigkeit an den als Steuerberechnungsgrundlage dienenden Grundstückswert anknüpft, ist das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist, auch sachlich zuständig.

Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist der Wohnsitz des Klägers oder der Belegenheitsort des Grundstücks, das Gegenstand der künftigen Vollstreckung ist, maßgeblich. Der Antragsteller muss die begehrte Sicherungsmaßnahme und den Wert des Streitgegenstandes bestimmen (Art. 395 Abs. 1 ZPO). Das Gericht darf keine weitergehenden als die begehrten Maßnahmen anordnen.

Der Antrag wird dem Antragsgegner (Schuldner und späterem Beklagten) nicht zugestellt (Art. 395 Abs. 1, S.2 ZPO). In diesem Verfahrensstadium kann der Antragsgegner Einwände erheben bzw. ihm stehen keine Rechtsmittel zur Verfügung. Dies entspricht auch dem Hauptzweck dieses Verfahrens, nämlich Überraschung und Schnelligkeit.

In der Regel entscheidet das Gericht in Bulgarien innerhalb von sieben Tagen nach Antragstellung in einer nichtöffentlichen Verhandlung. Falls dem Antrag stattgegeben wird, ergeht eine einstweilige Verfügung.

Um den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen, muss dem Antragsteller auch einen materiellen Anspruch zustehen, der ihn zur Klageerhebung berechtigt. Das bulgarische Gericht erlässt die einstweilige Verfügung, wenn festgestellt werden kann, dass die künftige Klage:

1) zulässig und

2) wahrscheinlich begründet ist, d.h.:

  • durch überzeugende Urkundenbeweise glaubhaft gemacht wird oder
  • eine Sicherheit, deren Höhe vom Gericht gem. Art. 180, 181 Gesetz über die Verpflichtungen und Verträge zu bestimmen ist, geleistet wird. Gem. der ZPO ist eine Sicherheitsleistung zwingend erforderlich, wenn keine Urkundenbeweise vorhanden sind oder wenn solche zwar vorgelegt werden, aber diese das Gericht von der wahrscheinlichen Begründetheit der Klage nicht überzeugen können. Die Höhe der Sicherheit ist angesichts der unmittelbaren oder mittelbaren Schäden, die beim Antragsgegner entstehen würden, falls sich im Nachhinein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unbegründet erweist (391 Abs. 3 ZPO). Die überwiegende Rechtsprechung verlangt konsequent eine Sicherheitsleistung in Höhe von 10-15% des Streitwerts auch in den Fällen, in denen überzeugende Urkundenbeweise vorliegen.

3) und ein Verfügungsgrund gegeben ist. Das ist der Fall, wenn ohne die Verfügung die Durchsetzung des Anspruchs gefährdet oder gar unmöglich wäre.

Bei Unterhaltsansprüchen kann das Gericht eine einstweilige Verfügung auch ohne Einhaltung der obigen Voraussetzungen oder sogar von Amts wegen erlassen (Art. 392 ZPO). Bei Geldansprüchen gegen den Staat, staatliche Einrichtungen, Gemeinden oder Krankenhäuser ist eine Sicherung der Zwangsvollstreckung durch einstweilige Verfügung nicht zulässig. Ebenfalls unzulässig ist die Sicherung der Zwangsvollstreckung aus Geldansprüchen durch Pfändung von Gegenständen und Forderungen, die den Pfändungsverboten des Art. 444 ZPO unterliegen.

Gem. Art. 394 ZPO ist eine einstweilige Verfügung nur über diesen Teil des zu sichernden Anspruchs möglich, der mit ausreichenden Beweisen untermauert ist.

Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird gem. Art. 395 Abs. 2 ZPO in einer nichtöffentlichen Verhandlung am Tage der Einreichung bei Gericht entschieden. Aufgrund der bestimmten Sicherungsmaßnahme, mit der dem Antrag statt gegeben wird, wird auch die einstweilige Verfügung erlassen.

Ist eine Sicherheit vom Gericht für notwendig erklärt, ergeht die Verfügung erst nach Leistung dieser Sicherheit (Art. 395 Abs. 3 S.2 ZPO).

Wird dem Antrag stattgegeben, bestimmt das Gericht auch eine Frist zur Klageerhebung, die nicht länger als 1 Monat ist. Wenn innerhalb dieser Frist keine Beweise für die Klageerhebung vorgelegt werden, hebt das Gericht die einstweilige Verfügung von Amts wegen (Art. 390 Abs. 3 ZPO).

Rechtsmittel

Weist das erstinstanzliche Gericht den Antrag zurück, so kann der Antragsteller Berufung beim Berufungsgericht einlegen. Die Berufungsschrift wird dem Antragsgegner nicht zugestellt.

Der Schuldner erlangt Kenntnis über die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen erst durch die Benachrichtigung des Gerichtsvollziehers, des Grundbuchamtes oder des Gerichts in den gesetzlich vorgesehenen Fällen. Ab der Kenntniserlangung bzw. dem Zugang der Benachrichtigung beginnt die 7- tägige Berufungsfrist für den Schuldner/ Antragsgegner. Die Berufungseinlegung hat keinen Suspensiveffekt bezüglich des Sicherungsverfahrens.


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